Deine Seele in mir /
schwach; es trifft mich mitten ins Herz. »Du lebst! Ich dachte schon … Wo ist Wilson?«
»Er ist tot, Amy! Es ist vorbei.«
Als hätten diese erlösenden Worte meine letzten Kraftreserven erschöpft, falle ich schlaff neben ihr nieder.
Ja, es ist vorbei – nach all diesen Jahren.
Amy richtet sich mühsam auf, schlingt ihre Arme um meinen Hals und zieht sich dicht an mich heran. Ich stöhne auf.
Als sie das Blut bemerkt, das nach wie vor in pulsierenden Schüben aus meiner Seite hervorsickert, wird ihr Blick panisch.
»Matt! Oh, mein Gott, Matt, du bist verletzt. Er hat auf dich geschossen.«
Ich nicke nur und greife beschwichtigend nach ihrem Arm. Es gibt so viele Fragen, die ich klären möchte, so viel, was ich ihr sagen will, doch ich weiß nicht, wie viel Zeit uns noch bleibt.
Darum fasse ich den Entschluss, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren: auf ihre Nähe und auf den Beweis, dass sie mehr ist als nur ein Trugbild, das sich – zu schön, um wirklich wahr zu sein – jederzeit in Luft auflösen könnte.
»Küss mich, Amy!«
Sofort lehnt sie sich herab, streicht mit der Nasenspitze von meinem Kinn bis zu meinem Ohr und wieder zurück. Mit einem Seufzen atmet sie aus; dann erst berührt sie meinen Mund.
Sie zittert. Ihre Lippen sind noch immer ein wenig trocken, und ihr süßlicher Atem trifft mich stockend und holprig. Sie ist so schwach.
»Du hättest nicht aufstehen sollen. Das Baby.«
Amy umfasst mein Gesicht mit ihren schlanken Händen, eine einzelne Träne rollt über ihre Wange herab.
»Ist das wirklich wahr?«, fragt sie tonlos.
Ich lächele und lege meine flache Hand auf ihren Bauch. Das muss reichen.
Amy lehnt ihre Stirn an meine. »Halt durch, Matty! ... Bitte!«, fleht sie weinend.
Wie gern würde ich ihr mein Wort geben. Doch haben wir unsere gegenseitigen Versprechen nicht immer gehalten?
»Ich liebe dich, Amy! Das habe ich immer getan. Du ... bist mein Leben«, wispere ich also nur.
Ein leichter Druck ihrer Hand auf meinen Bauch reicht aus, um es in meinem Mund metallen, salzig und ein wenig nach Rost schmecken zu lassen. Der untrügliche Geschmack von Blut, für alle Zeiten in mein Bewusstsein eingebrannt.
Amy zittert mittlerweile am ganzen Körper. Ihr Blick ist so panisch und verzweifelt, dass er mich mehr schmerzt als mein sterbender Körper.
»Du verabschiedest dich, Matty. Tu das nicht. Hörst du? Bitte, bitte, tu das nicht! Ich bin jetzt wieder da. Und ich liebe dich. So sehr!«
Amy weint heiße Tränen auf meine kühlen Wangen und küsst immer wieder meine ausgetrockneten Lippen. Ihr Verhalten lässt nur einen Rückschluss zu: Auch sie weiß, dass unsere letzten gemeinsamen Minuten bereits begonnen haben.
Ich ringe mir ein Lächeln ab und versuche angestrengt, es nicht allzu gequält wirken zu lassen.
»Amy! Ich will bei dir bleiben, glaub mir. Alles, was mich wirklich ausmacht – meine Seele –, möchte bleiben. Für immer genau hier, bei dir. Aber du weißt ja, wie das mit diesen verdammten Körpern ist«, flüstere ich.
Schmerzerfüllt schüttelt sie den Kopf. »Ausgerechnet
jetzt
beginnst du damit, sarkastisch zu werden? Halt einfach durch, hörst du?« Sie schluchzt verzweifelt.
Ja, ich höre. Von weit her höre ich die heulenden Sirenen der Streifenwagen und der Ambulanz. Und ich weiß, was auch Amy weiß, jedoch noch verdrängt: Sie werden zu spät kommen – beide!
Als Amy keine Antwort von mir bekommt, schmilzt das rebellierende Funkeln in ihren Augen. Sie nickt einmal, dann entkrampft sich die Linie ihrer zusammengepressten Lippen, und sie schließt ihre Augen, als wolle sie die Quelle ihrer Tränen versiegeln. Ich höre, wie tief sie durchatmet. Als sie mich wieder ansieht, wirkt ihr Gesichtsausdruck zunächst resigniert ... dann ergeben.
Der Wind fährt durch ihr Haar und pustet mir, als wäre es sein guter Wille, eine ihrer Locken in die Hand.
Versonnen drehe ich sie um meinen Finger in dem Versuch, das glitzernde Licht der Sonne darin einzufangen.
»Gib unserer Tochter einen schönen Namen, hörst du? Sag ihr, dass ich sie liebe. Und dass ich euch finden werde.«
»Nein!«, ruft Amy mit weit aufgerissenen Augen. Sie fasst mich bei den Oberarmen und klingt plötzlich alles andere als schwach und ergeben, sondern nur noch panisch. Ihr Blick ist direkt und fest. Sie schaut mich so durchdringend an, dass ich sie nun wirklich in mir spüren kann – auf dem Grund meiner Seele.
»Matt, hör mir zu! Ich lasse dich nicht gehen, bevor du mir
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