Dekan Diavolo
weiß explodierende Sonne über die Fahrbahn hinweg und erreichte auch fast den Wagen.
»Soll ich schneller fahren?« fragte Gaby. Ihre Stimme klang ruhig, kein bißchen aufgeregt.
»Das überlasse ich Ihnen.«
»Was könnte der von uns wollen.«
»Er will uns erst einmal überholen.« Suko hatte schon am Geräusch des Motors vernommen, wie sehr der Fahrer beschleunigte. Er gab den richtigen Stoff.
Dann powerte er heran.
Plötzlich wurde er zu einem hellen Streifen, dem ein schwarzer Schatten folgte. Er überholte.
»Ich könnte jetzt rüberziehen und ihn in den Graben treiben«, sagte Gaby.
»Nein, vielleicht ist alles harmlos.«
»Okay.« Sie saß angestrengt hinter dem Lenkrad. Die Züge ihres Gesichts wirkten eingefroren. Der Mund sah aus wie eine scharfe Kante. Suko hatte sich nach links gedreht. Er wollte von dem Kerl etwas erkennen, sah aber so gut wie nichts, denn der Fahrer trug schwarze Kleidung und zusätzlich einen pechschwarzen Helm. Auch hinter dem heruntergeklappten Sichtvisier war nichts von ihm zu sehen. Fahrer und Maschine bildeten eine Einheit.
Er fuhrvorbei. Sehrdicht hieltersich am linken Rand der Straße. Wer das bei diesem Tempo schaffte, mußte schon zu den exzellenten Fahrern gehören.
Die Maschine erreichte die Kühlerschnauze. In diesem Augenblick schaute der Fahrer nach rechts. Er löste auch die linke Hand vom Griff, nahm irgend etwas und holte aus.
Erst jetzt wurde Suko klar, daß sie in einer plötzlichen Gefahr schwebten.
Dann flog von der Seite her etwas heran.
Es war ziemlich groß, dunkel und weich. Und es klatschte wie ein nasser Schwamm gegen die Frontscheibe des Wagens.
Nur war es kein Schwamm, was da an der Scheibe klebte. Der Motorradfahrer hatte ein blutiges Stück Fleisch gegen das Glas geschleudert. Und genau an der linken Seite, wo die Fahrerin saß und ihr somit die Sicht genommen wurde.
Zum erstenmal verlor sie die Nerven und auch die Kontrolle über den Wagen.
Das Fahrzeug begann plötzlich zu schlingern, ohne an Tempo zu verlieren…
***
Auf dem Wasser gibt es Rettungsanker für einen Schiffsbrüchigen oder einen Ertrinkenden.
So einen Anker sah ich nicht, aber im übertragenen Sinne gab es ihn schon.
Nur war es bei mir ein Pfahl, der mich rettete. Mil einem blitzschnellen Sprung hatte ich mich hinter diesen vom Boden bis zur Decke reichenden viereckigen Klotz gedreht.
Die zu einem langen, scharfen, grifflosen Messer veränderte Rose war in das Holz geschlagen und blieb dort zitternd stecken. Ich hörte einen Wutschrei durch die Scheune gellen, ging in die Knie und peilte um den Pfahl herum.
Dunja, die Mörderin stand noch immer im Licht und im Wind, der auch an der Lampe zerrte und sie wie eine Schaukel bewegte. Mal wurde sie vor, dann wieder zurückgeschleudert, gab Licht und tanzende Schatten, die mit ihrem gespenstischen Zauber die Scheune erfüllten. Die richtige Horror-Atmosphäre für eine weitere Attacke, denn Dunja hielt bereits die zweite Rose in der Hand — und schleuderte sie in meine Richtung.
Sie hatte tatsächlich mein Gesicht gesehen. Daß sie werfen konnte, bewies sie noch in derselben Sekunde, denn aus der Rose wurde abermals ein gefährliches Messer, das unheimlich dicht an meinem Gesicht entlangraste und aus dem Pfahl einen langen, hellen Splitter herausfetzte.
Der Pfahl war ziemlich breit, ein richtiger Stempel, hinter dem ich relativ sicher war, falls Dunja oben auf der Tenne stehenblieb. Das tat sie nicht. Sie kam herunter, und sie stieg dabei wie eine Schlafwandlerin die Leiter hinab.
Ich konnte mich über sie nur wundern, denn sie nahm nicht einmal ihre Hände, um sich an den Seiten abzustützen.
Zielsicher fand sie jede Sprosse, den Blick in die Scheune gerichtet und vor allen Dingen auf meine Deckung.
Der Sturm tobte nicht mehr. Als hätte Dunja selbst den magischen Gewalten Einhalt geboten. Stille breitete sich aus. Die Lampe pendelte aus. Ich hatte erst jetzt erkannt, daß sie an der Decke festhing.
Dunja blieb vorder Leiterstehen. Ich hörte sie atmen. Meine Beretta hatte ich gezogen und preßte mich hart mit dem Rücken gegen die starke Wand des Stempels.
»Sinclair, ich weiß, wo du bist!« flüsterte sie scharf. »Zwischen uns beiden steht noch eine Rechnung offen. Ich will sie dir präsentieren. Ich will abkassieren!«
Ich schwieg. Leider konnte ich mich nicht lautlos bewegen, denn unter meinen Füßen klebte Stroh. Und dieses trockene Zeug knisterte und schabte gegeneinander, wenn es geschoben
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