Dekan Diavolo
wuchsen die Ballen hoch. Sie brannten noch nicht, aber sie qualmten bereits, der Funkenflug hatte auch dafür gesorgt. Rücksicht konnte ich jetzt nicht mehr nehmen, denn es ging nun um mein eigenes Leben.
Ich kam gut durch. Die Ballen fingen erst Feuer, als ich sie bereits hinter mir gelassen hatte.
Vor mir trieb der dichte, fette Qualm. Er bildete eine rollende Wand, durch die ich nichts sehen konnte.
Und doch mußte Dunja irgendwo stehen.
Ich hörte sie husten, sah sie aber nicht. Wahrscheinlich lauerte sie am Eingang.
Im nächsten Moment erfüllte ein explosionsartiges Krachen die Scheune. Die gierigen Feuerzungen hatten es geschafft und die ersten Stützbalken so weit angesengt, daß sie das Gewicht der Decke nicht mehr halten konnten, sie brachen.
Plötzlich kam alles zusammen.
Ein Teil der Decke regnete herab. Balken und Bretter, eingehüllt in Flammen und Rauch, wurden zu tödlichen Geschossen und brachten mich in höchste Lebensgefahr.
Ich mußte so rasch wie möglich weg. Dabei hatte ich das Gefühl, von einer gewaltigen Decke überschattet und begraben zu werden, die alles verschlang und jedes Leben vernichtete.
Irgendwo vor mir und eingehüllt in dichtem Rauch mußte sich der Ausgang befinden.
Stolpernd rannte ich auf die Tür zu. Irgendwie erwischte ich sie auch, während hinter mir ein Teil der Decke als flammendes Inferno zu Boden regnete.
Dann sah ich sie.
Dunja hatte den gleichen Gedanken gehabt wie ich. Wie ein schwarzes Gespenst tauchte sie vor mir auf. Ruß klebte in ihrem Gesicht fest. Die Augen leuchteten dort heller, der Mund wirkte wie eine große Höhle, sie keuchte, spie, aber das konnte sie von ihrem Vorhaben nicht abhalten. Noch immer war sie reinewegs besessen, mich töten zu wollen. Das Messer hielt sie in der Rechten. Der Arm war halb erhoben, die Hand stoßbereit.
Sie zuckte auf mich zu.
Ich war schneller und bewies, daß man eine Pistole auch als Schlagwaffe benutzen konnte. Mit dem Lauf hieb ich blitzschnell und seitlich gegen ihren Unterarm, hörte ihr Aufbrüllen und sah, daß ihr die Klinge aus der Hand rutschte.
Ich wollte nachsetzen, als der Balken fiel. Die Frau hatte mich zu stark abgelenkt, sonst hätte ich ihn vielleicht gesehen. So aber erwischte er mich im Rücken.
Der Balken brannte und glühte zur gleichen Zeit. Ich hatte das Gefühl, geröstet zu werden, bekam keine Luft mehr, fiel gegen die Tür und stemmte mich zusätzlich noch mit beiden Händen ab. Die Kraft verließ mich. Ich bekam sie nicht auf, fiel zu Boden und wußte nicht, was mit Dunja geschehen war. Sie mußte irgendwo in der Flammenhölle untergetaucht sein.
Plötzlich drehte sich die Welt vor meinen Augen. Zuerst wurde sie grau, dann schwarz, und auch meine Gedanken wurden mir regelrecht ausdem Kopl herausgerissen.
Mein letzter Gedanke galt Will Mallmann, dann schluckte mich der tiefe Schacht…
***
Kommissar Mallmann war nervös. Er gehörte ebenfalls zu den Menschen, die schlecht warten können, obwohl die Geduld ja eigentlich einen Polizisten auszeichnen sollte.
Verständlich, daß sich Will in diesem Fall nicht daran halten konnte. John Sinclair war bereits seit einer Viertelstunde in der Scheune verschwunden. Mallmann hatte den Platz im Manta nicht verlassen. So wartete er ab, hielt die Scheiben offen, lauschte den nächtlichen Geräuschen der Natur und spürte, daß seine innere Unruhe sich von Sekunde zu Sekunde verstärkte.
Sie hatte nur bedingt mit dem Fortbleiben des Geisterjägers zu tun. Will befand sich gewissermaßen auf dem Sprung. Er wollte nachschauen, obwohl die Chiffre-Nachricht allein für Sinclair bestimmt war. Mallmann startete den Manta. Opel-Motoren sagt man nach, sie seien Nähmaschinen, die ewig halten. Auch jetzt — der Wagen hatte schon über 200000 Kilometer auf dem Tacho — zeigte die Maschine keine Mukken. Sie kam sofort, lief auch sehr schnell rund, und Will Mallmann geriet wieder in Zweifel darüber, ob er sich überhaupt einen neuen Wagen zulegen sollte. Das war alles etwas komisch. Ohne Licht rollte er auf die Scheune zu, die sich als massig wirkender Bau aus der Finsternis abhob, als hätte sie jemand in das Dunkel hineingezeichnet.
Mallmann stoppte seinen Manta etwa zehn Schritte vor dem Gebäude. Den Rest ging er zu Fuß.
Das heißt, er trat nicht bis dicht an das Tor heran, weil er erst einmal abwarten wollte. Er ging immer gern auf Nummer Sicher, außerdem war er nicht mehr der Jüngste. In seinem Alter ließen die Reflexe und Reaktionen
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