Delete: Thriller (German Edition)
so leid, Adam.«
Der Leiter des Spurensicherungsteams, den Eisenberg aus einem Dutzend Einsätzen kannte, sprach ihm ebenfalls sein Beileid aus. Dann schwärmte das Team aus.
»Wo ist das ominöse Buch?«, fragte Pape.
Eisenberg zeigte es ihm.
»Schauen Sie sich das bitte zuerst an«, wies sein Exkollege die Kriminaltechniker an.
»Was ist mit der Leiche?«, fragte Eisenberg. Der Satz kam ihm seltsam leicht über die Lippen, so als sei nicht von seinem Vater die Rede, sondern von einem anonymen Mordopfer.
»Die ist schon auf dem Weg in die Pathologie«, erwiderte Pape. »Aber ich mache mir wenig Hoffnung, dass wir noch Spuren finden. Das Erste, was diese Bestatter machen, ist, die Leiche gründlich zu waschen.«
»Die sollen nach Würgemalen am Hals suchen, nach Fasern in den Nasenlöchern, Spuren einer Plastiktüte!«
»Adam, das sind Profis.«
Er nickte. In seinem ganzen Leben war er sich noch nie so hilflos und überflüssig vorgekommen.
»Warum, glaubst du, hat er das getan?«
Eisenberg zuckte mit den Schultern.
»Rache vielleicht. Oder er hält mich für einen Admin und denkt, mit so einer Tat kann er mich dazu bringen, ihn aus seinem eingebildeten Gefängnis zu befreien. Was weiß ich, was so ein Wahnsinniger denkt.«
Pape sah ihn skeptisch an.
»Klingt nicht sehr plausibel.«
Eisenberg schüttelte den Kopf.
»Ich weiß es doch auch nicht, Udo! Wenn ich … wenn ich nicht nach Berlin gegangen wäre …«
»Ich muss dir doch wohl hoffentlich nicht erklären, dass du dir jetzt keine Vorwürfe machen darfst! Wenn dein Vater ermordet wurde, ist das ganz allein die Schuld des Mörders. Und den kriegen wir, das verspreche ich dir!«
Wenn. Nur ein kleines Wörtchen, beiläufig eingestreut, doch es machte Eisenberg klar, dass der Fall nur für ihn selbst eindeutig war.
»Ihr habt euch sicher schon überlegt, wohin er geflohen sein könnte?«, fragte Pape.
»Ehrlich gesagt haben wir gedacht, er würde irgendwo untertauchen oder versuchen, über die Grenze nach Polen zu entkommen. Ich hätte nie damit gerechnet, dass er nach Hamburg fahren würde.«
»Vielleicht ist er noch in der Stadt. Ich gebe mal eine Fahndung raus.«
Pape ließ ihn allein, um zu telefonieren.
Kurz darauf klingelte Eisenbergs Handy. Es war Greifswald.
»Mein herzliches Beileid, Herr Eisenberg. Wir werden selbstverständlich alles tun, um den Schuldigen zu finden.«
»Danke, Herr Kriminaldirektor.«
»Wir hatten ein paar Differenzen. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass die keine Rolle mehr spielen. Ihr Vater war ein angesehener Richter. Und wenn der Täter mit diesem feigen Mord Sie treffen wollte, dann hat er uns alle getroffen. Wir werden nicht ruhen, bis wir ihn festgenommen haben. Herr Pape bekommt von mir alle Freiheiten, die …«
»Vielen Dank.« Eisenberg legte auf.
»Die Fahndung ist raus«, sagte Pape, der ins Zimmer zurückkam.
»Hast du Greifswald informiert?« Eisenberg zeigte auf sein Smartphone.
Pape schüttelte den Kopf.
»Du kennst ihn doch. Der hat überall seine Informanten.«
Eisenberg nickte. Er verspürte plötzlich das dringende Bedürfnis, diese Stadt zu verlassen und nach Berlin zurückzukehren. Sim Wissmann, Ben Varnholt, Claudia Morani und selbst der übereifrige Jaap Klausen erschienen ihm plötzlich wie die einzigen Menschen, die ihm in dieser Situation wirklich helfen konnten. Doch was hätten sie tun sollen? Hier ging es nicht mehr um das Aufspüren eines anonymen Täters im Internet. Hier ging es darum, einen flüchtigen Mörder aufzuspüren – einen Mörder, der es offensichtlich auf Eisenberg persönlich abgesehen hatte.
»Brauchst du mich noch?«, fragte er Pape. »Ich würde gern ein paar Minuten für mich allein sein.«
»Gibst du mir noch Namen und Anschrift der Frau, die deinen Vater heute Morgen gefunden hat? Ansonsten hab ich ja deine Handynummer, falls was ist.«
Eisenberg nannte ihm die Adresse.
»Danke, Udo.«
»Wir kriegen ihn, verlass dich drauf.«
Eisenberg nickte nur und verließ die Wohnung.
64.
Dunkle Wolken ballen sich über der Alster zusammen. Die Luft riecht nach Ozon. Ein Blitz zuckt quer über den Himmel. Das letzte Segelboot läuft den Bootssteg an. Sie haben wirklich einen ausgeprägten Sinn für Dramatik.
Der Regen rinnt dir in den Hemdkragen. Das Haar klebt dir an der Stirn, von deiner Nase tropft es. Leute unter Regenschirmen gehen vorbei, sehen dich an, schütteln die Köpfe. Sie verstehen nicht, wie erfrischend Regen sein kann – auch wenn er gar
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