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Delia im Wilden Westen

Delia im Wilden Westen

Titel: Delia im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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haben. Hat Tapferes Eichhörnchen großen Hunger?“
    Tapferes Eichhörnchen, das war der Name, den der Häuptling Delia gegeben hatte.
    Sie schüttelte den Kopf, dass ihre braunen Locken flogen. „Nein, nein, Junger Adler“, sagte sie. „Wir wollen keine Zeit mehr verlieren. Vielleicht macht sich der große Häuptling schon Sorgen um uns.“
    Das fiel ihr gerade jetzt erst ein, während sie es aussprach. Es waren schon fünf Tage her, seit sie das Indianerdorf verlassen hatten. Sie waren mit einem selbstgebauten Kanu den grünen Fluss hinaufgefahren, weil Delia mit Bill, dem Trapper, über ihren Vater hatte sprechen wollen. Sie hatten den Häuptling nicht um Erlaubnis gefragt, sondern hatten seine Abwesenheit benutzt, sich heimlich davonzumachen. Sie hatten ja nicht ahnen können, dass sie so lange fortbleiben würden — das war alles nur gekommen, weil sie den Kommandanten von Fort Chickdown vor dem arglistigen Überfall der Irokesen hatten warnen müssen.
    Akitu sagte nichts dazu, und sein verschlossenes Gesicht verriet auch nicht, was er dachte.
    „Und auch Inona“, setzte Delia hinzu. „Wir haben ihr zwar gesagt, was wir vorhatten, aber dennoch! Sie wird sich nicht vorstellen können, wo wir so lange bleiben.“
    „Der große Häuptling wird uns strafen“, erklärte Akitu mit unbewegtem Gesicht.
    „Strafen?“ rief Delia ungläubig. Sie war sich ausnahmsweise keiner, oder besser gesagt: nur einer winzigen Schuld bewusst. „Aber warum denn? Weil wir den Weißen von Fort Chickdown das Leben gerettet haben? Aber der große Häuptling hat sich doch selber geweigert, an dem hinterlistigen Überfall der Irokesen teilzunehmen.“
    „Der große Häuptling hasst Hinterlist“, sagte Akitu düster, „mehr aber noch hasst er die Weißen.“
    „Nein, nein“, widersprach Delia, „du kennst deinen Vater nicht. Er ist ein tapferer Krieger und kein Feigling. Er würde nicht wollen, dass wehrlose Frauen und Kinder niedergemacht werden.“
    Akitu schwieg, weil er jedes weitere Wort für sinnlos hielt.
    Aber Delia war jetzt nachdenklich geworden. Zum ersten Mal wurde ihr bewusst, dass das, was sie selber für gut und richtig gehalten hatte, in den Augen des Häuptlings eine zweifelhafte Sache sein mochte. Ihr war nicht mehr ganz so wohl zumute wie zuvor.
    Doch lange dauerte ihre Niedergeschlagenheit nicht an. Dass sie und Akitu sich heimlich davongemacht hatten, war nicht recht gewesen, das sah sie ein. Aber hätten sie das nicht getan, wer weiß, ob ihnen der Häuptling die Erlaubnis gegeben hätte. Wenn er ihnen das verboten hätte, hätten sie gar nicht den Kriegsrat der Irokesen belauschen können, und dann wäre Fort Chickdown jetzt schon gewiss und unweigerlich verloren.
    Mochte dem Häuptling das auch gleichgültig oder vielleicht sogar unlieb sein, sie, Delia, war doch froh darüber. Nein, sie hatte kein schlechtes Gewissen, sie hatte richtig gehandelt. Wer aber ein gutes Gewissen hat, der braucht auch keine Angst zu haben, und so sah auch Delia bald wieder frohgemut in die Zukunft.
    Was konnte denn schon passieren? Im schlimmsten Fall, dass der Häuptling sie und Akitu strafte. Das würden sie auch noch überstehen. Immer und auf die Dauer würde er gewiss nicht böse sein können, und sobald er ihr wieder gut gesinnt war, würde sie ihr Anliegen vorbringen.
    Delia hob den Professor hoch und flüsterte ihm ins Ohr: „Und wenn er es nicht erlaubt, dass ich den Stamm der Iowanokas verlasse, dann gehe ich ohne seine Erlaubnis! Nur fragen muss ich erst. Wenn er es verbietet, hat er sich alles andere selber zuzuschreiben.“
    Dass das ein ziemlich krauser Gedankengang war, wurde Delia gar nicht bewusst.
    „Akitu braucht sich keine Gedanken zu machen“, sagte sie laut auf iowanokesisch. „Der Häuptling ist gerecht.“
    „Aber Delia und Akitu haben Strafe verdient“, erklärte der Indianerjunge.
    Staunend stellte Delia fest, dass Akitu anscheinend sogar ein anderes Gewissen zu haben schien als sie selber — auf den Gedanken, dass es zweierlei Arten von Gewissen gab, wäre sie früher nie gekommen. Sie fand nur eine einzige Erklärung dafür: dass Akitus Gewissen falsch funktionierte.
    „Akitu und Tapferes Eichhörnchen“, sagte sie eindringlich, „haben Hunderten das Leben gerettet ...“
    „Weißen Menschen“, sagte Akitu.
    „Na und? Ist nicht jeder Mensch wert zu leben!? Dabei ist es doch egal, ob man weiß, rot oder schwarz ist!“
    Akitu sagte daraufhin nichts mehr, sondern hüllte sich, wie es

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