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Delia und der Sohn des Häuptlings

Delia und der Sohn des Häuptlings

Titel: Delia und der Sohn des Häuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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lächelte verschmitzt und schielte über seine Schulter auf die Jagdbeute, die er umhängen hatte.
    Er erwiderte ihr Lächeln. „Du bist nicht von gestern.“
    Mit einer raschen Bewegung, die für ihn ganz unverhofft kam, nahm sie ihm das Gewehr aus der Hand. „Alles in Ordnung, Akitu“, rief sie in der Sprache der Iowanokas. „Bill der Trapper ist in friedlicher Absicht gekommen. Er lädt uns zum Essen ein, Akitu kann den Bogen forttun.“
    Aber sie selbst hielt vorsichtshalber den schönen, doppelläufigen Stutzen in der Hand, während Akitu und der Trapper sich nun daran machten, dürres Holz zu einem kleinen Stoß zu schichten und anzuzünden. Sie hatte nicht vergessen, dass Bill der Trapper ihnen einmal sehr geholfen hatte. Doch dass er auf den Professor angelegt hatte, war in Delias Augen ein schweres Verbrechen. Ein Mann, der so etwas fertigbrachte, dem war alles zuzutrauen. Möglicherweise hatte er ihnen damals nur geholfen, um den betrügerischen einäugigen Händler zu ärgern.
    Später, als sie zusammen um die Feuerstelle saßen und aßen — eine Wildkeule, die der Trapper in dicke Scheiben geschnitten hatte, damit sie rascher gar wurde —, begann Delias Misstrauen allmählich zu verschwinden. Sie konnte niemandem lange böse sein.
    „Ein deutsches Mädchen bei den Indianern!“ sagte Bill der Trapper, und kaute genüsslich an seinem Stück Fleisch, das er in beiden Händen hielt. „Aber ich habe es ja damals gleich gemerkt, erinnerst du dich? Ein deutsches Mädchen bei den Indianern — hat die Welt schon so etwas gehört?“
    Ehe Delia ihm antwortete, wandte sie sich an Akitu. „Der Sohn des Häuptlings möge nicht böse sein“, sagte sie, „wenn Tapferes Eichhörnchen mit dem Bleichgesicht in der Sprache ihrer Heimat spricht. Tapferes Eichhörnchen wird Jungem Adler später alles erzählen.“
    „So sei es“, erklärte Akitu mit unbewegtem Gesicht.
    Delia hatte diese Erklärung abgegeben, weil sie nicht wollte, dass Akitu sich gekränkt oder ausgeschlossen fühlte. Für sie war es einfach herrlich, nach so langer Zeit wieder einmal in ihrer Muttersprache reden zu dürfen.
    „Ich bin gekommen, um Ihre Hilfe zu erbitten, Mister Bill“, sagte sie eifrig. „Das heißt, falls Sie Ihr Angebot noch aufrechterhalten. Sie erinnern sich doch noch, was Sie mir gesagt haben, als ich die Handelsstation verließ?“
    „Aber natürlich“, versicherte Bill der Trapper, „und es war ganz ernst gemeint. Landsleute wie wir beide müssen einander doch helfen, wenn sie sich in der Fremde begegnen.“
    „Hoffentlich können Sie es auch“, sagte Delia.
    Jetzt stellte sich heraus, dass Bill der Trapper sie ganz falsch verstand. „Du machst dir Gedanken wegen des Giftpfeils?“ fragte er. „Das ist doch ganz einfach. Wir werden dieser kleinen Rothaut ein Gläschen Schnaps anbieten, zum Schein können wir beide ja mittrinken, damit er nicht misstrauisch wird … Na, und damit wäre der Fall erledigt. Sobald er betrunken wird, und das geht bei diesen Brüdern verdammt schnell, nehmen wir ihm Pfeil und Bogen ab.“
    „Aber warum denn?“ fragte Delia fassungslos. „Akitu ist doch mein Freund.“
    „Es soll ihm ja auch nichts geschehen. Ich bringe dich ins nächste Fort, damit du wieder zu den Weißen kommst. Den roten Knaben lassen wir einfach hier, die Boote nehmen wir natürlich mit. Wenn er aus seinem Rausch erwacht, kann er ja hinüberschwimmen.“
    Delia hätte fast den Bissen verschluckt, den sie gerade im Mund hatte. „Und dann?“ fragte sie mit großen Augen. „Wie soll er zu seinem Stamm zurückkommen? Wie soll er sich ernähren und verteidigen ohne eine Waffe?“
    „Ach was, nur nicht gefühlsduselig werden, Kleine. Denk mal daran, was die Rothäute dir angetan haben! Hier streifen so viele von der Sorte durch die Gegend, dass er bestimmt auf so einen Bruder treffen wird.“
    Delia holte tief Atem. Es gab allerhand, was sie diesem Menschen am liebsten an den Kopf geworfen hätte. Aber es hatte keinen Zweck, sich mit ihm in einen Streit einzulassen. Sie war gekommen, um etwas von ihm zu erfahren.
    „Nein, das möchte ich nicht“, sagte sie deshalb nur. „Sie scheinen die Situation zu verkennen, Mister Bill. Ich bin nicht Gefangene der Iowanokas, sondern sie haben mich in ihren Stamm aufgenommen. Akitu ist der Sohn des Häuptlings, und ich bin seine Schwester.“
    „Na so etwas!“ Der Trapper lachte schallend.
    „Finden Sie es ruhig komisch“, sagte Delia. „Aber ich denke nicht daran,

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