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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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berühmter Läufer, und als wir vor die Höhle kamen, war er bereits verschwunden. Wenn wir ihn nicht wieder ereilen, so müssen wir fliehen, da er nun die Höhle kennt.«
    Nach und nach kehrten mehrere Männer zurück. Sie hatten ihn nicht laufen sehen und auch seine Spur nicht bemerkt. Später kam Halef, zuletzt aber kehrte die Tochter des Scheik zurück, deren Nasenflügel vor Wut zitterten. Ein kurzer Meinungstausch ergab, daß ihn niemand gesehen hatte. Die Bestürzung und der Umstand, daß ihm durch den engen Gang nur stets einer folgen konnte, hatte ihm einen Vorsprung gewährt, und der Boden draußen war ja ganz geeignet, die Flucht zu erleichtern.
    »Hört, ihr Männer,« sagte der Scheik, »er wird unsern Versteck verraten. Wollen wir sofort aufbrechen oder auf unseren Tieren noch einen Versuch machen, ihn zu erwischen? Wenn wir diese Gegend im Kreise umreiten, so ist es leicht möglich, daß wir ihn bemerken.«
    »Wir fliehen nicht, sondern wir suchen ihn,« sagte seine Tochter.
    Die anderen stimmten bei.
    »Wohlan, so nehmt euere Kamele und folgt mir. Wer den Entflohenen bringt – tot oder lebendig – der wird eine große Belohnung bekommen.«
    Da trat Halef vor und sprach: »Den Preis habe ich bereits verdient. Draußen liegt tot der Vater des Säbels.«
    »Wo hast du ihn ereilt?« fragte der Scheik.
    »Herr, du mußt wissen, daß mein Sihdi ein Meister ist im Kampfe und im Auffinden aller Arten des Makam; er hat mich gelehrt, die Spuren im Sande, im Grase, auf der Erde und auf dem Felsen zu finden; er hat mir gezeigt, wie man nachdenken muß bei der Verfolgung eines Flüchtigen. Ich war der erste, der hinter Abu-Seïf die Höhle verließ; aber ich sah ihn bereits nicht mehr. Ich rannte erst nach links hinauf, dann nach rechts hinab, und da ich nichts von ihm bemerkte, so dachte ich, daß er so klug gewesen sei, sich gleich nach seinem Austritt aus der Höhle zu verstecken. Ich spähte hinter den Steinen und fand ihn auch. Es gab einen kurzen Kampf, dann drang ihm still mein Messer ins ruchlose Herz. Seinen Körper werde ich euch zeigen.«
    Fußspur.
    Ich blieb wieder in der Höhle, die anderen aber folgten Halef, um den toten Abu-Seïf zu sehen.
    Bald kehrten sie jubelnd zurück.
    »Was verlangst du als Belohnung?« fragte nun der Scheik den tapfern kleinen Halef.
    »Herr, ich komme aus einem fernen Lande, zu welchem ich wohl nicht wieder zurückkehren werde. Hältst du mich für würdig, so nimm mich unter die Deinen auf.«
    »Ein Ateïbeh willst du werden? Was sagt dein Herr dazu?«
    »Er ist damit einverstanden. Nicht wahr, Sihdi?«
    »Ja,« nahm ich das Wort. »Ich vereinige meinen Wunsch mit dem seinigen.«
    »Was mich betrifft, so würde ich auf der Stelle zustimmen,« erklärte der Scheik. »Aber ich muß erst diese Leute befragen, und die Adoption eines Fremden ist eine wichtige Sache, welche sehr viel Zeit erfordert. Hast du Verwandte hier in der Nähe?«
    »Nein.«
    »Hast du eine Blutrache auf dich geladen?«
    »Nein.«
    »Bist du ein Sunnit oder ein Schiit?«
    »Ein Anhänger der Sunna.«
    »Du hast wirklich noch kein Weib und keine Kinder gehabt?«
    »Nein.«
    »Wenn dieses ist, so können wir ja gleich zur Beratung schreiten.«
    »So berate auch über ein anderes noch mit!«
    »Worüber?«
    »Sihdi, willst du nicht an meiner Stelle reden?«
    Ich erhob mich vom Boden und nahm eine möglichst würdevolle Haltung an. Dann begann ich meine Rede:
    »Vernimm meine Worte, o Scheik, und Allah öffne dir das Herz, damit sie Eingang in die Gnade deines Willens finden. Ich bin Kara Ben Nemsi, ein Emir unter den Talebs und Helden in Frankistan. Ich kam nach Afrika und auch in dieses Land, um seine Bewohner zu sehen und große Thaten zu verrichten. Dazu brauchte ich einen Diener, der alle Mundarten des Westens und Ostens versteht, der klug und weise ist und sich vor keinem Löwen, vor keinem Panther und vor keinem Menschen fürchtet. Ich fand diesen Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawud al Gossarah und bin mit ihm bis heute über alle Maßen zufrieden gewesen. Er ist stark wie ein Eber, treu wie ein Windspiel, klug wie ein Fennek und schnell wie eine Antilope. Wir haben über den Abgründen der Schotts gekämpft, wir sind eingebrochen und haben uns doch gerettet. Wir haben die Tiere des Feldes und der Wüste bezwungen; wir haben dem bösen Smum getrotzt; ja, wir sind sogar bis an die Grenze Nubiens gedrungen und haben eine Gefangene, die Blume aller Blumen, aus der Gewalt ihres

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