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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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leuchtende Symbol der göttlichen Klarheit.
    Sonne.
    Alle diese Pilger waren gut bewaffnet. Ich sah dabei recht eigentümliche kurdische Flinten. Bei einer derselben wurden Lauf und Schaft durch zwanzig starke, breite eiserne Ringe verbunden, welche ein sicheres Zielen ganz unmöglich machten. Eine zweite zeigte eine Art Bajonnet, welches eine Gabel bildete, deren zwei Zinken zu beiden Seiten des Laufes befestigt waren. Die Männer überreichten ihre Krüge den Priestern und traten der Reihe nach zu Mir Scheik Khan, um ihm die Hand zu küssen, wobei sie ihre Waffen neigten oder ganz ablegten.
    Die Lampen werden gebraucht, um am Abend des Festes den heiligen Ort mit seiner ganzen Umgebung zu illuminieren. Es darf dabei kein gewöhnliches Öl oder gar Bitumen und Naphtha gebrannt werden, da dies für unrein gilt. Nur das Öl vom Sesam ist gestattet.
    Als die Prozession sich entfernt hatte, wurden wohl gegen zwanzig Kinder getauft und beschnitten, welche zum Teil von sehr weit hergebracht worden waren. Ich wohnte diesen religiösen Handlungen bei.
    Später entfernte ich mich mit Mohammed Emin, um einen Gang durch das Thal zu machen. Am auffälligsten war mir die ungeheure Zahl von Fackeln, welche zum Verkaufe auslagen. Nach einer ungefähren Schätzung konnten es zehntausend sein. Die Händler machten glänzende Geschäfte, denn ihre Ware wurde ihnen förmlich aus der Hand gerissen.
    Eben standen wir vor einem Verkäufer von Glas- und unechten Korallenwaren, als ich die weiße Gestalt des Pir Kamek den Bergpfad herabkommen sah. Er mußte, wenn er zum Heiligtume wollte, an uns vorüber, und als er uns erreichte, blieb er bei uns stehen.
    »Willkommen hier, ihr Gäste vom Scheik Schems! Ihr werdet den Heiligen der Dschesidi kennen lernen.«
    Er reichte uns die Hände. Sobald er bemerkt worden war, wurde er vom Volke umringt, und ein jeder bemühte sich, seine Hand oder den Saum seines Gewandes zu berühren und zu küssen. Er hielt eine Ansprache an die Versammelten; sein langes weißes Haar flatterte im Morgenwinde; seine Augen leuchteten, und seine Gebärden zeigten die Lebhaftigkeit der Begeisterung. Dazu krachten die Schüsse der Ankommenden von oben herab, und ganze Salven antworteten aus dem Thale hinauf. Leider konnte ich seine Rede nicht verstehen, da er sie in kurdischer Sprache hielt. Am Schlusse derselben aber intonierte er einen Gesang, in welchen alle einfielen und dessen Anfang mir der Sohn Seleks, welcher dazu kam, übersetzte:
    »O gnädiger und großmütiger Gott, welcher nährt die Ameise und die kriechende Schlange, Nacht und Tag Lenkender, Lebendiger, Höchster, Ursachloser, welcher der Nacht die Finsternis und dem Tage das Licht zuweist! Weiser, herrsche über Weisheit; Starker, herrsche über die Stärke; Lebendiger, herrsche über den Tod!«
    Nach dem Gesange zerteilte sich die Menge, und der Pir trat zu mir.
    »Hast du verstanden, was ich den Pilgern sagte?«
    »Nein. Du weißt, daß ich deine Sprache nicht rede.«
    »Ich sagte ihnen, daß ich Scheik Schems ein Opfer bringen werde, und nun sind sie in den Wald gegangen, um das nötige Holz zu holen. Willst du dem Opfer beiwohnen, so bist du willkommen. Jetzt aber verzeihe, Emir; dort kommen bereits die Opferstiere.«
    Er ging dem Grabmale zu, vor dessen Mauern soeben eine lange Reihe von Ochsen aufgeführt wurde. Wir folgten ihm langsam nach.
    »Was geschieht mit den Tieren?« fragte ich meinen Dolmetscher.
    »Sie werden geschlachtet.«
    »Für wen?«
    »Für Scheik Schems.«
    »Kann die Sonne Stiere essen?«
    »Nein, sondern sie verschenkt dieselben an die Armen.«
    »Nur das Fleisch?«
    »Alles: das Fleisch, die Eingeweide und die Haut. Mir Scheik Khan übernimmt die Verteilung.«
    »Und das Blut?«
    »Das wird nicht gegessen, sondern in die Erde gegraben, denn die Seele ist im Blute.«
    Das war also genau die alttestamentliche Anschauung, daß das Leben des Leibes, daß die Seele im Blute liege. Ich sah, daß es sich hier nicht um eine heidnische Opferung, sondern um eine Liebesgabe handle, welche es den Armen ermöglichen sollte, die Festtage ohne Nahrungssorgen feiern zu können.
    Als wir den Platz erreichten, trat eben Mir Scheik Khan aus dem Thore, gefolgt von Pir Kamek, von einigen Scheiks und Kawals und einer größeren Anzahl von Fakirs. Alle hatten Messer in der Rechten. Der Platz wurde von einer großen Menge Krieger umgeben, welche ihre Gewehre schußbereit hielten. Da warf Mir Scheik Khan das Obergewand ab, sprang auf den ersten Stier

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