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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Minuten noch nicht zur Stelle ist, so lasse ich die Beschießung beginnen und halte nicht eher ein, als bis keiner der Osmanly mehr lebt!«
    Er trat zu seinen Adjutanten und sprach kurze Zeit mit ihnen. Darauf entfernten sich zwei von ihnen. Der Eine ergriff einen weißen Shawl, legte seine Waffen ab und stieg links da hinab, wo ich jetzt heraufgekommen war; der Andere aber schritt längs des Randes der Höhe hin und klimmte dann rechts hinab nach dem Punkte hin, an welchem die Geschütze standen.
    Nun gab Ali Bey einigen Dschesidi, welche in der Nähe hielten, den Befehl, ein Zelt für uns zu errichten. Die zu demselben gehörigen Requisiten lagen bereit. Während sie seinem Gebote Folge leisteten, bemerkte ich, daß sich unten die Verschanzung öffnete. Die Kanonen wurden durch die entstandene Lücke vorgezogen und avancirten längs des Baches bis an die Linie derjenigen Dschesidi, welche auf der Sohle des Thales festen Fuß gefaßt hatten. Dort gab es mehrere Felsblöcke, welche mit einigen schnell umgehauenen Bäumen eine neue Verschanzung bildeten.
    Es waren seit der Absendung des Dschesidi noch nicht zwanzig Minuten vergangen, so nahte sich der Kaimakam. Er war von drei türkischen Soldaten begleitet, und an seiner Seite ritt – der Makredsch. Das war eine große Unklugheit von dem letzteren; ich sah es dem finsteren Blicke an, mit welchem Ali Bey ihn betrachtete.
    Der Bey trat in das Zelt, welches mittlerweile aufgerichtet worden war, und ließ sich auf den Teppich nieder, welcher den Fußboden desselben bildete. Ich empfing die Kommenden. Die drei Soldaten blieben vor dem Zelte halten; die beiden Andern aber traten ein.
    »Sallam!« grüßte der Kaimakam.
    Der Makredsch grüßte nicht. Er als der Vorsteher eines großherrlichen Gerichtshofes erwartete, daß der Bey der Teufelsanbeter ihn bewillkommnen werde. Dieser aber nahm weder von ihm Notiz, noch beantwortete er den Gruß des Oberstlieutenants. Er deutete nur auf den Teppich und meinte:
    »Kaimakam, komar-sen – Du darfst Dich setzen!«
    Der Angeredete nahm in würdevoller Weise Platz, und der Makredsch ließ sich an seiner Seite nieder.
    »Du hast uns gebeten, zu Dir zu kommen,« begann der Offizier. »Warum bist Du nicht zu uns gekommen?«
    »Du irrst!« antwortete Ali Bey sehr ernst. »Ich habe Dich nicht gebeten, sondern ich habe Dir nur kund gethan, daß ich die Osmanly niederkartätschen lassen werde, wenn Du nicht kommst. Ist das eine Bitte? Du fragst ferner, warum ich nicht zu Dir gekommen bin. Wenn ich von Scheik Adi nach Mossul komme, werde ich Dich aufsuchen und nicht verlangen, daß Du Dich zu mir bemühest; Du bist von Mossul nach Scheik Adi gekommen und wirst die Gesetze der Höflichkeit kennen, welche Dir gebieten, Dich zu mir zu bemühen. Deine Frage veranlaßt mich übrigens, Dir gleich die Stellung klar zu machen, von welcher aus wir gegenseitig zu einander sprechen werden. Du bist ein Diener, ein Beamter des Großherrn und des Mutessarif, ein Offizier, der im günstigen Falle ein Regiment commandirt; ich aber bin ein freier Fürst der Kurden und Oberfeldherr aller meiner Krieger. Glaube darum nicht, daß Dein Rang höher sei, als der meinige –«
    »Ich bin nicht ein Diener des – – –«
    »Sus ol – schweige! Ich bin gewohnt, daß man mich hört und mich ausreden läßt; merke Dir das, Kaimakam! Du bist ohne alles Recht und ohne vorherige Ankündigung in mein Gebiet eingebrochen, wie ein Dieb, wie ein Räuber mit bewaffneter Hand. Einen Räuber fange und tödte ich, ganz wie es mir gefällt; da Du aber ein Diener des Großherrn und des Mutessarif bist, so will ich vorher, ehe ich meine ganze Macht entwickle, in Güte mit Dir reden. Daß Du noch lebst, Du und die Deinen, das habt Ihr nur meiner Milde und Nachsicht zu verdanken. Nun sage, wer das Recht hat, zu erwarten, daß der andere zu ihm komme, Du oder ich!«
    Der Kaimakam machte ein ganz erstauntes Gesicht, denn eine solche Ausführung hatte er jedenfalls nicht erwartet. Er besann sich noch, was er sagen solle; doch der Makredsch, über dessen Stößerphysiognomie es wie ein flammender Grimm zuckte, ergriff das Wort:
    »Ali Bey, was wagest Du! Du nennst uns Diebe und Mörder, uns, die wir als Vertreter des Padischah und des Generalgouverneur hier sitzen! Nimm Dich in acht, sonst wirst Du es bereuen!«
    Der Bey wandte sich in vollkommenster Ruhe an den Offizier:
    »Kaimakam, kim bu katschyk – Oberstlieutenant, wer ist dieser Verrückte?«
    Der Gefragte machte eine

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