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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gar kein Grund, mit bewaffneter Macht unser Gebiet zu überfallen.«
    »Wir haben noch einen zweiten Grund.«
    »Welchen?«
    »Ihr habt den Haradsch nicht bezahlt.«
    »Wir haben ihn bezahlt. Was nennst Du überhaupt Haradsch? Wir sind freie Kurden; was wir zahlen, das zahlen wir freiwillig. Wir haben die Kopfsteuer bezahlt, welche Jeder, der nicht ein Moslem ist, für seine Befreiung vom Militärdienste zu entrichten hat. Nun wollt Ihr auch den Haradsch, und doch ist dieser nichts Anderes als diese bereits entrichtete Kopfsteuer! Und wenn Ihr in Eurem Rechte wäret, und wenn wir dem Mutessarif eine Steuer schuldig geblieben wären, ist dies eine genügende Veranlassung, uns zu überfallen? Muß er da just Scheik Adi überfallen, wo jetzt Tausende von Menschen sind, die nicht nach Mossul gehören, und die ihm auf keinen Fall etwas schuldig sind? Kaimakam, Du und ich, wir Beide wissen sehr genau, was es eigentlich ist, was der Gouverneur von uns will: Geld und Beute. Es ist ihm nicht gelungen, uns zu berauben, und so wollen wir also nicht weiter über seine Gründe sprechen. Du bist weder ein Jurist noch ein Steuereinnehmer; Du bist Offizier, und darum habe ich mit Dir nur das zu besprechen, was Deine militärische Aufgabe betrifft. Du sollst reden, und ich werde hören!«
    »Ich habe von Dir den Haradsch und die Mörder zu verlangen, sonst muß ich auf Befehl des Mutessarif Scheik Adi und alle Ortschaften der Dschesidi zerstören und einen Jeden tödten, der mir Widerstand leistet.«
    »Und Alles mit Dir nehmen, was die Dschesidi besitzen?«
    »Alles!«
    »So lautet der Befehl des Gouverneur?«
    »So lautet er.«
    »Und Du wirst ihn erfüllen?«
    »Mit allen Kräften.«
    »Thue es!«
    Er erhob sich, zum Zeichen, daß die Unterredung beendet sei. Der Kaimakam machte eine Bewegung, ihn zurückzuhalten.
    »Was wirst Du beginnen, Bey?«
    »Du wirst die Dörfer der Dschesidi zerstören und die Einwohner derselben berauben, und ich, das Oberhaupt der Dschesidi, werde meine Unterthanen zu beschützen wissen. Ihr seid ohne vorherige Anmeldung bei mir eingebrochen; Ihr vertheidigt das mit Gründen, welche Lügen sind; Ihr wollt sengen und brennen, rauben und morden; Ihr habt sogar meinen Boten getödtet, eine That, welche ganz und gar gegen das Recht der Völker ist. Daraus folgt, daß ich Euch nicht als Krieger betrachten kann, sondern als Räuber behandeln muß; Räuber aber schießt man einfach über den Haufen. Wir sind fertig! Kehre zu den Deinen zurück. Jetzt stehst Du noch unter meinem Schutze; dann aber bist Du vogelfrei!«
    Er verließ das Zelt und erhob den Arm. Die Artilleristen mochten längst auf dieses Zeichen gewartet haben – ein Kanonenschuß krachte, und noch einer.
    »Herr, was thust Du?« rief der Kaimakam. »Du brichst den Waffenstillstand, noch während ich bei Dir bin!«
    »Haben wir einen Waffenstillstand abgeschlossen? Habe ich Dir nicht gesagt, daß wir fertig sind? Hörst Du? Das waren Kartätschen – und das Granaten; dieselben Geschosse, welche für uns bestimmt waren; nun aber treffen sie Euch. Allah hat gerichtet; er trifft den Sünder mit demselben Streiche, mit dem dieser gesündigt hat. Du hörst das Schreien Deiner Leute. Gehe zu ihnen, und befiehl ihnen, unsere Dörfer zu zerstören!«
    Wirklich schien der dritte und vierte Schuß außerordentlich gewirkt zu haben; das konnte man aus dem wilden Heulen schließen, welches aus der Tiefe scholl.
    »Halt ein, Ali Bey! Gib das Zeichen, mit dem Feuer wieder einzuhalten, damit wir weiter verhandeln können!«
    »Du kennst den Befehl des Mutessarif, und ich kenne meine Pflicht; wir sind fertig.«
    »Der Mutessarif hat seine Befehle nicht mir, sondern dem Miralai gegeben, und nun ist es meine Pflicht, meine Leute nicht wehrlos niederschießen zu lassen. Ich muß sie zu retten suchen.«
    »Willst Du diesen Gedanken festhalten, so bin ich bereit, die Verhandlung wieder aufzunehmen.«
    »So komm herein!«
    Ali Bey wand sein Turbantuch los und wehete damit nach unten, dann ging er wieder in das Zelt.
    »Was verlangst Du von mir?« frug der Kaimakam.
    Der Bey blickte nachdenklich zur Erde, dann antwortete er:
    »Nicht Du bist es, dem ich zürne, und darum möchte ich Dich schonen; jedes endgiltige Übereinkommen aber, welches wir treffen könnten, würde Dein Verderben sein, weil meine Bedingungen für Euch mehr als ungünstig sind. Darum werde ich nur mit dem Mutessarif selbst verhandeln, und Du bist aller Verantwortung ledig.«
    »Ich danke Dir,

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