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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Dieser Name war vielversprechend.
    »Wer ist Ingdscha?« erkundigte ich mich neugierig.
    »Eine der Töchter von Nedschir-Bey.«
    »Von diesem?« frug ich überrascht.
    »Die Tochter ist anders als der Vater, Herr.«
    »Aber wird sie mich auf den Berg führen, da sie weiß, daß es ihrem Vater gilt?«
    »Sie wird. Sie ist der Liebling Marah Durimeh’s, und ich habe bereits mit ihr gesprochen, auch von dem fremden Emir, welcher das Gift besiegt und dessen Waffen Niemand widerstehen kann.«
    Also war mein Ruf als Wunderdoktor schon nach Kurdistan gedrungen. Erstaunt frug ich:
    »Wer sagte das?«
    »Dein Diener hat es in Amadijah dem Vater der Kranken erzählt, und Marah Durimeh hat es Ingdscha wiedergesagt. Sie ist begierig, einen Emir aus Frankistan zu sehen. Soll ich sie rufen, Herr?«
    »Ja, wenn es nicht zu viel gewagt ist.«
    »Dann aber muß ich Dich vorher binden, doch bloß bis ich wiederkomme.«
    »So thue es!«
    Ich ließ mich unter diesen Umständen ganz gern wieder fesseln, und als dies geschehen war, verließ die Alte die Hütte. Bald kehrte sie zurück und meldete, daß Ingdscha kommen würde. Sie entfesselte mir die Hände, und ich frug, ob sie im Dorfe gewesen sei, und äußerte die Besorgniß:
    »Aber wenn man Dich gesehen hat? Du sollst mich doch bewachen!«
    »O, die Männer sind nicht daheim, und die Frauen, welche mich ja gesehen haben können, werden mich nicht verrathen.«
    »Wo sind die Männer?«
    »Sie sind gen Lizan gegangen.«
    »Was thun sie dort?«
    »Ich habe nicht gefragt. Was geht mich das Treiben der Männer an! Wenn Ingdscha kommt, wird sie es Dir vielleicht sagen.«
    Die Alte setzte sich wieder vor die Thür. Nach einiger Zeit aber stand sie eilig auf und lief einer sich nahenden Person entgegen. Ich hörte vor der Hütte ein leises Geflüster, und dann verdunkelte sich der Eingang, um die ›Perle‹ einzulassen.
    Gleich der erste Blick auf die Eingetretene sagte mir, daß der Name Ingdscha hier ganz an seinem Platze sei. Das Mädchen mochte neunzehn Jahre zählen, war hoch gebaut und von so kräftigen Körperformen, daß sie ohne Bedenken die Frau eines Flügelmannes aus der alten, preußischen Riesengarde hätte werden können. Dennoch war das Gesicht ein mädchenhaft weiches und hatte jetzt, dem Fremden gegenüber, sogar einen sehr bemerkbaren Anflug von Schüchternheit.
    »Sallam, Emir!« grüßte sie mit fast leiser Stimme.
    »Sallam!« antwortete ich. »Du bist Ingdscha, die Tochter des Raïs von Schohrd?«
    »Ja, Herr.«
    »Verzeihe, daß ich mich nicht erhebe, um Dich zu begrüßen. Ich bin an diesen Pfahl gebunden.«
    »Ich denke, Madana hat Dich einstweilen frei gemacht?«
    »Nur die Hände.«
    »Warum nicht auch das Übrige?«
    Sie bog sich sofort zu mir nieder, um mir die Stricke zu lösen, ich aber wehrte ab:
    »Ich danke Dir, Du Gute! Aber ich bitte Dich dennoch, es nicht zu thun, da wir zu lange Zeit brauchen, um mich wieder zu binden, wenn Jemand kommt.«
    »Madana hat mir Alles erzählt,« erwiederte sie. »Herr, ich werde nicht leiden, daß Du hier am Boden liegst, Du, ein Emir aus dem Abendlande, der alle Länder der Erde bereist, um Abenteuer zu erleben!«
    Aha, das waren die Folgen von der Aufschneiderei meines kleinen Hadschi Halef Omar. Das Mädchen hielt mich für einen abendländischen Harun al Raschid, welcher Jagd auf Abenteuer machte.
    »Du wirst es aus Vorsicht dennoch leiden müssen,« antwortete ich. »Komm, laß Dich an meiner Seite nieder und erlaube, daß ich Dir einige Fragen vorlege!«
    »Herr, Deine Güte ist zu groß. Ich bin ein armes, geringes Mädchen, dessen Vater Dich noch dazu tödtlich beleidigt hat.«
    »Vielleicht verzeihe ich ihm um Deinetwillen.«
    »Nicht um meinet-, sondern um meiner Mutter willen. Er ist nicht mein rechter Vater; der erste Mann meiner Mutter ist gestorben.«
    »Armes Kind! Und der zweite Mann Deiner Mutter ist wohl streng und grausam mit Dir?«
    Ihr Auge leuchtete auf.
    »Streng und grausam? Herr, das sollte er nicht wagen! Nein, aber er verachtet sein Weib und seine Töchter; er sieht und hört nicht, daß sie sich in seinem Hause befinden; er will nicht haben, daß wir ihn lieben, und darum – darum ist es keine Sünde, wenn ich Dich zum Ruh ‘i kulyan geleite.«
    »Wann wird dies geschehen?«
    »Grad um Mitternacht muß man auf dem Berge sein.«
    »Er befindet sich in einer Höhle?«
    »Ja. Allemal um Mitternacht am ersten Tage der zweiten Woche.«
    »Aber wie merkt man, daß er zugegen ist?«
    »An dem

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