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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Lichte, welches man mitbringen muß. Man setzt ein Licht vor den Eingang der Höhle und zieht sich zurück. Brennt es fort, so ist der Geist nicht da; verlöscht es aber, so ist er zugegen. Dann tritt man wieder hinzu, geht drei Schritte weit in die Höhle hinein und sagt, was man will.«
    »In welchen Angelegenheiten darf man mit dem Geiste sprechen?«
    »In allen. Man kann ihn um etwas bitten; man kann einen Andern verklagen; man kann sich auch nach etwas erkundigen.«
    »Aber ich denke, der Geist spricht nicht! Wie erhält man seine Antwort?«
    »Wenn man den Wunsch gesagt hat, so geht man bis an das Bild zurück und wartet kurze Zeit. Beginnt das Licht wieder zu brennen, so ist die Bitte erfüllt, und nach kurzer Zeit, oft schon in der ersten Nacht noch, erhält man auf irgend eine Weise die Nachricht, welche man erwartet hat.«
    »Was ist das für ein Bild, von dem Du redest?«
    »Es ist ein hoher Pfahl, an welchem das Bild der heiligen Mutter Gottes befestigt ist.«
    Das überraschte mich, da ich wußte, daß die Chaldani lehren, die heilige Maria sei nicht die Mutter Gottes, sondern nur die Mutter des Menschen Jesus. Der geheimnißvolle Ruh ‘i kulyan schien sonach ein guter Katholik zu sein.
    »Wie lange bereits stehet dieses Bild?« frug ich.
    »Ich weiß es nicht; es stehet schon länger als ich lebe.«
    »Und hat noch kein Kurde oder Chaldani gesagt, daß es fort müsse?«
    »Nein, denn dann würde der Ruh ‘i kulyan für immer verschwunden sein.«
    »Und dies wünscht Niemand?«
    »Niemand, Herr. Der Geist thut Wohlthat über Wohlthat in der ganzen Gegend. Er beglückt die Armen und berathet die Reichen; er beschützt die Schwachen und bedroht die Mächtigen; der Gute hofft auf ihn, und der Böse zittert vor ihm. Wenn ich den Vater bitte, Dich frei zu geben, so verlacht er mich; wenn es ihm aber der Geist gebietet, so wird er gehorchen;«
    »Warst auch Du einmal des Nachts oben bei der Höhle?«
    »Mehrere Male. Ich habe für meine Mutter und Schwester gebeten.«
    »Wurde Deine Bitte erfüllt?«
    »Ja.«
    »Wer brachte Dir die Erfüllung?«
    »Die ersten Male kam es des Nachts, und ich konnte nichts sehen; beim letzten Male aber war es Marah Durimeh. Der Geist war ihr erschienen und hatte sie zu mir gesandt.«
    »So kennst Du Marah Durimeh?«
    »Ich kenne sie, seit ich lebe.«
    »Sie ist wohl oft bei Euch?«
    »Ja, Herr. Und dann gehe ich mit ihr auf die Berge, um Kräuter zu sammeln, oder wir besuchen die Kranken, welche ihrer Hülfe bedürfen.«
    »Wo wohnt sie?«
    »Niemand weiß es. Vielleicht hat sie nirgends eine Wohnung, aber sie ist in jedem Hause willkommen, in das sie kommt.«
    »Woher stammt sie?«
    »Darüber wird sehr verschieden gesprochen. Die Meisten erzählen, daß sie eine Fürstin aus dem alten Geschlechte der Könige von Lizan sei. Das war ein gar mächtiges Geschlecht, und ganz Tijari und Tkhoma war ihm unterthan. Sie aßen und tranken aus goldenen Gefäßen, und alles Andere war von Silber und Metall gemacht. Da aber wandten sie sich dem Propheten von Medina zu, und der Herr schüttelte die Wolken seines Zornes über sie aus; sie wurden verstreut in alle Lande. Nur Marah Durimeh war ihrem Gott treu geblieben, und er hat sie gesegnet mit einem hohen Alter, mit einem weisen Herzen und mit großen Reichthümern.«
    »Wo hat sie diese Reichthümer, da sie doch keine Wohnung besitzt?«
    »Niemand weiß es. Einige sagen, sie habe ihr Gold in der Erde vergraben. Viele aber behaupten, sie habe Macht über die Geister der Tiefe, welche ihr so viel Geld bringen müssen, als sie brauche.«
    »Also sie hat Dir von mir erzählt?«
    »Ja, Alles, was Dein Diener in Amadijah von Dir berichtet hat. Sie hat mir befohlen, sobald ich höre, daß Du in diese Gegend gekommen seist, solle ich hinauf zur Höhle gehen, um den Ruh ‘i kulyan zu bitten, Dich vor allem Unfall zu behüten. Nun aber wirst Du dies selbst thun.«
    »Du gehst nicht ganz mit zur Höhle?«
    »Nein. Wenn Du selbst kommst, so kann ich fern bleiben. Hast Du nicht Hunger, Herr? Madana sagte mir, daß Du ihr erlaubt habest, Dein Mahl zu verzehren.«
    »Wer hatte dieses Mahl bereitet?«
    »Sie selbst. Der Vater hat es bei ihr bestellt.«
    »Warum nicht bei Euch?«
    »Weil wir nicht wissen sollen, daß er einen Gefangenen verbirgt. Der Mann Madana’s ist sein bester Gefährte, und darum hat sie den Befehl erhalten, Dich zu bewachen.«
    »Wo sind die Männer Eures Dorfes?«
    »Sie werden sich in der Gegend von Lizan befinden.«
    »Was

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