Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
thun sie dort?«
»Ich weiß es nicht.«
»Kannst Du es nicht erfahren?«
»Vielleicht. Doch sage, Herr, ob Du essen willst!«
Ich antwortete ausweichend:
»Ich verschmähte das Gericht, weil ich nicht gewohnt bin, Schnecken mit Knoblauch zu essen.«
»O, Emir, ich werde Dir etwas Anderes bringen. In einer Stunde ist es Nacht; ich eile, und dann komme ich wieder, um Dir von Allem zu bringen, was wir haben!«
Sie erhob sich eilig, und ich bat:
»Erkundige Dich auch, was Eure Männer thun!«
Sie ging, und es war dies just zur rechten Zeit geschehen; denn noch waren kaum zehn Minuten vergangen, so trat Madana, welche das Mädchen begleitet hatte, in höchster Eile herein.
»Ich muß Dich fesseln!« rief sie. »Mein Mann kommt, gesandt von Nedschir-Bey. Er darf nicht wissen, daß wir mit einander gesprochen haben. Verrathe mich nicht!«
Sie band mir die Arme wieder empor und hockte sich dann neben den Eingang nieder. Ihr altes, runzeliges Gesicht nahm dabei einen unnahbaren, feindseligen Ausdruck an.
Bereits nach wenigen Sekunden erscholl der Hufschlag eines Pferdes. Ein Reiter hielt vor der Hütte an, stieg ab und trat herein. Es war ein alter, hagerer Kerl, welcher jedenfalls nicht seinem Innern, wohl aber ganz gut seinem Äußern nach zu meiner braven ›Petersilie‹ paßte. Er trat ohne Gruß zu mir und untersuchte meine Fesseln; als er diese in Ordnung fand, wandte er sich barsch an sein Weib:
»Gehe hinaus und horche nicht!«
Sie verließ lautlos die Hütte, und er kauerte sich mir gegenüber auf dem Boden nieder. Ich war wirklich neugierig, was mir dieser Petersilius zu sagen habe, dessen Kleidern der bereits beschriebene Duft seiner Madana im Superlativ entströmte.
»Wie heißest Du?« herrschte er mich an.
Natürlich antwortete ich ihm nicht.
»Bist Du taub? Ich will Deinen Namen wissen.«
Wieder erfolgte das, was der Musiker tacet nennt.
»Mensch, wirst Du antworten!«
Bei diesem Befehle versetzte er mir einen Tritt in die Seite. Mit den Händen konnte ich ihn nicht fassen, aber die Beine konnte ich wenigstens so weit bewegen, als nöthig war, ihm meine Ansicht von der Sache ohne alle theoretische Auseinandersetzungen beizubringen; ich zog die zusammengefesselten Kniee empor, stieß sie wieder aus und schnellte mittels dieser Bewegung den Mann vom Erdboden empor, daß er, wie von einer Katapulte geschleudert, an die Mauer flog. Sein Knochengerüst mußte von einer ganz vorzüglichen Dauerhaftigkeit sein; er besah sich zwar zunächst von allen Seiten, meinte aber dann im besten Wohlsein:
»Mensch, das wage nicht wieder!«
»Rede höflich, so antworte ich höflich!« entgegnete ich nun.
»Wer bist Du?«
»Spare solche Fragen! Wer ich bin, das weißt Du schon längst.«
»Was wolltest Du in Lizan?«
»Das geht Dich nichts an.«
»Was wolltest Du bei den Berwari-Kurden?«
»Auch dies geht Dich nichts an.«
»Wo hast Du Dein schwarzes Pferd?«
»Es ist sehr gut aufgehoben.«
»Wo hast Du Deine Sachen?«
»Da, wo Du sie nicht bekommen wirst.«
»Bist Du reich? Kannst Du ein Lösegeld bezahlen?«
»Tritt näher, wenn Du es haben willst. Merke Dir einmal, Mann: ich bin ein Emir, und Du bist ein Untergebener Deines Raïs. Nur ich allein habe zu fragen, und Du hast zu antworten. Glaube nicht, daß ich mich von Dir ausforschen lasse!«
Er schien es doch für das Klügste zu halten, auf meine Ansicht einzugehen; denn er meinte nach kurzem Überlegen:
»So frage Du!«
»Wo ist der Nedschir-Bey?«
»Warum fragst Du nach ihm?«
»Weil er es ist, der mich überfallen ließ.«
»Du irrst!«
»Lüge nicht!«
»Und doch irrst Du. Du weißt ja gar nicht, wo Du Dich befindest!«
»Meinst Du wirklich, daß ein Emir aus Frankistan zu täuschen ist? Wenn ich von hier aus das Thal herniedersteige, komme ich nach Schohrd. Rechts davon liegt Lizan, links Raola, und da oben auf dem Berge ist die Höhle des Ruh ‘i kulyan.«
Er konnte eine Bewegung des Erstaunens nicht verbergen.
»Was weißt Du von dem Geiste der Höhle, Fremdling?«
»Mehr wie Du, mehr wie Alle, die in diesem Thale wohnen!«
Wieder war es Marah Durimeh, welche mich zum Herrn der Situation machte. Der Nasarah wußte offenbar nicht, ob er sich nun des ihm gewordenen Auftrags werde entledigen können.
»Sage, was Du weißt,« meinte er.
»Pah! Ihr seid nicht werth, von dem Geiste der Höhle zu hören. Was willst Du bei mir? Weßhalb habt Ihr mich überfallen und gefangen genommen?«
»Wir wollen von Dir zunächst Dein
Weitere Kostenlose Bücher