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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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erglänzt die Stadt, von den Arabern ›Schamm‹ genannt, wie eine Wahrheit gewordene Fata Morgana des sich nach Labung und Erquickung sehnenden Wüstenpilgers.
    Hier steht der Wanderer auf einem geschichtlich hochwichtigen Boden, auf welchem auch die Sage ihre silberschimmernden Blüthen getrieben hat. Gegen Norden liegt der Dschebel Kassium, auf welchem nach der morgenländischen Erzählung einst Kaïn seinen Bruder Abel erschlug. In El Ghuta stand nach der arabischen Legende der Baum des Erkenntnisses, unter welchem die erste Sünde geschah, und in Damask selbst erhebt sich die berühmte Moschee der Ommijaden, auf deren Minareh sich Christus am Tage des Gerichtes niederlassen wird, um zu richten die Lebendigen und die Todten. So also wird die Geschichte von Damaskus wie die keiner andern Stadt vom Anfange der Erde bis zu dem Ende derselben reichen, wie der stolze und fanatische Bewohner der ›Stadt am Barrada‹ behauptet.
    Allerdings ist Damaskus eine der ältesten Städte der Erde, aber die Zeit ihrer Gründung ist nicht genau zu bestimmen, da die moslemitische Geschichtsschreibung die Fäden der Tradition eher verwirrt als entwickelt hat. Die heilige Schrift erwähnt Damask zum Öfteren. Zu jener Zeit wurde es auch Aram Damasek genannt. David eroberte es und zählte es zu den glänzendsten Perlen seiner Krone. Nachher herrschten hier Assyrer, Babylonier, Perser, die Seleuciden, Römer und Araber. Als Saulus zum Paulus wurde, stand sie unter dem Zepter der Araber. »Stehe auf, und gehe in die Gasse, welche die gerade heißt, und frage in dem Hause des Judas nach einem mit Namen Saulus aus Tarsus; denn siehe, er betet!« So sprach der Herr im Gesichte zu Ananias . Und noch heut stehet jene Gasse. Sie geht vom Bab esch Scherki im Osten nach dem Bab el Yahya im Westen, bildet die große Verkehrsader der Stadt und wird noch immer Suk ed Dschamak, die gerade Straße, genannt.
    Eine Viertelstunde von der Stadt entfernt sieht man in der Nähe des christlichen Friedhofes eine Felsenplatte an der Stelle, wo Saul von der Klarheit des Himmels umleuchtet wurde und eine Stimme ihm zurief: »Ich bin Jesus, den du verfolgest; hart wird es dir, wider den Stachel zu lecken !«
    An der Porta orientalis, einem schönen, altrömischen Thore mit drei Eingängen, steht das Haus des Ananias, durch den Paulus wieder sehend ward. Auch zeigt man neben einem vermauerten Thore das Fenster, aus welchem der Apostel in einem Korbe hinunter gelassen wurde.
    Oft, sehr oft wurde Damaskus erobert und in Trümmer gelegt, aber immer erhob es sich wieder mit neuer Lebensfähigkeit. Am meisten litt es unter Tamarlan, welcher im Jahre 1400 seine wilden Schaaren zehn Tage lang in den Straßen morden ließ; als darauf die Stille des Todes herrschte, hielt der Brand die Nachlese. Unter osmanischer Herrschaft hat die Stadt nachund nach immer mehr ihre Bedeutung verloren. Aus der ehemaligen Weltstadt wurde eine Provinzialstadt, der Sitz eines Gouverneur-Pascha, und Jedermann weiß ja, daß diese Art von Administratoren nur geeignet ist, das reichste Land der Erde arm und durch endlosen Steuerdruck den ergiebigsten Volkswohlstand bankerott zu machen.
    Heute spricht man von 200,000 Einwohnern, welche Damaskus besitzen soll; die Zahl 150,000 wird aber der Wahrheit näher liegen. Darunter sind etwas über 30,000 Christen und 3000 bis 5000 Juden. Kein Moslem, selbst der Mekkaner nicht, ist so fanatisch wie der Damaskese. Die Zeit ist noch nicht lange vorüber, in welcher ein Christ kein Kameel und kein Pferd besteigen durfte; er mußte zu Fuß gehen, wenn er nicht auf einem Esel reiten wollte. Dieser Fanatismus, welcher so leicht zu blutigen Ausschreitungen führt, ist selbst heut noch ganz derselbe wie im Jahre
1860, in
welchem Tausende von Christen niedergemetzelt wurden.
    Die fürchterlichen Vorspiele dazu begannen zu Hasbeya, am Westabhange des Hermon, zu Deïr el Kamr, südlich von Beirut, und in der Küstenstadt Saïda. In Damaskus hatte am 9. Juli des genannten Jahres der Mueddin um die Mittagsstunde eben zum Gebete gerufen, als sich der bewaffnete Pöbel, von Baschi-Bozuks angeführt, auf das Christenviertel stürzte. Jeder Mann und Knabe wurde erschlagen; mit den Frauen und Mädchen geschah theils Schlimmeres, theils wurden sie nach dem Sklavenmarkte geführt. Der Gouverneur Achmet Pascha sah ruhig zu; aber ein Anderer nahm sich der Christen an, Einer, welcher sein Leben lang gegen dieselben gekämpft hatte. Es war Abd el Kader, der algierische

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