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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Jeder von Lindsay noch ein Bakschisch, mit dem sie zufrieden sein konnten. Dann ritten sie ab.
    Erst am späten Abend hörten wir draußen den Schritt eines müden Pferdes, und als wir vor den Eingang traten, erkannten wir den zurückkehrenden Jacub Afarah. Er stieg vom Pferde, ließ dasselbe laufen, trat ein und ließ sich stumm auf den Boden nieder. Wir richteten keine Frage an ihn, bis er selbst begann:
    »Allah hat mich verlassen! Er hat meinen Verstand verwirrt!«
    »Allah verläßt keinen braven Mann,« tröstete ich ihn. »Wir werden den Dieb wieder fangen. Wir haben bereits Boten nach Tripoli, Beirut, Saïda, Zor und Akka geschickt.«
    »Ich danke Euch! Aber das wäre nicht nothwendig gewesen, wenn Allah mich nicht verlassen hätte. Ich hatte ihn ja bereits.«
    »Wo?«
    »Droben, jenseits des Dorfes Dschead. Er hatte hier in der Hast ein schlechtes Pferd genommen; ich aber bestieg dasjenige des englischen Effendi. Das war besser als das seinige, und so kam ich ihm immer näher, obgleich er einen großen Vorsprung hatte. Wir jagten im Galopp nach Norden zu und brausten durch Dschead. Ich war ihm schon so nahe, daß ich ihn fast mit der Hand erreichen konnte – –«
    »Hast Du nicht geschossen?«
    »Ich konnte nicht, weil ich die beiden Läufe bereits abgeschossen hatte. Ich fühlte mich doppelt stark in meinem Zorne; ich wollte ihn im Galopp ergreifen und vom Pferde reißen. Da kamen wir an viele Nußbäume, die am Wege standen. Er glitt vom Pferde, warf sich das Packet auf die Schulter und floh unter die Bäume. Zu Pferde konnte ich nicht folgen, darum sprang auch ich ab. Ich jagte ihn weit; aber er war einschnellerer Läufer als ich. Er lief einen Bogen, und kehrte zu der Stelle zurück, an welcher die Pferde standen. Er erreichte sie eher als ich und stieg auf des Engländers Pferd, mir aber ließ er das schlechte.«
    »Das ist fatal! Nun konntest Du ihn nicht einholen?«
    »Ich versuchte es, aber es gelang nicht mehr, und es wurde Nacht. Ich kehrte also um, fragte im Dorfe nach dem Namen desselben und bin nun hier. Allah lasse einen jeden Stein, den er mir gestohlen hat, zu einem Stein der Trübsal für ihn werden!«
    Der brave Mann war wirklich zu beklagen; sein Eigenthum zum zweiten Male zu verlieren, welches er bereits in den Händen gehabt hatte! Ich hielt es für ziemlich sicher, daß Abrahim Mamur nach Tripoli reiten werde, weil er die Richtung über Dschead eingeschlagen hatte. Da wir ihm erst in der Frühe folgen konnten, so war es unmöglich, ihn zu erreichen, ehe er dort anlangte.
    Zorniger vielleicht noch als Jacub war Lindsay. Daß dieser Spitzbube just sein bestes Pferd genommen hatte, erboste ihn im höchsten Grade.
    »Ich lasse ihn hängen, well!« sagte er.
    »Den, der Euer Pferd genommen hat?« fragte ich.
    »Yes! Wen sonst?«
    »So müßt Ihr unsern guten Jacub Afarah hängen lassen.«
    »Afarah? Den? Warum?«
    »Er hat es genommen gehabt, aber dieser Spitzbube war so klug, es ihm abzujagen.«
    »Ah! Oh! Wie so? Erzählt!«
    Ich berichtete ihm den eigentlichen Sachverhalt. Anstatt aber ihn zu besänftigen, hatte ich Öl in das Feuer gegossen. Er schnitt ein Gesicht, wie ich es noch niemals bei ihm gesehen hatte, und rief im höchsten Zorne:
    »So ist es gewesen? Schrecklich! Entsetzlich! Hat das gute Pferd und kriegt ihn nicht! Läßt sich um dieses Pferd betrügen! Yes! Well!«
    Jacub bemerkte an Lindsay’s Blicken, daß von ihm die Rede sei, und konnte sich denken, wovon wir sprachen.
    »Ich werde ihm ein anderes kaufen,« erklärte er.
    »Was will er?« fragte der Engländer.
    »Er will Euch ein anderes Pferd kaufen.«
    »Er! Mir! David Lindsay? Ein Pferd? Ah, immer besser! Erst ärgerte ich mich, daß der Spitzbube grad das beste hatte; nachher ärgerte ich mich, daß er’s nicht gehabt hat, und nun ärgert es mich, daß man David Lindsay ein Pferd schenken will. Armseliges Land! Gehe fort; fahre nach Altengland! Hier gibt es keinen klugen Menschen mehr!«
    Das schien mir auch so. Wir konnten nichts Klügeres thun, als uns niederlegen, um morgen in der Frühe zum Aufbruche gerüstet zu sein.
    Lindsay bat den Kodscha Pascha, ihm einen Mann mit zwei Miethspferden zu besorgen, was dieser auch zusagte; dann suchten wir die Ruhe.
    Es war ganz kurz nach Mitternacht, als wir durch einen Ruf geweckt wurden. Draußen stand der Kodscha mit dem bestellten Manne und mit den Thieren. Wir erhoben uns. Jacub belohnte den braven Beamten für seine Auslagen und Mühen, und dann brachen wir auf,

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