Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
aufrichtige Blick dieses Einen eine Bürgschaft der Genesung, und darum fühlt er sich bereit, ihm zu Liebe selbst das zu thun, was er sich von Anderen nie erzwingen ließe.
    Dieser Einzige ist der Deutsche. Ist dem Germanen wirklich die weltgeschichtliche Rolle zugetheilt, der Träger christlicher Humanität zu sein, so ist er sicher überzeugt, daß Mekka einst veröden wird, wenn die Liebe dem Hasse das Schwert aus der Hand gewunden hat. Oder ist es vielleicht Wahnsinn, zu glauben, daß der Türke ein Christ werden könne? Das hieße nichts Anderes, als die Macht des Evangeliums verleugnen. – – –
    Warum aber diese Einleitung? Einfach darum: Ich hasse den Türken nicht, sondern er dauert mich, weil ich ein Christ bin, und es thut mir immer wehe, wenn ich einen Türkenfresser behaupten höre, daß dem Osmanen nicht zu helfen sei. Das ist Pharisäer-Hochmuth, aber kein Christensinn. Die Streiter unserer heiligen Kirche besitzen mächtigere Waffen, als Schwerter und Kanonen es sind. Diese Waffen haben Weltreiche ohne Blut erobert. Warum soll diese Eroberung des Friedens nicht still und kräftig weiter schreiten? Das ist die Lösung der orientalischen Frage, wie der Christ sie sich denkt. – – –
    Drunten im goldenen Horn liegt die ›Bouteuse‹. Sie hat die Flügel eingezogen und sich an die Kette legen lassen. Vorher aber war sie eine gute Seglerin und zeigte sich unserem amerikanischen Klipper gewachsen, denn sie war einen vollen Tag eher als wir in Stambul angekommen.
    Als wir an das Land stiegen, war mein erster Ausflug zur ›Bouteuse‹. Der Kapitän derselben empfing mich mit der liebenswürdigen Freundlichkeit, welche den Franzosen im gesellschaftlichen Leben eigenthümlich ist.
    »Sie wünschen, mein Schiff zu besehen?« fragte er mich.
    »Nein, Kapitän; ich wünsche, mich bei Ihnen nach einem Ihrer letzten Passagiere zu erkundigen.«
    »Ich stehe zu Ihren Diensten!«
    »Es ist in Tripoli ein Mann bei Ihnen an Bord gegangen – –«
    »Ein einziger, ja.«
    »Darf ich fragen, unter welchem Namen?«
    »Ah, Sie sind Polizist?«
    »Nein, ich bin ein einfacher Deutscher; der Mann, nach dem ich frage, hat in Damaskus einem Freunde von mir sehr werthvolle Pretiosen gestohlen. Wir folgten ihm, kamen aber in Tripoli erst an, als Sie im Begriffe standen, die See zu gewinnen. Wir konnten nur in Beirut Gelegenheit finden, Ihrem Curs zu folgen. Das die Gründe meines Besuches auf Ihrem Fahrzeug.«
    Der Mann strich sich sehr nachdenklich das Kinn.
    »Ich bedauere Ihren Freund von Herzen, weiß aber nicht, ob ich Ihnen von Nutzen werde sein können, so gern ich das auch möchte.«
    »Dieser Mann ist sofort vom Bord gegangen?«
    »Sofort. Ah, da fällt mir ein, daß er einen Hammal an Bord winkte, um sich seine Sachen tragen zu lassen; sie waren nicht bedeutend, denn er hatte nur ein Packet. Ich würde diesen Hammal wieder erkennen. Der Mann nannte sich Afrak Ben Hulam.«
    »Das ist ein falscher Name!«
    »Wahrscheinlich. Kommen Sie einmal wieder an Bord. Ich will Ihnen versprechen, diesen Hammal anzureden, wenn er mir begegnen sollte.«
    Ich ging. Die Anderen erwarteten mich am Ufer. Jacub Afarah stellte sich an unsere Spitze, um uns nach dem Hause seines Bruders zu führen. Weder ich, noch Lindsay hatte die Absicht, die Gastfreundschaft desselben zu benutzen; aber uns ihm vorzustellen, das konnten wir schon wagen.
    Maflei, der Großhändler, wohnte in der Nähe der Jeni Dschami, der neuen Moschee, und das Äußere seines Hauses ließ keinen Schluß auf die Größe seines Reichthums machen. Wir wurden, ohne daß wir unsere Namen nannten, in das Selamlik geführt, wo wir nicht lange auf den Eintritt des Hausherrn warten durften.
    Er schien über den zahlreichen Besuch erstaunt zu sein; als er jedoch seinen Bruder erkannte, vergaß er ganz die dem Moslem sonst so unveräußerliche Gravität und eilte mit großen Schritten auf ihn zu, um ihn zu umarmen.
    »Maschallah, mein Bruder! Begnadigt Allah meine Augen mit wahrem Lichte?«
    »Du siehst richtig, mein Bruder!«
    »So segne Allah Deinen Eintritt und den Deiner Freunde!«
    »Ja, es sind Freunde, welche ich Dir bringe.«
    »Kommst Du in Geschäften nach Stambul?«
    »Nein. Doch davon sprechen wir weiter. Ist Isla, der Sohn Deines Herzens, in Stambul oder auf Reisen?«
    »Er ist hier. Seine Seele wird sich freuen, Dein Angesicht zu sehen.«
    »Er wird auch noch andere Freude empfinden. Rufe ihn!«
    Es vergingen einige Minuten, ehe Maflei zurückkehrte. Er

Weitere Kostenlose Bücher