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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Wurzelkeime in die dunkle Erde, die Blätterkeime aber dem Lichte der Sonne entgegentreibt. Instinct hat dann auch der Mensch, welcher tausend unwillkürliche Handlungen begeht, die mit einer berechnenden Absicht Nichts zu thun haben und Ergebnisse derjenigen Naturgesetze sind, denen er mit seinem ganzen Wesen und Leben gehorsamen muß.
    Man darf sich wohl vor der Behauptung hüten, daß das Thun des Thieres ein mechanisches, eine Gewohnheitsfolge sei; denn wenn man zugiebt, daß jedes thierische Wesen dasjenige, was es zu vollbringen vermag, erst gelernt haben muß, so fühlt man sich gleich darauf in die Nothwendigkeit versetzt, zu gestehen, daß eben das Lernen eine geistige, eine selbständige Thätigkeit und Anstrengung voraussetzt.
    Natürlich ist diese Thätigkeit bei den höher gestellten Geschöpfen eine ausgeprägtere, und darum können wir auch nur bei ihnen von einem wirklichen Character sprechen, der ein um so augenfälliger ist, je mehr die freie Selbstbestimmung hervortritt. –
    Das Eingreifen des Menschen in das Leben der Thiere ist meist ein gewaltthätiges. In den zahlreichsten Fällen steht er ihnen als Mörder gegenüber, um mit ihren Körpertheilen des Leibes Nahrung und Nothdurft zu decken und einer Menge von Industriezweigen die nöthigen Producte an die Hand zu geben. Selbst da, wo er, wie z.B. der Landmann, seine thierischen Untergebenen mit dem Namen »Nutzvieh« bezeichnet, ist sein Verfahren von der Selbstsucht geboten, laufen seine sogenannten humanen Bestrebungen auf die Rücksichten des Eigennutzes hinaus und führt seine Pflege doch nur zu einer Schädigung an der Freiheit und dem Leben der in seinem Besitze befindlichen Geschöpfe.
    Während in erster Linie hier der Jäger und der Fleischer zu nennen sind, darf das Thun und Treiben des Naturforschers ein weniger feindliches genannt werden, obgleich auch er zuweilen »den Tod im Blicke trägt.« Während bei den Andern der geschäftliche Gewinn als Triebfeder wirkt, folgt er dem edleren Wissensdurste, um die Gestaltungen einer reichbelebten Welt kennen zu lernen, die seinen Betrachtungen eine unendliche Fülle des anziehendsten Stoffes bietet.
    Unter allen Menschenkindern aber, welche dem zoologischen Leben ihr Interresse widmen, ist keines demselben so freundlich, so rücksichtsvoll und nachsichtig gesinnt wie der Dichter, welcher selbst mit dem Behemoth und Leviathan innige Freundschaft schließt, nicht ein einziges der unzähligen Würmchen in seinem Rechte kränkt und das verklärende Licht seiner Poesie selbst über das absolut Häßliche und Abstoßende fallen läßt. Er lauscht dem Zirpen der Grille wie dem Brüllen des Löwen, dutzt sich mit Mäusen und Elephanten, parlirt mit Goldfischen und Walthieren und lebt mit all diesen Creaturen auf einem Fuße, der dieselben zur größten Dankbarkeit verpflichtet. Die Ergiebigkeit seiner Phantasie ist wirklich erstaunlich und die Geschicklichkeit, seinen Schützlingen ein beredter Sachwalter zu sein, bewundernswerth. Es giebt keine schlimme That oder Eigenschaft, der er nicht eine Ursache zur Entschuldigung abzugewinnen vermag, und wo ihm auch das nicht möglich ist und er sich alle Vertheidigungsmittel aus der Hand gerungen sieht, fühlt er sich keineswegs in Verlegenheit gesetzt, sondern greift mit stets schlagfertiger Taktik zum Humore, um das allseitige »Gruseln« vor den kleinen und großen Ungeheuern in ein heiteres Lachen zu verwandeln.
     
    »Mich bizt neizwaz, waz mag daz seyn?«
     
    fragt in längst verklungener Sprache das alte Lied vom schwarzen Ritter Floh, und wer es gelesen oder gehört, muß schließlich zugestehen, daß der auf verborgenen Wegen wandelnde blutdürstige Held ein galanter Damenfreund ist, der ganz so wie die mittelalterlichen Burgherren und Edelknappen vorzugsweise dem schönen Geschlechte seine Tapferkeit und Minne widmet.
    Nur er, der Dichter, bringt das Kunststück fertig, zwei spazierengehende Löwen einander so auffressen zu lassen, daß Nichts übrig bleibt
     
    » … von den Löwen edel,
    Als nur die beiden Wedel.«
     
    Und fast noch Wunderbareres leistet er, wenn er als Arzt seine Heilmittel dem Thierreiche entnimmt:
     
    »Ein Mann, geplagt in seinem Haus,
    Riß sich die ganzen Haare aus;
    Dem heilt ich auf die kahle Stell
    Ein Stückchen schwarzes Pudellfell.
    ‘ne Sängerin litt schon lange Zeit
    An ungeheurer Heiserkeit;
    Mehlwürmer heilten diesen Fall,
    Jetzt singt sie wie ‘ne Nachtigall,«
     
    erzählt er von seinen Curen, die gar

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