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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Erwachsene mit seinen Vergnügungen spielen und mit ihnen wechseln je nach Lust, Fest und Gelegenheit, mögen die Gestaltungen des Erdenlebens dem Vergehen unterworfen sein oder scheinen – der Geist des Menschen, zur Lösung der höchsten Aufgaben geschaffen und befähigt, ist nicht ein Spielzeug in der Hand des Schöpfers und verdankt nicht sein Dasein einer Laune des Allmächtigen. Der, vor welchem »tausend Jahre sind wie ein Tag«, kennt kein Ende und das Wort seines Mundes, welches zur Erde herniederschallte, um sich hier in menschliche Gewandtungen zu hüllen, es muß klingen, leben und wirken in Ewigkeit. Jede Daseinsphase ist ein einzelner Laut dieses Wortes, und die Form nichts als der Buchstabe, durch welchen Laut und Wort dem Sinne erkennbar wird. Eine Liebe, welche ewig ist, ewig dieselbe bleibt und ewig dasselbe will, kann ihre Geschöpfe wohl in Wechsel kleiden, nicht aber sie selbst der Endlichkeit preisgeben. Der Tod ist nichts anderes, als das Ablegen des alten Kleides, um ein neues, besseres, edleres anzuziehen.
    Weg also auch mit jenem zweigehörnten, langbeschwänzten und pferdefüßigen Ungeheuer, welches »umhergeht wie ein brüllender Löwe und suchet, wen es verschlinge.« Es kommt die Zeit, in welcher das Kind dem Ammenmährchen entwachsen ist und vorurtheilsfrei über die phantastischen Gebilde früherer Anschauungen zu denken vermag. Die »ewige Liebe« und der »Mörder vom Anfang«, die, »ewige Wahrheit«, und der »Vater der Lüge«, sie können neben einander nicht sein; das Bestehen des Einen schließt das Vorhandensein des Andern streng und vollständig aus. Und eine Hölle, in welcher die Verdammten in ewigem Feuer braten, ist eine Lästerung Dessen, der seine Kinder »je und je geliebet« hat.
    Wie der irdische Vater sein Kind durch Belohnung und Strafe erzieht, so thronet auch der himmlische Vater richtend zwischen den Wolken und waltet über den Gesetzen, nach welchen der Mensch die Folgen seiner Fehler trägt. Aber wie diese Fehler und Sünden der Zeitlichkeit entsprangen, so kann auch die Strafe keine ewige sein. Ein Wesen, welches treu und unverrückt an seinen Aufgaben arbeitet und in steter Pflichterfüllung alle ihm verliehenen Kräfte zur Geltung bringt, wird sich die Befähigung für ein besseres Dasein aneignen und »geschickt sein für den Himmel«, wenn dereinst der große Schleier fällt.
    Wer dagegen versäumt, das Seinige zu thun, seine Pfunde vergräbt   und seine Kräfte vergeudet, der wird dem unnützen Knechte gleichen und zurückbleiben bei dem großen Ringen nach dem himmlischen Lichte.
    Die Lehre von der ewigen Verdammniß sucht Gott die herrlichste seiner Eigenschaften, die Liebe, zu rauben und muß der fortschreitenden Aufklärung weichen, bis sie den zukünftigen Geschlechtern nur noch als eine alte dunkle Sage durch die Tradition überliefert wird. Und die Maske welche der Irr- und Aberglaube um den »Geist der Verneinung«, den »Versucher«, geworfen, sie wird fallen und in dem Gefürchteten einen Boten Gottes entschleiern, welcher bestimmt ist, den Rathschluß der göttlichen Liebe auf dem kleinen Sterne unserer Erde auszuführen.
    Freilich werden noch lange Zeiten vergehen, ehe das echte, lautere Gold der Lehre Christi aus den umgebenden Schlacken geschieden ist; steht aber die Entwickelung der religiösen Begriffe auf diesem Punkte, so wird die Liebe ihre herrlichsten Triumphe feiern, die Stimme der Zwietracht und des Hasses wird schweigen, alle Wege werden emporführen zum Firmamente und es wird erfüllt sein die größeste und zugleich lieblichste der Verheißungen: »Es wird ein Hirt und eine Heerde werden!«
    »Wie lieblich ist Deine Wohnung, o Herr!« singt der von der Liebe in Gott begeisterte Psalmendichter. Dieses Wort ist über zweitausend Jahre alt, und noch hat sich das nicht erfüllt, was der Psalmist in prophetischem Geiste vorhergesehen. Die Erde entbehrt noch sehr jener Lieblichkeit, welche die Gotteskindschaft einst über sie ausbreiten wird, und der Sänger des Vaterunsers ist sehr berechtigt zu der Bitte:
     
    »Kommt, Engel, aus den heil’gen Höhen
    Steigt nieder zu der kleinen Erde.
    Kommt, Himmelsblumen auszusäen,
    Daß unsere Welt ein Garten Gottes werde!«
     
    Aber wenn die Liebe auch die äußeren Verhältnisse der Menschheit noch nicht durchdrungen und durchgeistigt hat, so ist ihr doch in tausend und aber tausend Herzen ein Garten errichtet, in welchem ihre Blumen duften, ihre Rosen blühen und der Geist des Friedens,

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