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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Jungfrau in der Einsamkeit ihres stillen Kämmerleins und bei der Wechsellosigkeit des ruhigen häuslichen Lebens ihren Schmerz von Tag zu Tage sich erweitern und vertiefen sieht.
     
    »O, Röslein jung, o, Röslein schön,
    Ach hätt’ ich nimmer Dich geseh’n!«
     
    klagt der zurückgewiesene Jüngling; bald aber verstummt diese Klage und der düstere Blick glänzt wieder in voller, feuriger Lebenskraft, ja, der frühere Schmerz ruft jetzt seinen spottenden Scherz heraus, und das Lied: »and’re Städtchen, and’re Mädchen« oder »Heut’ lieb’ ich die Johanne und morgen die Susanne« rächt die Untreue der Einen an allen ihren Schwestern, welche sich verlocken lassen durch den Ruf des Liebesbedürftigen und Liebesdurstigen:
     
    »Gieb mir die Hand, mein Leben,
    Komm’ auf mein Schloß mit mir!
    Hier hilft kein Widerstreben,
    Es ist nicht weit von hier.«
     
    Ohne Unterlaß dagegen nagt der Schmerz verlorener oder gestorbener Liebe im Innern der trauernden Jungfrau. Die Liebe war ihre Welt, und diese Welt ist zusammengebrochen und in Trümmer gegangen. Das Auge sieht, aber es blickt nicht mehr; der Mund spricht, aber er lächelt nicht mehr; der Fuß geht, aber er schwebt nicht mehr; das Herz klopft, aber es lebt nicht mehr, und nie ist dieser Untergang der innern Welt ergreifender geschildert worden, als in dem bekannten
     
    »Wenn sich zwei Herzen scheiden,
    Die sich dereinst geliebt,
    Das ist ein großes Leiden,
    Wie’s größer keines giebt.
    Es klingt das Wort so traurig gar:
    ›Fahr’ wohl, fahr’ wohl auf immerdar!‹
    Wenn sich zwei Herzen scheiden,
    Die sich dereinst geliebt.
     
    Da ich zuerst empfunden,
    Daß Liebe brechen mag,
    War mir’s, als sei verschwunden
    Die Sonn’ am hellen Tag.
    Es klang das Wort so traurig gar:
    ›Fahr’ wohl, fahr’ wohl auf immerdar!‹
    Da ich zuerst empfunden,
    Daß Liebe brechen mag.
     
    Mein Frühling ging zur Rüste,
    Ich weiß gar wohl warum;
    Die Lippe, die mich küßte,
    Ist worden kühl und stumm.
    Es klang das Wort so traurig gar:
    ›Fahr’ wohl, fahr’ wohl auf immerdar!‹
    Mein Frühling ging zur Rüste,
    Ich weiß gar wohl warum!«
     
    Doch wehe, wenn dieser stille, ruhige Schmerz sich in jene wilde Leidenschaftlichkeit verwandelt, welche an Allem, selbst an Gottes Gerechtigkeit verzweifelnd, gegen sich selbst und alles Bestehende wüthet und tobt:
     
    »Lisch aus, mein Licht, auf ewig aus;
    Stirb’ hin, stirb’ hin, in Nacht und Graus.
    Ich mag ohn’ ihn auf Erden,
    Mag dort nicht selig werden!«
     
    Diese, das Schwert sich tiefer und immer tiefer in den Busen stoßende Leidenschaftlichkeit gleicht jenem dunklen, mit sprühendem Funkenregen am Hochgerichte vorübersausenden Geisterrosse, auf welchem der Tod hockt und Bürgers »Leonore« unter nachrasselndem Gespensterspuke dem körperlichen und geistigen Untergange entgegenführt. Sie schreckt jedes fühlende Wesen von sich und bringt sich selbst um die Theilnahme, welche das Menschenherz so gern jedem mit stiller und muthiger Ergebung getragenen Leide zollt, und die noch nach langen Jahren ihren warmen Blick zurückwirft auf das Verscheiden eines goldenen, hoffnungsreichen Lebenstages:
     
    »Mir ist, als müßt ich weinen
    Aus tiefstem Herzensgrund;
    Dies Bild erinnert mich wieder
    An uns’re Abschiedsstund:
     
    Ich mußte Dich verlassen
    Und wußte, Du stürbest so bald;
    Ich war der scheidende Sommer,
    Du warst der sterbende Wald.«
     
    Ein alter Schriftsteller sagt: »Es giebt auf Erden kein herrlicheres, köstlicheres und begehrenswertheres Wesen, als ein braves, reines und gutes Weib, und es giebt auf Erden auch kein häßlicheres, armseligeres und abstoßenderes Geschöpf, als ein leichtsinniges, unkeusches und schmutziges Weib.« Man darf nicht Anstand nehmen, diesen Worten vollständig beizupflichten und sieht mit um so größerem Bedauern, daß die immer weiter um sich greifende Putz-, Genuß-und Vergnügungssucht sich wie ein zerstörender Rost immer tiefer in die Würde des Frauenthums einfrißt.
    Nicht unter den freundlich sorgenden und behütenden Augen der Eltern entwickeln sich jene beseligenden Gefühle, welche die Herzen für immer an einander ketten, sondern der Jüngling der Gegenwart holt sich die Auserwählte meist aus den Winkeln und Nischen der Tanzsäle und läßt die bloße Sinnlichkeit über Fragen entscheiden, welche zu den bedeutungsvollsten des ganzen Menschenlebens gehören.
     
    »D’rum prüfe, wer sich ewig bindet,
    Ob sich das Herz zum

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