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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und Muskeln, sondern ihre Thaten sind die schönen, beglückenden und beseligenden Thaten des Herzens, des Gemüthes, welche allerdings nicht mit gewaltigem Aplomp an die Außenwelt treten, dafür aber vielleicht mit mehr Erfolg an der Erfüllung der dem Menschengeschlechte zugesprochenen Aufgaben arbeiten, als die in die Oeffentlichkeit hinausposaunten Erfolge äußerlicher Ereignisse.
    Alle jene weiblichen Heldengestalten, welche nach dem Berichte der Sage und Geschichte mit kräftiger Hand eingriffen in den Gang des politischen Lebens und gar sich mit dem Säbel in der Faust in das Getümmel des Kampfes und der Schlachten stürzten oder durch blutige Thaten nach männlicher Ehre strebten, sie beschäftigen den Forscher, den Leser, den Hörer auf eine kurze Zeit, aber Bewunderung und Liebe vermögen sie nicht zu erwecken.
    Mag der Eine oder der Andere die That einer Jaël, welche Sissera erschlug oder einer Judith, welche sich zur Buhlerin erniedrigte, um ihre Hand in Blut tauchen zu können, loben und preisen, es waren doch keine Heldenthaten, sondern nichts als nackte Verbrechen. Die Thäterin hat geschichtliches und psychologisches Interesse, aber trotz desselben macht sich ein Bedauern darüber geltend, daß mit solchen Vorzügen ausgestattete Frauen ihr eigenstes, inneres Wesen verläugneten und Thaten verrichteten, denen wenn auch keine äußerliche, doch desto sicherer eine innerliche Strafe folgte. Judith, jene dunkelglühende, mächtig-prächtig- nächtige Erscheinung, welche wohl geeignet ist, die Sinne zu bethören und die Herzen zu berücken, sie geht einsam durch das Leben und findet Niemanden, der sie begehren und erhören will:
     
    »›Wo ist ein Herz, das um mich wirbt?
    Das meine glüht, doch einsam stirbt
    Die Rose von Bethul.‹
     
    Hingebung heißt des Weibes schönstes Thun!« Dieses Wort dringt tief in das innerste Wesen des Weibes ein, öffnet uns das Verständniß für   so manches scheinbar Unverständliche, entschleiert die süßesten Geheimnisse des Frauenherzens und löst so manches Räthsel, vor welchem der Geschichtsforscher, der Psycholog, der Richter erfolglos gestanden haben. Die Hingabe ist nicht eine einzelne Eigenschaft, sondern sie ist das Wesen des Weibes selbst; auf sie haben alle Gedanken, alle Gefühle, alle Entschließungen und Thaten Bezug und nur sie allein ermöglicht die Triumphe, welche eine anziehende Weiblichkeit selbst über das festeste und verschlossenste Mannesherz zu erringen vermag.
    Diese Hingebung kann sich bis zur größten Aufopferung steigern, und hier leistet das Weib Höheres und Bewundernswertheres als der Mann. Hier öffnet sich das Feld, auf welchem das Weib seine Heldenthaten verrichtet und in jenem »schlichten Heldenthum« erstarkt, welches oft den unerschrockensten Mannesmuth überragt.
    Ein an die Seite eines ungeliebten Mannes gefesseltes Weib kann sich täglich, ja stündlich einer That rühmen, welche in das Gebiet des Heldenthumes gehört, und mancher Mann nimmt von seiner Frau Gaben in Empfang, auf welche er kaum achtet, da sie ihm klein und unbedeutend erscheinen, die aber trotzdem sich mit den größesten Beweisen seiner Liebe messen dürfen.
    Das Weib lebt nur in ihrer Liebe. Der Geliebte ist ihr Alles; sie glaubt ihm, sie vertraut ihm, sie bewundert ihn, sie findet sogar seine Schwächen liebenswürdig und schließt sich mit all’ ihrem Sehnen und Verlangen, all’ ihrem Hoffen und Wünschen an ihn, gerade so,
     
    »Wie sich liebend die Liane
    Bis zum hohen Gipfel rankt
    Um die mächtige Banane,
    Die im Sturme nimmer wankt,«
     
    und der Mann umfaßt sie mit starkem Arme, schützt, trägt, behütet und bewacht sie als das beste, das köstlichste Kleinod, welches das Schicksal ihm in die Hände gelegt und das er an sein Herz nahm mit dem zärtlichen Versprechen:
     
    »Ich will Dich auf den Händen tragen
    Und Dir mein ganzes Leben weihn;
    Ich will in Deinen Erdentagen
    Dir stets ein treuer Engel sein!«
     
    Ehre und Pflicht stehen dem Manne höher als die Liebe; deshalb   kann eine unerhörte oder unglückliche Liebe auf ihn nicht so tief eingreifende Folgen äußern, wie bei dem Weibe, welches nichts Höheres kennt, als die Sympathie, welche ihr Glück und Leben von der Vereinigung mit dem geliebten Gegenstande abhängig macht. Er findet in der Arbeit seines Berufes, in dem Drängen des immer vorwärts rauschenden und ihn mit fortreißenden Lebens Zerstreuung und dadurch Vergessenheit seines Herzenskummers, während die

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