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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Lebenskraft, ein körperliches und geistiges Siechthum, welches der Mann zwar nicht bewundern und vertheidigen kann, aber doch mit inniger Theilnahme betrachten muß. Schiller hat in seinem »Ritter Toggenburg« dieses Hinsterben meisterhaft geschildert:
     
    »Und so saß er viele Tage,
    Saß viele Jahre lang,
    Harrend ohne Schmerz und Klage,
    Bis das Fenster klang,
    Bis die Liebliche sich zeigte
    Und das theure Bild
    Sich in’s Thal hernieder neigte,
    Ruhig, engelsmild. –
    Und so saß er, eine Leiche,
    Eines Morgens da;
    Nach dem Fenster noch das bleiche,
    Stille Antlitz sah.«
     
    Diese Gewalt des Einflusses, welche der Liebe gegeben ist und den Mann zu den kühnsten Thaten, aber auch zu den beklagenswerthesten Verirrungen führen kann, erweist sich nicht blos im gewöhnlichen und alltäglichen Leben, sondern hat auch tief in den Gang der Geschichte, der Politik   mit eingegriffen, und fragen wir, welche Eigenschaft des Weibes es ist, die solche Wirkungen hervorzubringen vermag, so finden wir die Meinung, welche sie der bloßen körperlichen Schönheit zuschreibt, nicht bestätigt. Vielmehr ist es der Liebreiz, welchen selbst minder schöne Frauen besitzen können, die Liebenswürdigkeit, die der Seele, dem Herzen entspringt und den Körper in allen seinen Beziehungen durchgeistigt, verschönt und veredelt. Ein englischer Autor schreibt über sie:
    »Sie liegt nicht im Perlpuder, noch in goldener Haarfarbe, noch in Juwelen. Man kann sie in keiner Flasche oder Büchse erhalten. Es ist angenehm, schön zu sein; aber alle Schönheit ist doch nicht Liebenswürdigkeit. Es giebt eine höhere Schönheit, welche uns zärtliche Liebe einflößt. Augen, Nase, Haar oder Teint thun das noch nicht, obgleich es angenehm ist, schöne Gesichtszüge zu sehen. Was man ist, das entscheidet, ob uns die Natur hübsch oder schön gebildet. Gute Menschen sehen niemals unliebenswürdig aus. Wie immer die Gesichter sein mögen, ein freundlicher Ausdruck versöhnt Alles. Sind sie dazu noch heiter, so wird sie Niemand weniger lieben, weil die Gesichtszüge nicht regelmäßig sind oder weil sie zu fett, zu hager, zu bleich oder zu dunkel gefärbt erscheinen. Die Cultur des Geistes giebt den Gesichtern einen neuen Reiz, und wenn ein Mädchen geliebt werden will, liegt das mehr in ihrer Gewalt, als Tausende es ahnen. Weder kosmetische Mittel, noch Toilette entscheiden; aber eine liebenswürdige Dame wird sich immer nett und mit Geschmack kleiden. Erzwungenes Lächeln und affectirte Freundlichkeit helfen nichts; man muß gut fühlen, nicht neidisch, nicht launisch sein, wenn es möglich ist, und man wird Liebe einflößen. Dann tritt ein Ausdruck in die Züge, der oft die Rosen der Jugend ersetzt und dem Weibe nicht nur einen Gatten gewinnt, sondern einen Liebenden für Zeitlebens.«
    Die Lieblichkeit der äußeren Erscheinung ist nur da zu finden, wo die von der Natur gespendeten Eigenschaften ohne künstliche Nachhülfe in ihrer anziehenden Wirkung zur Geltung kommen. Die Mode mag auf dem Felde des Handels, der Gewerbe und Industrie noch so Vieles und Gutes erzielen, nie wird es ihr gelingen, einem gleichgültig lassenden Körper jene Reize zu verleihen, die mit magnetischem Zauber ihre Fesseln um Denjenigen schlagen, welcher sich ihnen hingiebt. Die Anwendung kosmetischer Mittel führt zur Lüge, zum Betruge, indem sie scheinbar Gaben verleiht, welche in Wirklichkeit nicht vorhanden sind. Keiner Kunst, und sei sie noch so raffinirt, wird es gelingen, den   Mangel natürlicher Körpervorzüge zu ersetzen, und jede durch geborgte Schönheiten erfolgte Eroberung wird, wohl oder übel, zur Enttäuschung und zum Verluste führen.
    Und nun werfe man einen Blick auf die Gestalten der gegenwärtigen Damenwelt, welche die Gaben der Natur nach Gesetzen behandeln, die ihnen ihre Schönheit rauben und durch die offen zur Schau getragene Anwendung von Verfälschungen nicht nur diesen Fehler vollständig auszugleichen, sondern auch die Macht zu besitzen meinen, die Natur zu corrigiren und zu übertreffen! Ein geistreicher Schriftsteller äußert darüber:
    »Heutzutage ist es fast unmöglich, das Alter einer Dame genau zu bestimmen; denn die Toilette mit ihren Wundern macht bestimmte Behauptungen, wenn nicht der Geburtsschein alle Vermuthungen mitleidslos abschneidet, ungemein schwierig. Unsere heutige Damentoilette schlägt der Natur ein Schnippchen nach dem andern; sie weiß nicht nur Schäden zu bedecken, sondern man möchte nach manchen Proben

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