Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
Dinge verborgen hast, die eine Braut in Entzücken versetzen würden?«
»Und wenn ich dir etwas davon geben wollte, würde ich es wiederbekommen, wenn Hanneh nicht mehr dein Weib ist?«
»Du mußt es wieder fordern!«
»Das ist nicht Sitte bei uns Franken. Aber weil du mir tausendfältige Zinsen in Aussicht stellst, so werde ich nachher das Säckchen öffnen und sehen, ob ich etwas für dich finde.«
Da richtete er sich erfreut im Sattel empor.
»Sihdi, du bist der weiseste und beste Effendi, den Allah erschaffen hat. Deine Güte ist breiter als die Sahara, und deine Wohlthätigkeit länger als der Nil. Dein Vater war der berühmteste, und der Vater deines Vaters der erhabenste Mann unter allen Leuten im Königreiche Nemsistan. Deine Mutter war die schönste der Rosen, und die Mutter deiner Mutter die lieblichste Blume des Abendlandes. Deine Söhne mögen zahlreich sein, wie die Sterne am Himmel, deine Töchter wie der Sand in der Wüste, und die Kinder deiner Kinder zahllos wie die Tropfen des Meeres!«
Es war ein Glück, daß wir jetzt das Lager erreichten, sonst hätte seine Dankbarkeit mich noch mit allen Töchtern der Samojeden, Tungusen, Eskimos und Papuas verheiratet. Was das Ledersäckchen betrifft, welches er erwähnt hatte, so enthielt es allerdings verschiedenes, was sich ganz vortrefflich zu einem Geschenk für ein Beduinenmädchen eignete. Der Kaufmannssohn Isla Ben Maflei nämlich hatte, als unsere Nilfahrt beendet war und wir voneinander in Kairo schieden, es sich nicht nehmen lassen, mich mit einer Sammlung von Dingen auszurüsten, die auf meinen weiteren Wanderungen als Geschenke dienen konnten, um mir dadurch Gefälligkeiten zu erwerben. Es waren lauter Gegenstände, welche nicht viel Platz wegnahmen und dabei an sich zwar keinen allzu großen Wert besaßen, bei den Bewohnern der Wüstenländer aber zu den größten Seltenheiten gehörten.
Während unserer Abwesenheit war eines der Zelte geräumt und für mich hergerichtet worden. Als ich von demselben Besitz genommen hatte, öffnete ich den Ledersack und nahm ein Medaillon hervor, unter dessen Glasdeckel ein kleines Teufelchen sich künstlich bewegte. Es war ganz auf dieselbe Weise gearbeitet, wie zum Beispiel die Manschettenknöpfe mit künstlichen Schildkröten und hing an einer Kette von Glasfacetten, die bei Licht oder Feuerschein in allen Regenbogenfarben funkelten. Der Schmuck hätte in Paris gewiß nicht mehr als zwei Francs gekostet. Ich zeigte ihn Halef.
Er warf einen Blick darauf und fuhr erschrocken zurück.
»Maschallah, Wunder Gottes! Das ist ja der Scheïtan, den Gott verfluchen möge! Sihdi, wie bekommst du den Teufel in deine Gewalt? La illa illa Allah, we Muhammed resul Allah! Behüte uns, Herr, vor dem dreimal gesteinigten Teufel; denn nicht ihm, sondern dir allein wollen wir dienen!«
»Er kann dir nichts thun, denn er ist fest eingeschlossen.«
»Er kann nicht heraus, wirklich nicht?«
»Nein.«
»Kannst du mir das bei deinem Barte versichern?«
»Bei meinem Barte!«
»So zeige einmal her, Sihdi! Aber wenn es ihm gelingt, heraus zu kommen, so bin ich verloren, und meine Seele komme über dich und deine Väter!«
Er faßte die Kette sehr vorsichtig mit den äußersten Fingerspitzen, legte das Medaillon auf den Erdboden und kniete nieder, um es genau zu betrachten.
»Wallahi – billahi – tallahi – bei Allah, es ist der Scheïtan! Siehst du, wie er das Maul aufreißt und die Zunge hervorstreckt? Er verdreht die Augen und wackelt mit den Hörnern; er ringelt den Schwanz, droht mit den Krallen und stampft mit den Füßen! O jazik – wehe, wenn er das Kästchen zertritt!«
»Das kann er nicht. Es ist ja nur eine künstlich verfertigte Figur!«
»Eine künstliche Figur, von Menschenhänden gemacht? Effendi, du täuschest mich, damit ich Mut bekommen soll. Wer kann den Teufel machen? Kein Mensch, kein Gläubiger, kein Christ und auch kein Jude! Du bist der größte Taleb und der kühnste Held, welchen die Erde trägt, denn du hast den Scheïtan bezwungen und in dieses enge Zindangesperrt! Hamdulillah, denn nun ist die Erde sicher vor ihm und seinen Geistern, und alle Nachkommen des Propheten können jauchzen und sich freuen über die Qualen, die er hier auszustehen hat! Warum zeigst du mir diese Kette, Sihdi?«
Gefängnis.
»Du sollst sie deiner Braut zum Geschenk machen.«
»Ich – –?! Diese Kette, welche kostbarer ist, als alle Diamanten im Throne des großen Mogul? Wer diese Kette besitzt, der wird
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