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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nimmt, oder auch den linken Backen zu bieten, wenn man einen Streich auf den rechten bekommt, aber diese Selbstbeherrschung dem Feinde, dem Widersacher gegenüber, ist die beste Waffe, ihn zu schlagen und zu besiegen, wie ja auch Christus sagt: »Auf daß du feurige Kohlen auf sein Haupt sammelst.« David hatte seinen größten Feind, den König Saul, mehrere Male in seiner Gewalt und konnte ihn tödten; er besiegte ihn durch Edelmuth und hatte es in der Folge nicht zu bereuen. So ist es auch im gewöhnlichen Leben. Nichts ringt dem Hasse und Zorne die Waffe so schnell aus der Hand, wie die Sanftmuth, welche »nicht wieder schilt, wenn sie gescholten wird, sondern es dem anheimstellt, der da recht richtet.«
    Eine Liebe, welche sogar sich auf den Feind richtet und also sich über die ganze Menschheit erstreckt, kann nicht gleichzeitig über alles Dasjenige hinweg gehen, was mit der Menschheit in Verbindung oder in Beziehung zu ihr steht. Das dem Menschen nächststehende Geschöpf ist das Thier. Den durch ihren Nutzen hervorragendsten unter ihnen hat er die Erlaubniß gegeben, in seiner unmittelbaren Nähe zu leben, und verwendet auf sie eine Sorgfalt, wie sie ihrem Werthe für ihn entsprechend und erforderlich ist. Sie leben unter seinem Dache, nehmen Theil an seiner Haushaltung, gehören zu seiner Wirthschaft, sind Hausthiere geworden. Bei diesem unmittelbaren Zusammenleben und dem für ihn daraus hervorgehenden Vortheile muß er ihnen seine Theilnahme widmen.
    Zwar stehen auch hier Liebe und Egoismus eng neben einander; aber in tausend Fällen weiß doch die erstere sich über den letzteren zu erheben, und gar manches Thier, welches für seinen Herrn gearbeitet hat, genießt Pflege und Gnadenbrod auch zu der Zeit, in welcher seine Kräfte nicht mehr ausreichen für die Anstrengungen der Arbeit.
    Auch die heilige Schrift hat sich des Thieres angenommen. »Du sollst dem Ochsen, der da drischt, das Maul nicht verstopfen,« gebietet   Moses, und das Wort »von dem Sehnen der todten Kreatur« will das Interesse des Menschen sogar noch weiter ausdehnen.
    Das Thier hat seine Berechtigung nicht nur zum bloßen Leben, sondern auch zum persönlichen Wohl befinden, und hier ist es, wo uns eine Erscheinung entgegentritt, der wir unsere Anerkennung unmöglich versagen können. Soweit die Bildung und Gesittung ihre Flügel über die Länder der Erde schlägt, so weit begegnen wir auch Vereinigungen von Männern, welche es sich zur Aufgabe gemacht haben, die unter der Grausamkeit ihrer Herren leidenden Thiere in Schutz zu nehmen, und sogar die Gesetzgebung hat sich dieses Gegenstandes bemächtige, um dieser Humanität den gehörigen Nachdruck zu geben und die wehrlosen Geschöpfe vor der Brutalität ihrer Besitzer zu schützen.
    Nicht zu verwechseln mit der Liebe zu den Thieren ist die Liebhaberei für gewisse Arten derselben. Zwar hat diese ihre vollständige Berechtigung in den Verhältnissen und Neigungen des Menschen, aber gar leicht geht sie über die ihr zustehenden Grenzen hinaus und gewährt dem Thiere eine Rücksicht und Aufmerksamkeit, welche sie dem Nebenmenschen verweigert. Besonders ausgeprägt finden wir sie bei solchen Personen, welche Ursache zu haben glauben, auf den näheren Umgang mit Menschen zu verzichten, und in Folge dessen ihre Theilnahme niedriger stehenden Geschöpfen zuwenden, bei alten Jungfern und Junggesellen oder Wittwern und Wittwen. In Folge dessen befindet sich ein Affe, Papagei, ein Hund oder eine Katze oft in einer Lage, wie sie sich dem bravsten und fleißigsten Arbeiter nicht bietet, und tausende von armen Kindern wird nicht die Pflege und Wartung geboten, wie sie ein solches Thier genießt.
    Eigentlich ist die Liebe zum Thiere schon eine Art der Liebe zur Natur obgleich sich diese letztere lieber gegen die Gesammtheit der irdischen Erscheinungen richtet als gegen einzelne Gegenstände. Thut sie es dennoch, so sind von ihr meist die Pflanzen bevorzugt, und diese Neigung hat neben ihrem ästhetischen Character noch den Vorzug, daß sie das Leben verschönt und die Nebenmenschen nicht in ihrem Rechte kränkt. Es liegt etwas Zartes und ungemein Rührendes in dem Bestreben, den Keim eines Pflanzenlebens zur Entwickelung zu bringen und in der Tiefe des schwellenden Kelches das geheimnißvolle Walten und Wirken einer duftenden Blumenseele zu belauschen.
    Freilich bemächtigt sich der Kinder Flora’s auch die Liebhaberei, und   es ist vorgekommen, daß z.B. für eine einzige Tulpenzwiebel ein

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