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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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oder weniger an den Tag tretend, die meisten Freundschaften unter Menschen schließt, wie ja Liebe und Egoismus, trotz ihrer großen Verschiedenheiten, in tausend Beziehungen einander ähnlich sind und sogar innig in einander verfließen, sodaß eine Grenze zwischen ihnen gar nicht gezogen zu werden vermag. Nur der wirklich gebildete Mann wird einer Freundschaft fähig sein, welche ihn über die Rücksichten der Selbstsucht erhebt und zur Opferung seiner eigenen Interessen bereit macht.
    Das schönste Beispiel dieser Art von Freundschaft ist dasjenige von David und Jonathan, dem Königssohne; Freundschaft war es auch, welche Christus hinzog zu Johannes, seinem »Lieblingsjünger«, die Freundschaft zwischen Kastor und Polydeukes, den beiden Griechen, hat ihr Bild sogar den Sternen gefunden. Ueberhaupt war die Freundschaft im Alterthum unter besonders geachtet bei den Griechen und Scythen (Germanen). Besonders waren es die älteren heroischen Zeiten, welche sich durch die großartigsten und zur Aufopferung bereiten Freundschaftsbündnisse auszeichneten. Man vereinigte sich zur Ausführung von Großthaten, deren Gelingen nur durch das engste Aneinanderschließen und Zusammenwirken möglich war.
    Dann später, wo ein tyrannischer Herrscher in einem Staate regierte,   verbanden sich Männer von gleicher Gesinnung und gleichen Gefühlen, um das geknechtete Volk zu rächen und die Freiheit aus ihren Ketten zu erlösen. Die Philosophie der Alten nahm sich der Freundschaft auf das Wärmste an. Pythagoras wird der »erste Gesetzgeber der Freundschaft« genannt; seine Schule wurde so reich an Herzensbündnissen, daß man dieselben »pythagoräische Freundschaften« nannte. Aristoteles widmete der Freundschaft zwei Bücher der Ethik (das achte und das neunte), und Cicero schrieb ein eigenes Buch: » De amicitia. « Ebenso verfaßte von den späteren Griechen Lucian den Toxaris, worin er einen Wettstreit zwischen einem Griechen und Scythen (Marsippus und Toxaris) darstellt, welches Volk höhere Begriffe und schönere Beispiele echter und wahrer Freundschaft aufzuweisen habe.
    Bei den Germanen wurde die Freundschaft auf Leben und Tod häufig zwischen ganzen Gesellschaften geschlossen. Ein Beispiel hierzu sind die sogenannten »Blutbrüderschaften«, eine Sitte, welche dem ganzen Germanenthume bis hinauf nach Island eigen war. Man verband sich auf Leben und Tod so, daß die Verbundenen für einander wegen erlittener Beleidigung Blutrache nahmen und daß, wenn Einer starb oder fiel, der Andere sich selbst das Leben nahm. Beim Schließen einer Blutbrüderschaft knieten die Betreffenden auf die mit ihrem Blute benetzte Erde und schwuren, einander die Hände gebend, bei allen Göttern, sich einander wie Brüder zu halten und zu rächen. Auch bei den slavischen Völkern fand sich diese Sitte vor, und in Dalmatien wurden Blutbrüderschaften noch zu Ende des vorigen Jahrhunderts an christlichen Altären geschlossen. Ebenso schließen die Dajaks auf Borneo ähnliche Verbindungen unter Vermittelung eines Priesters, welcher ihnen Blut abläßt und gegenseitig davon zu trinken giebt.
    Unter anderen Verbrüderungen ist besonders der Bund der Freimaurer zu erwähnen, welcher eine die ganze Erde umfassende Ausbreitung gefunden hat. Bei Ausschließung aller politischen und kirchlichen Zwecke und Achtung der bestehenden Staatseinrichtungen und Gesetze erstreben die Versammlungen der Maurer nur rein Menschliches. Für alles Gute angeregt, sollen die Brüder als bessere Menschen in die Außenwelt zurücktreten und an allem Edlen regen Antheil nehmen.
    Die eigentliche Freundschaft, den Bund zweier Herzen für das Leben, findet man wohl nicht in so massenhaften Verbrüderungen, sondern mehr   und vorzüglich im Einzelleben. Die Geschichte ist reich an eclatanten Beispielen wahrer Freundschaft; besonders gern verzeichnet sie die Freundschaften berühmter Fürsten und Geistesgrößen; einen wirklichen Werth aber gewinnt die Freundschaft in den Alltäglichkeiten des gewöhnlichen Lebens, wo im Kampfe mit den Widerwärtigkeiten der Verhältnisse der Rath und die mithelfende That eines Gleichgesinnten und das selbst im Unglücke treue Aushalten eines wahlverwandten Geistes von unendlichem Werthe ist und die Last erleichtert, welche des Lebens Sorge und Leid dem Menschen auferlegt.
     
    »Wem der große Wurf gelungen,
    Eines Freundes Freund zu sein,«
     
    der hat von einem großen Glücke zu sagen; denn, so viel von Freundschaft gesprochen wird, die

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