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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Frauencharacter aufzugeben, ebenfalls Männer werden, d.h. zwei Rollen auf einmal übernehmen, einen doppelten Beruf ausüben, die Menschheit in ihrer zweifachen Erscheinung darstellen könnten. Die Frau ginge uns dabei verloren, ohne ein Mann zu werden. Dafür aber würden wir dieses mißgestaltete Etwas, dieses abstoßende Wesen erhalten, welches bereits in unserem Gesichtskreise auftaucht. Das Erscheinen des Mannweibes ist mehr als eine Drohung, ist es beinahe eine vollendete Thatsache. Sein Vorläufer ist die burschenhaft auftretende Jungfrau; sie wird Zeitungen redigiren, Reden einstudiren, Wahlumtriebe machen; zum Streite in Wort und Schrift stets gerüstet, ebenso sehr Pedant wie Politiker, wird sie durch unsanfte Berührung bald die schamhafte Zurückhaltung, welche zugleich die Anmuth und den Schutz ihres Geschlechtes ausmacht, abgestreift haben; mit dem weiblichen Reize wird unsere Achtung schwinden, und da wir es nur noch mit Männern zu thun haben, werden wir roh und lümmelhaft werden.
    Wer sollte uns die feine Gesittung lehren, gegen wen brauchten wir Rücksichten zu üben, wozu unserm Wohlbehagen das geringste Opfer auferlegen? Die Sitten werden sich ihrer Geschmeidigkeit entkleiden, der Verkehr wird kalt und schroff werden, der wahre Anstand, die echte Feinheit, die gute Sitte – lauter Dinge, die unter dem Auge der Frau gepflegt wurden, werden verschwinden, sobald es keine Frauen mehr giebt. Der Schutzengel senkt seine Flügel, das Haus steht öde und jedem Widerstande preisgegeben, ein Gegenstand ohne Namen, den man mit Entsetzen flieht.«
    So weit Gasparin!
    Der vortreffliche und geistreiche Verfasser des Buches » La famille « hält auch hierbei seinen Blick vor Allem auf die Familie gerichtet, ein Umstand, welcher seinen Auseinandersetzungen keineswegs wohl zum Schaden gereichen wird. Das Weib in der Familie ist ihm eben das Weib in seiner ernährenden Eigenschaft, und selbst wenn wir die Möglichkeit zugeben wollten, daß die Familie nichts Unvergängliches wäre, daß eine spätere Zeit eine andere Form des geschlechtlichen Beisammenlebens schaffen könne, so würde doch eben nur die Form geändert sein. Jenes tiefe und innige Zusammenhalten der einzelnen Familienglieder,   welches in der Natur eines jeden einzelnen Menschen begründet ist, wirft seinen verklärenden Schein sogar auf leblose Dinge und Gegenstände, wie Eliza Cook in ihrem »alten Lehnstuhle« so schön ausführt:
     
    »Ich lieb’ ihn! ich lieb’ ihn! – Wer schmälte mir
    Zu lieben den alten Lehnstuhl hier?
    Ich hab’ wie ein Kleinod geheget ihn lang,
    Mit Thränen benetzt und umseufzet bang;
    Verknüpft sind wir uns tausendfach,
    Keine Bande bricht, keine Fessel giebt nach;
    Und fragt ihr warum? – Eine Mutter saß hier,
    Und ein Heiligthum ist der Lehnstuhl mir!
     
    In Tagen der Kindheit saß ich nah’
    Dem geweihten Orte versunken da,
    Wenn die Mutter in Worten lieb und hold
    Mich lehrt’ wie ich leben und sterben sollt’,
    Nie treffe, verhieß sie, uns Schmach und Spott,
    Wenn die Wahrheit uns Richtschnur und Lenker uns Gott;
    Sie lehrte mich lispeln mein frühstes Gebet,
    Das ich knieend am alten Lehnstuhl gefleht.
     
    Wie hab’ ich so liebend nach ihr geschaut,
    Als matter ihr Blick ward, ihr Auge ergraut’;
    Wie der Heiligen eine lächelte lind’
    Von der Bibel sie auf, zu segnen ihr Kind.
    Und Jahre vergingen… ein letztes kam,
    Das zurück einen Engel zum Himmel nahm;
    Was ein Herz ertragen kann, lernt’ ich da,
    Als ich sterben im alten Lehnstuhl sie sah!
     
    Vorüber! Vorüber! – Doch denk’ ich der Zeit
    Mit stockendem Odem, mit brennendem Leid;
    Dort war’s wo sie liebte, dort wo sie entschlief,
    Und Erinnerung glühet wie Lava tief.
    Ja! heißt es nur Thorheit, von Schwäche klagt,
    Wenn glühend sich Thräne mit Thräne jagt,
    Doch ich lieb’ ihn, ich lieb’ ihn – zu keiner Frist
    Mein Herz einer Mutter Lehnstuhl vergißt!«
     
    und in der Tiefe und Innigkeit dieses Zusammenhaltens scheint die Gewähr zu liegen für das unveränderte Fortbestehen der Familie. Und sollte die Form eine Veränderung erleiden, so bleibt doch das Princip dasselbe, und der zu Grunde liegenden Bedeutung nach ist es gleichgültig, ob ich sage: legt nicht Hand an die Familie, oder: legt nicht Hand an das Weib in seiner ernährenden Eigenschaft! Dieser letztere Ausdruck hebt nur das Verhältniß, auf das es meines Erachtens nach vor Allem ankommt, am schärfsten und bezeichnendsten hervor; er läßt weniger

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