1675 - Der Kopfjäger
Bewaffnete Männer bildeten einen Kreis um den Einstieg. Suko trat ins Licht. Zwei Leuchten verstreuten es. Eine dritte war auf den Einstieg gerichtet. Sie stand so schräg, dass ihr Schein den Boden erreichte und dort wegen der Feuchtigkeit ein helles Schimmern hinterließ.
Der Einsatzleiter nickte Suko zu. Er war ein hagerer Mann mit dunklen Augen. Dann sagte er: »Ich denke, dass uns die Gestalt nicht mehr entkommen kann.«
»Was macht Sie so sicher?«
»Das kann ich Ihnen sagen.« In der Stimme schwang ein leichter Triumph mit. »Wir haben alle anderen Ein- und Ausstiege in diesem Viertel unter Kontrolle. Wir gehen davon aus, dass sie irgendwo hochkommen muss.«
»Kann sein. Aber es gibt sicher noch andere Fluchtwege.«
»Das ist leider wahr.«
Suko schaute in das helle Loch. Er sah die Sprossen einer Leiter, deren Stahl dort glänzte, wo kein Rost zu sehen war.
»Und Sie wollen wirklich dort hinunter, Suko?«
»Ja, sonst wäre ich nicht hier.«
»Und allein?«
»Auch das. Oder wollen Sie mit?«
»Nein, nein, das ist nicht mein Ding, und ich weiß auch nicht, ob ich an das Monster glauben soll.«
»Warum nicht?«
»Weil ich es noch nicht mit eigenen Augen gesehen habe. Das ist es. Ich glaube nur das, was ich mit den eigenen Augen sehe. Und ich weiß auch, dass Menschen des Öfteren überreagieren. Die können sehr schnell hysterisch werden.«
»Da haben Sie schon recht.« Suko stellte eine Frage, die für ihn wichtig war. »Können Sie mir in wenigen Sätzen erklären, was mich dort unten erwartet?«
»Ja, das kann ich. Unten ist es wie oben, wenn Sie verstehen. Da in der Tiefe gibt es auch Straßen, Kreuzungen, Abzweigungen und so weiter.«
»Das ist mir bekannt, ich möchte nur wissen, wie es hier unten genau aussieht.«
»Da haben Sie Glück. Es gibt nicht so viele Möglichkeiten, um zu verschwinden…«
Suko hörte zu, was man ihm sagte. Mit einem knappen Nicken bewies er, dass er alles verstanden hatte, und machte sich dann an den Abstieg. Er stieg auf die Leiter, die nur aus in der Wand befestigten Sprossen bestand. Da sie jedoch blanke Stellen aufwiesen, ging er davon aus, dass sie öfter benutzt wurden. Als er mit vollem Gewicht auf der ersten Sprosse wippte, stellte er fest, dass sie ihm Widerstand entgegensetzte und nicht unter ihm nachgab.
Noch erfasste ihn das Licht. Er kletterte weiter und hielt seinen Kopf dabei gesenkt, weil er auf keinen Fall durch das Licht geblendet werden wollte. Meter für Meter ging es in die Tiefe. Die frischere Luft des späten Abends verschwand allmählich, denn aus der Tiefe wehte ihm zwar kein Gestank entgegen, aber etwas Feuchtes, das zudem noch roch wie altes Wasser.
Als er den Boden erreichte, stand er nicht im Dreck oder feuchtem Schlamm, sondern auf einem harten Untergrund. Seine Lampe brauchte er noch nicht einzusetzen, die Helligkeit von oben reichte aus, um sich zu orientieren. Zwei Möglichkeiten standen zur Wahl. Er konnte einmal den Gang nach links gehen oder sich für die entgegengesetzte Richtung entscheiden. Das sah alles nach einem Glücksspiel aus. Bevor sich Suko entschied, suchte er den Boden nach Spuren ab. Es war durchaus möglich, dass der Flüchtling welche hinterlassen hatte.
In der Tat entdeckte er etwas. Es waren zwar keine Fußabdrücke, aber schon Hinweise darauf, dass sich der Flüchtende nach links gewandt hatte, denn auf dem Boden waren Rutschspuren zu erkennen, die bei einer scharfen Drehung hinterlassen worden waren. Suko dachte nicht nur an sich. Er wollte die Information dem Einsatzleiter weitergeben und rief seine Botschaft in die Höhe, damit der Mann wusste, welche anderen Ausstiege er besetzen musste.
»Danke für die Information und viel Glück!«
Suko winkte kurz, dann machte er sich auf den Weg und tauchte ein in diese andere Welt unter der Stadt.
Es war ein riesiges Gebiet, das hier durchwandert werden konnte. Manche Viertel waren alt und baufällig, andere wiederum renoviert, und eigentlich wurde man mit den Arbeiten in dieser Unterwelt nie richtig fertig.
Suko hatte einen der breiteten Hauptwege erwischt, die auch beleuchtet waren. So konnte er auf seine Taschenlampe vorerst verzichten. Unter der Decke waren die Lampen angebracht und durch Gitter geschützt. Wer sich hier fortbewegen wollte, musste sich an die Gehwege an den beiden Seiten halten.
Sie waren uneben, manchmal auch mit Löchern versehen, die von herausgerissenen Steinen hinterlassen worden waren. In der Mitte lief der Kanal entlang. Bei
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