Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
Unklarheit aufkommen, als wenn ich die Vorstellung der Familie erst dazwischenschiebe, und bezeichnet einfacher die Richtung, der sich unsere Betrachtung vor Allem zuwenden sollte.
Am ehesten ist wohl hinsichtlich der beanspruchten Antheilnahme am politischen Leben zu der Einsicht und Ueberzeugung zu gelangen, daß dieselbe in der That mit dem natürlichen Berufe des Weibes in der hier immer festgehaltenen Bedeutung des Wortes unverträglich ist, daß dieselbe die unentbehrlichste Leistungsfähigkeit desselben in dieser Richtung schmälern und mehr oder minder aufheben müßte, und daß die Oeconomie im Welthaushaltungsplane, wie wir sie vorläufig noch begreifen und verstehen, ein solches gefährliches Experiment noch nicht verträgt. Aber der gleiche Gesichtspunkt findet natürlich, da es sich hierbei um ein Grundverhältniß in der Stellung des Weibes handelt, Anwendung auf die unendlich viel ernsthaftere, verwickeltere und schwierigere Seite der Frage, welche einerseits die Arbeit und andererseits die Erziehung der Frau betrifft.
Die Schwierigkeit ist deshalb so ganz anderer und viel ernsthafterer Art, weil sich den hier entstehenden Forderungen kein radikales Veto wie auf politischem Gebiete entgegensetzen läßt, sondern es sich hierbei auf die Untersuchung von Fall zu Fall handelt. Wir können und müssen, wenn wir den Blick auf das Ganze gerichtet halten, wozu wir als Gesetzgeber verpflichtet sind, die politischen Forderungen der Frau a limine abweisend behandeln, aber wir haben bei der Frage der Erwerbsfähigkeit des weiblichen Geschlechtes resp. der Erweiterung derselben die socialen Nothstände welche dahin drängen, zu berücksichtigen und bei der Frage nach der Betheiligung des weiblichen Geschlechtes an den höheren Bildungsmitteln die thatsächlich vorhandenen Gebrechen in der Erziehung des Weibes in das Auge zu fassen, die uns ebenfalls jederzeit geneigt machen müssen, Verbesserungsvorschlägen ein offenes Ohr zu leihen. Je mehr wir den politischen Ansprüchen, nachdem wir ihre Unzulässigkeit begriffen haben, unsere Unterstützungen versagen, desto mehr kann es als Pflicht erscheinen, sie nach der anderen Seite mit vollen Händen zu spenden. Meistens steht die öffentliche Meinung auf diesem Standtpunkte, und grad’ die wohlmeinendsten Geister lassen sich hierin nicht gern irgend welche Einschränkungen auferlegen. Einschränkung gilt als Conservatismus und zopfige Engherzigkeit. Werden edle Vorhalte überhaupt noch gemacht, so beziehen sich diese, wie namentlich bei der Zulässigkeit des Erwerbs höherer Bildung für das weibliche Geschlecht, hauptsächlich doch nur auf die Durchführbarkeit.
Daß es nicht mehr wie recht und billig sei, dem weiblichen Geschlechte das volle Bildungsmaterial in demselben Umfange wie dem männlichen zur Verfügung zu stellen, wird meistens ohne viel Bedenken zugegeben. Kenntnisse und Aneignung von Bildung ist ja etwas so Vortreffliches, das Verlangen darnach ist etwas so Anzuerkennendes, wie sollte es angehen, das weibliche Geschlecht außerhalb der vollen Strömung derselben halten zu wollen?
In dieser Richtung geht ein außerordentlich starker Zug der Zeit, und derselbe würde, unterstützt von der rührigen Propaganda der eigentlichen Frauen-Pionniere, noch bedeutend fühlbarer sein, wenn die materiellen Hindernisse nicht so außerordentlich erhebliche wären, wenn der Kostenpunkt, die Gewöhnung unserer Sitten und andere Momente nicht zusammenwirkten, um beispielsweise der Benutzung der vorhandenen höheren Lehranstalten von Seiten des weiblichen Geschlechtes, der Schaffung von Mädchengymnasien u. drgl. mehr erschwerend entgegenzuwirken.
Allein diese Hindernisse können überwunden werden, und wenn Amerika, welches auf diesem Gebiete tonangebend ist, uns das Experiment vormacht und uns den Beweis der Fruchtbarkeit der weiblichen gelehrten Bildung durch Ernennung einer Anzahl von weiblichen Prozessoren auf allen möglichen Gebieten des Wissens liefert, so wird für Unzählige, welche die Frage nur von dieser Seite betrachten, die Frage gelöst erscheinen. Der Zweifel verstummt. »Es geht in der That; es würde kleinlich sein, sich den glänzenden Resultaten ungläubig verschließen zu wollen; die Thatsachen reden laut und deutlich,« sagt man. Allein was reden denn eigentlich die Thatsachen in solchem Falle? Doch höchstens nur, daß die Anlagen des weiblichen Geistes in individuellen Fällen einen weiteren Wissenshorizont zu umspannen vermögen, als
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