Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
gar keinen weiblichen Geschlechtsberuf giebt, sondern nur einen allgemein menschlichen und einen individuellen, halten wir uns berechtigt, hierbei von einem Berufe des Weibes als Weib zu reden, weil der Beruf eines größeren Ganzen, eines Stammes, eines Volkes, einer Nation, einer Abtheilung der Menschheit – und also auch der weiblichen Abtheilung – immer dann entsteht und vorhanden ist, wenn dieselben zu einer bestimmten Leistung befähigt und ausgerüstet sind, wenn solche Leistung von niemand Anderem übernommen werden kann und wenn dieselbe für die Erhaltung und Entwickelung des Ganzen wesentlich und unentbehrlich ist. Diese drei Indicien treffen, bis der Gegenbeweis erbracht ist, daß ein Ersatz im Reiche der Möglichkeit liege, auf die ernährende Qualität des Weibes in der weiteren Bedeutung des Wortes zu, und deshalb wird hier mit durchaus richtiger Anwendung des Sinnes von einem Geschlechtsberuf des Weibes stets geredet werden müssen. Daß es individuelle Ausnahmen, gewissermaßen falsch construirte Frauennaturen giebt, braucht nicht erst bewiesen zu werden, da dieselben selbst dafür sorgen, daß sie nicht in Vergessenheit gerathen, aber es ist doch wohl eine starke Zumuthung, daß wir uns grad’ durch sie über das Nichtvorhandensein des weiblichen Geschlechtsberufes unterrichten und überzeugen lassen sollen.
Die Frage: würde und müßte eine lebhaftere Betheiligung des weiblichen Geschlechtes an den Pflichten und ausübenden Thätigkeiten des öffentlichen Lebens nicht ihre Befähigung, Ernährerin des Menschengeschlechtes zu sein, beeinträchtigen, ist also die allerwichtigste und allererste, und jedenfalls kommt ihr, wenn man den Gegenstand prinzipiell und umfassend behandeln will, keine geringere Bedeutung zu, als der nach der Befähigung des Weibes für das öffentliche Leben. Sehr beherzigenswerthe Worte über diese Seite der Frage enthält die Schrift eines der gründlichsten und besonnensten französischen Schriftsteller, des 1872 verstorbenen Grafen Agenor de Gasparin. Die aus seinem Nachlasse veröffentlichte und von R. Lutz übersetzte Broschüre: »Was die Frauen fordern« (Bremen, Heyse 1873) faßt zunächst die Einführung der allgemeinen Abstimmung in das Auge. Gasparin bezweifelt das Gelingen.
»Die echten Frauen,« sagte er, »werden von diesem Rechte keinen Gebrauch machen; sie werden weder dem Tumulte noch den unsanften Berührungen des öffentlichen Lebens die Stirne bieten; selbst angenommen sie hätten es auch nur einen Tag lang versucht, so würden sie voll Bestürzung und Schamgefühl eilends ihre Heimstätte wieder aufsuchen, um sich daselbst zu verbergen und sie nicht zum zweiten Male zu verlassen. Statt der allgemeinen Abstimmung würdet Ihr erreichen was das Schlimmste wäre: die Abstimmung einer Minderzahl, einer Minorität irregeleiteter Geister, fraglicher Existenzen von Frauen, die nichts mehr zu verlieren haben. Um eine solche Minorität politischer Frauen zu befriedigen, hättet Ihr den holdseligen Einfluß und den edeln Beruf der Frauen überhaupt in Frage gestellt.«
Der Verfasser erwägt alsdann die allgemeinen Folgen, wenn es zur Einführung der Abstimmung käme, und wenn er hierbei auch zunächst an französische Zustände und an den Character seiner Nation denkt, so läßt sich seinen Bemerkungen doch eine gewisse Allgemeingültigkeit nicht absprechen.
»Man vergesse nicht,« sagt Gasparin, »daß wenn in sturmbewegten Zeiten die Frauen mit abstimmen, die Leidenschaft nur es sein wird, welche die Stimmen abgiebt. Es handle sich um Krieg, und man sieht die Frauen sich noch kriegerischerer geberden als wir; denkt an die Weiber der Griechen, Römer, Germanen, Gallier; erinnert Euch der Spinnrocken, mit denen sie die friedliebenden Jünglinge beschenkten; und werfen wir – ohne so weit zurückzugreifen – nur einen Blick auf die jüngsten Ereignisse, welche Pulvertrunkenheit, welche Gier nach Aufregung, welchen Epaulettencultus und was für ohnmächtige und unter dem Anstrich des Patriotismus verborgene Wuthausbrüche gewahren wir da! Handelt es sich um Revolution, so sehen wir die schrecklichen Gestalten wüthender und blutgieriger Weiber mit schäumendem Munde, das Messer in der Hand, stets bereit, Reden zu halten und abzustimmen, zu morden und den Männern ihre Feigheit und Weichlichkeit vorzuhalten!
Wir dürfen uns ferner nicht verhehlen, daß die Abstimmung von Frauen in sämmtlichen katholischen Ländern vor Allem von der Geistlichkeit
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