Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
24. Februar 1583 stiftete Herzog Albrecht in der Singerstraße ein Kloster der Büßerinnen zur Rehabilitirung gefallener Mädchen, doch wurde dieses bereits 1501 wegen des unzüchtigen Wandels seiner Bewohnerinnen wieder aufgehoben. Unter Maria Theresia wurde eine eigene Keuschheitscommission in Wien errichtet, die ihre Spione überall hatte und oft sogar des Nachts in die Häuser eindrang, um die Schuldigen in flagranti zu ertappen. Nachdem dieselbe das größte Aergerniß erregt, artete sie schließlich in eine reine Beutelschneiderei aus, indem sich Jeder gegen eine hohe Summe von der Bestrafung loskaufen konnte. Die Zahl der Freudenmädchen betrug in dieser Zeit 15,000. Kaiser Joseph beseitigte diese Comission wieder, ließ aber die strengen Strafbestimmungen gegen die Prostituirten in Kraft bestehen. Unter den folgenden Regenten nahm die Prostitution immer mehr zu, und gegenwärtig hat dieselbe hier einen überaus hohen Grad erreicht.
Der Mangel einer Regelung der Prostitution in Wien wird von Allen tief empfunden und herrscht über die Nothwendigkeit derselben sowohl in der Presse, als unter den Aerzten nur eine Stimme.
Die geheimen Bordelle, die Kuppelei, die Syphilis und in Folge dessen die öffentliche Sittenlosigkeit haben in dieser Stadt in den letzten Jahren bedeutend zugenommen, und mehr und mehr tritt die Nothwendigkeit einer durchgreifenden Regelung der Prostitution an den Tag, welche auf das Eifrigste von dem intelligenten Theil der Bevölkerung angestrebt wird.
In Prag liegt, gerade wie in allen übrigen österreichischen Städten, die Regelung der Prostitution noch sehr im Argen, und bestehen hier ganz dieselben Verhältnisse wie in Wien.
Die Münchener Prostitutions-Verhältnisse sind ebenfalls den Wienern analog und unterscheiden sich von diesen nur dadurch, daß sie in Einklang stehen mit der Größe und Einwohnerzahl Münchens.
Eine besondere Ausdehnung hat die Prostitution in Magdeburg erreicht. Privilegirte Bordelle existiren in dieser Stadt nicht, indessen sind doch viele Häuser daselbst bekannt, die der Prostitution notorisch dienen. Die Zahl der prostituirten Frauenzimmer, welche der Polzeibehörde als solche bekannt sind, beträgt circa 2000. Den allernachtheiligsten Einfluß, insbesondere auf die männliche Jugend, üben die in zahlreichen Schanklokalen sich aufhaltende prostituirten Kellnerinnen aus, die trotz vieler von der Polizei gemachten Anstrengung zu ihrer Verminderung, immer noch zunehmen. Bekannt ist es, daß von Magdeburg aus ein lebhafter Handel, besonders nach den Hamburger Bordellen, von Seiten der Kuppler betrieben wird, die sich ihre Opfer aus den vielen in der Stadt Dienst suchenden Mägden auswählen. Venerische Erkrankungen kommen im Jahre nach Schätzung Sachverständiger über 7000 vor, von denen über 500 im städtischen Krankenhause behandelt werden.
Stett in zeigt eine besonders große Zunahme der Prostituirten, von denen gegenwärtig einige Hundert unter ärztlicher Controle stehen. Außer diesen werden noch gegen 1000, als der Prostitution dringend verdächtig, von der Polizei beaufsichtigt.
In Breslau existiren eben 1000 der Polizei bekannte öffentliche Dirnen. Zahlreiche Hôtels garni, Schänkwirthschaften mit Chambres separées, sowie prostituirte Kellnerinnen, Harfenmädchen, Couplet- Sängerinnen u.s.w. leisten auch hier der Prostitution einen bedeutenden Vorschub und fördern die allgemeine Unsittlichkeit in bedauernswerther Weise.
In den Hafenstädten Danzig und Königsberg nehmen in gleichem Verhältniß mit der Prostitution die geschlechtliche Krankheiten zu, zu deren Ausbreitung hauptsächlich der lebhafte Seemannsverkehr und die Garnison beitragen. In Danzig unterstehen über 800 Prostituirte der sanitätspolizeilichen Controle, und in Königsberg ist die gleiche Zahl polizeilich inscribirt. Von den Geburten waren in den letzten Jahren 25 Procent uneheliche.
In Köln hat die Sittenlosigkeit, trotz der polizeilichen Maßregeln zugenommen. Unter polizeilicher Controle stehen hierselbst 200 Frauenzimmer und gegen 600 sind der Behörde als gewerbsmäßige Prostituirte bekannt. Ein Hauptgrund der Unsittlichkeit liegt in den für die Rheinprovinz gültigen Bestimmungen des Code Napoleon, der den Geschwängerten keinen gesetzlichen Schuß, noch Ansprüche auf Entschädigung bietet.
In Frankfurt am Main sind die Bordelle aufgehoben worden, wodurch die Kuppelei sich bedeutend vermehrt hat. Der Behörde sind hier nur 130 Prostituirte bekannt.
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