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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gewiß jedesmal 8 syphilitisch krank sind und 10 mit Dieben in Verbindung stehen.
    Die Mädchen sind daher sehr erfinderisch, um sich vor den Nachstellungen der Polizei zu sichern. Auf den Straßen gehen sie nicht selten mit einem Korb am Arm oder einem Topf in der Hand auf ihr Gewerbe aus, um stets die Ausrede zur Hand zu haben, sie wären beim Einkauf begriffen. Wenn sie bei einer berüchtigten Kupplerin ihre Wohnung haben, von der sie wissen, daß die Polizei derselben niemals die Aufnahme junger Mädchen gestatten wird, so werden sie auf dem Papier bei irgend einer anderen, äußerlich noch unbescholtenen Frau wohnend angemeldet. Recherchirt die Polizei dort und wird natürlich das Mädchen nicht angetroffen, so heißt es, sie sei für den Augenblick ausgegangen. Ebenso werden die Dirnen bei der Polizeibehörde alsbald bei dieser, bald bei jener mit der Kupplerin vertrauten Familie im Dienst stehend angemeldet. Es werden für dieses scheinbare Dienstverhältniß alle möglichen Formalitäten beobachtet, namentlich wird ein ordentlicher Comptoirschein gelöst, und es stellt die Pseudo-Herrschaft auch dem Pseudo-Dienstmädchen ordentliche Aufführungs- und Entlassungsscheine aus.
    Zur zweiten Klasse der gewerbsmäßig Prostitution treibenden Frauenzimmer gehören die sogenannten Tanzdirnen, d.h. solche Frauenspersonen, die ihr obscönes Gewerbe meistens in den größten Tanzlocalen treiben.
    Mag ein öffentliches Local in Berlin noch so elegant ausgestattet sein, mag es noch so sehr allen Wünschen und Anforderungen entsprechen, mag der Besitzer desselben alle möglichen Anstrengungen machen, sich ein exquisites und gutes Publikum zu sichern, es ist alles vergebens, denn der anständige Berliner besucht im Kreise seiner Familie ein derartiges Local höchstens im Anfange seines Bestehens einmal aus Neugierde, und ist diese befriedigt, so kümmert er sich nicht weiter um solches, die Frequentirung desselben den jugendlichen Schwärmern, Abenteurern und den prostituirten Frauenzimmern überlassend. Alle großen Locale in Berlin sind zuletzt immer eine Beute der Prostitution geworden und haben diesem gemeinsamen, in dem Nationalcharakter der Berliner beruhenden Schicksale unterliegen müssen.
    Der Besuch dieser Locale ist gewiß für den Lebemann und für Denjenigen, der die Menschen in den verschiedenartigsten Situationen kennen zu   lernen sucht, ein höchst genußreicher, und für den Fremden, der eine genaue Einsicht in die Berliner socialen Verhältnisse gewinnen will, sogar ein unentbehrlicher, aber er ist auch namentlich für junge vergnügungssüchtige Leute ein höchst gefährlicher.
    Wenn ein junger Mann von lebhafter Phantasie in diese eleganten, feenhaft geschmückten Räume tritt, wo Tausende von Flammen ein Lichtmeer verbreiten und das Rauschen der Fontainen und Wasserkünste sich mischt mit den lustigen Fanfaren, die von den Zinnen der Säle herabschmettern und zum wirbelnden Tanze fortreißen, wenn er die Schaar blühender junger Mädchen erblickt, welche bunt unter die Gäste gemischt sind, deren von Tanz oder der Aufregung des Augenblickes gerötheten Wangen Unverdorbenheit und Frische zu documentiren scheinen, und die unter der Wirkung und dem Einflusse berauschender Getränke ihren Verehrern heiter und fröhlich entgegenlachen, wenn er die große Auswahl der trefflichsten Speisen und Getränke sieht, die zu lucullischem Genusse einladen, dann gehört wahrlich einestheils schon eine ziemliche Lebenskenntniß und Erfahrung dazu, um die giftige Schlange unter den Rosen der Lust zu erkennen, als auch anderntheils ein fester moralischer Halt erforderlich ist, um diesen Verführungen zu widerstehen. Schon mancher junge Mann hat daher in diesen Localen den Grundstein zu seinem und seiner Familie Verderben gelegt, und Manchem sind dieselben ein Fluch und eine Quelle nie versiegender Gewissensbisse für sein ganzes Leben geworden.
    Mit ganz anderen Augen sieht jedoch der mit den Berliner Verhältnissen genauer Vertraute in das ihn umgebende fröhliche Gedränge und Gejubel hinein. Er sieht meistens nicht das scheinbare Roth der Gesundheit und die alabasterne Weiße des Busens, denn er hat diese Frauenspersonen oft schon bei Tage gesehen und in den abgehärmten und traurigen Gesichtern mit Staunen die blühenden Gestalten des Abends nur schwer wiedererkannt, er weiß jetzt, daß er in diesen Etablissements meist nur ein Gemälde sieht, hervorgebracht durch rothe und weiße Schminke, Puder und andere

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