Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
zu Ihren Gunsten, entscheidet, werde ich mit größter Freude davon Notiz nehmen.
Als Kollege geht mir Ihr Fall ja nahe, und als solcher möchte ich mir auch erlauben, Ihnen meine Meinung zu sagen darauf hin, in welcher Weise Sie sich am besten rechtfertigen könnten.
Ich würde an Ihrer Statt in der Polemik alles ausschalten, was sich nicht sachlich auf die Anschuldigungen bezieht. Das, was Sie aus Ihrer Jugendzeit selbst eingestanden haben, ist damit wohl auch abgetan und würde Ihnen kaum ein rechtlich denkender Mensch noch nachtragen, wenn es nicht das Gericht tut. Daß Sie Ihre Reiseschilderungen nicht persönlich erlebt haben, daß es nur Erzählungen in »Ichform« sind, kann Ihnen auch kein Literat verübeln. So bleibt nur übrig, endlich die sachlichen Beweise zu erbringen, daß die berührten obszönen Stellen nicht Sie, sondern der Verleger hineinkorrigiert hat. Was die Ihnen vorgeworfenen Plagiate betrifft, so müssen doch Sachverständige entscheiden können, inwiefern es Plagiate wären oder inwiefern bloß umgearbeitete Stoffe und Gedanken. Zuhanden der ersten Auflagen, dieselben mit den neuen Auflagen verglichen, müßte doch klar zu stellen sein, ob die Art, der Gedankengang und der Stil der neu eingefügten Sätze sich organisch an Ihre Art und an das Buch anschließen oder nicht. Auf solche Wirklichkeiten, meine ich, sollten Sie nun Ihre ganze Abwehr konzentrieren und ununterbrochen drängen, daß die Dinge endlich vor Gericht zur Entscheidung kommen. Alle andern Artikel Ihrer Freunde, die nur so im Allgemeinen herumreden über die Vorzüge Ihrer Werke, die ja anerkannt sind, können für die peinliche Angelegenheit an sich keine besondere Wirkung erzielen.
Also alle Mittel in Bewegung setzen, um zu einer gerichtlichen Genugtuung zu kommen. Gelingt das nicht, so ist absolutes Schweigen das Beste, und gelingt es, so muß doch auch die Presse Ihrer jetzigen Gegner die gerichtliche Ehrenrettung anerkennen und in das Volk tragen.
Krankheit hat diesen Brief verspätet. Verzeihen Sie diese Offenheit, die aufrichtigem Wohlwollen entspringt, und seien Sie gegrüßt
von Ihrem ergebenen
Peter Rosegger.«
Krieglach, 2. 7. 1910.
Daß Peter Rosegger, der hochstehende, feinfühlende und human denkende geistige Aristokrat, das, was er über meine Jugendzeit sagt, als abgeschlossen und abgetan betrachtet, versteht sich ganz von selbst. In derartigen Bodensätzen und Rückständen können nur niedrige Menschen waten. Hierdurch habe ja auch ich selbst schon längst meinen Strich gemacht und habe einen Jeden, der sich mit mir beschäftigt, nach dem Maße zu beurteilen, welches mir hier in Roseggers Brief gegeben wird. Wer nicht verzeiht, dem wird auch nicht verziehen; das ist im Himmel und auf Erden Recht.
Was die »Obszönitäten« und den Nachweis betrifft, daß sie nicht von mir stammen, so habe ich diesen Gegenstand im nächsten Kapitel zu behandeln, doch sei hier eine mir notwendig erscheinende Bemerkung vorausgeschickt. Nämlich nicht ich habe zu beweisen, daß diese unsittlichen Stellen nicht von mir stammen, sondern man hat mir zu beweisen, daß ich ihr Verfasser bin. Das ist so selbstverständlich wie richtig. Es wird keinem jetzigen Richter einfallen, mich in die Zeit der Daumenschrauben und der spanischen Jungfrau zurückzuschleppen, in welcher der Ankläger keinen Beweis zu erbringen hatte, wohl aber der Angeschuldigte gezwungen war, nachzuweisen, daß er unschuldig sei. Das konnte nicht anders als in den meisten Fällen unmöglich sein. Man hat mich aus prozessualen Gründen fälschlicher Weise beschuldigt, für Münchmeyer das »Buch der Liebe« geschrieben zu haben. Wie kann ich beweisen, daß dies unwahr ist? Gesetzt den Fall, es wäre dem Münchmeyerschen Rechtsanwalt der wahnsinnige Gedanke gekommen, vor Gericht zu behaupten, daß Peter Rosegger den berüchtigten »Venustempel« geschrieben habe. Würde Rosegger den Beweis antreten, daß dies eine Lüge sei? Oder würde er sagen, daß man die Wahrheit dieser Behauptung ihm zu beweisen habe? Ich bin überzeugt, das Letztere. Und so thue auch ich. Ich verlange die Vorlegung meiner Originalmanuskripte. Einen andern Beweis kann es nicht geben.
Was nun die von Peter Rosegger erwähnten Plagiate betrifft, so hat es mit ihnen folgende Bewandtnis: Der Benediktinermönch Pater Pöllmann hat eine Reihe von Artikeln gegen mich und meine Werke geschrieben und ihnen die Drohung vorangeschickt, daß er mir mit ihnen einen Strick drehen werde, um
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