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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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vor allem der Kajüte selber und ihrer kompendiösen Einrichtung, zu. Es fehlte nichts. Von der in Zapfen hängenden, alle Bewegungen des Bootes mitmachenden Lampenvorrichtung an bis zu der kleinen Druckmaschine herab, die die Zigarrenspitzen abschneidet, war alles da. Flaschen, Gläser und Flacons standen eingepaßt in ihren Behältern; überall Polster und Kissen, jeder Gegenstand des Komforts und der Toilette vertreten. Eß- und Spieltische konnten aufgeklappt oder ausgezogen werden. Das Ganze beständig an jene Karlsbader Etuis erinnernd, die in zwei zusammenpassenden Nußschalen eine Schere, einen Fingerhut, einen Bindlochstecher und eine Nadelbüchse enthalten, während man doch annehmen sollte, daß der Fingerhut allein schon ausreichen müßte, das Etui zu füllen.
    Nach dem Frühstück, dem namentlich unser Supercargo durch allerhand kulinarische Aperçus eine höhere Weihe zu geben wußte, stiegen wir auf Deck und hatten nun die Wald- und Wasserlandschaft, die wir, während der letzten Stunde, nur in Ausschnitten kennengelernt hatten, in ihrer Totalität vor uns. Ein klarer, lichter Tag; blauer Himmel und Sonne, und doch ein feiner grauer Nebelschleier, der, über Wasser und Landschaft liegend, alles milderte und dämpfte. An den Ufern hin – ein seltener Anblick im norddeutschen Flachland – standen hoch aufgeschichtete Holzmeiler, bestimmt, zu Kohle verbrannt zu werden. Wie mir versichert wurde, eine Folge des Raupenfraßes, der nur noch diese Verwendung der geschädigten Kiefernwaldungen gestattet oder sie doch als die vorteilhafteste erscheinen läßt. Zwischen den Holzmeilern, und auf eine weite Strecke hin mit ihnen abwechselnd, erhoben sich die Kolossalbauten der Berliner Eiswerke, die halb wie Riesenschuppen einer Fabrikanlage, halb wie die Gradierwände einer Saline dreinschauten. Zu meiner Überraschung erfuhr ich, daß auch zuzeiten Feuer in ihnen ausbricht.
    Eingesprenkelt in diese Meiler und Eiswerke, die auf weithin die Ufer beherrschen und ihnen den Charakter geben, präsentierten sich auch Villenanlagen, die in allen erdenklichen Spielarten, namentlich im italienischen und englischen Kastellstil, zu uns sprachen. Dicke und schlanke Flachtürme, mit Pfeilern, Sims und Balustrade. Alles in allem ein wunderbarer Anblick, der, nach mehr als einer Seite hin, zu denken gibt. Geflissentlich an den unübertroffenen Vorbildern Schinkels und seiner Schule vorübergehend, wie sie die Villenstraßen des Tiergartens aufweisen, gefällt sich der Bourgeois unserer östlichen Stadtreviere darin, seinen »Donjon« und, wenn es sein kann, selbst seinen »Belfroi« zu haben. Und dieser Schiefheit des Gedankens entspricht die Ausführung, die er erfährt. Eine geschäftsbefreundete »Firma«, die ein Ignorieren nicht wohl gestattet, empfängt den Bau in Entreprise, und tot und steif werden nun die Rund- und Spitzbögen aus dem Nürnberger Spielkasten genommen.
    Eben wieder lag ein reichgegliederter »Tudor-Turm«, dessen hochaufgehißtes Banner allem Stolz von York und Lancaster zu trotzen schien, glücklich hinter uns, als die Wasserfläche des Langen Sees sich verbreiterte und unseren Architektur-Unmut, soweit er überhaupt an Bord unseres Schiffes geteilt wurde, in dem Imposanten des landschaftlichen Bildes untergehen ließ. Wir waren in das eigentliche Regattaterrain eingefahren und befanden uns in Nähe jener haffartigen Stelle, wo sich, angesichts der Schmöckwitzer Brücke, vier über Kreuz gestellte Seeflächen: der Lange See, der Seddin-See, die Krampe und der Zeuthener See, ein Rendezvous geben.
    Der Nordwester wuchs, rascher ging die Fahrt, feuchter und erquicklicher wurde die Luft.
    Das Bild nahm uns gefangen: wir waren begierig, es von einer Hochstellung aus besser überblicken zu können. Eine Strickleiter war nicht da, die wir hätten erklettern können; so festigten wir, rechts und links, ein Klammer- und Hakenbrett an die zwischen Mast und Wanten straff gespannten Schrägtaue und nahmen auf diesen Brettern hüben und drüben unseren Stand. Kapitän Backhusen, den Tubus in der Hand, gab nicht nur die Ordres, sondern auch die Informationen. »Das ist die Krampenbaude, das ist Philippshütte, das ist der Schmöckwitzer Turm; hier in Front aber, wo Sie die Rohrinsel schwimmen sehen, das ist ›Robins Eiland‹, wo unser Flaggenschiff an den Regattatagen zu liegen pflegt. Dahinter steigt der Müggelsheimer Forst an, und wo er sich wieder senkt, das ist Kahniswall.«
    »Kahniswall?« fragte ich

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