Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
»hausen« germanisiert, und Deutsch und Wendisch Wusterhausen waren fertig.
Wendisch Wusterhausen, nur mit diesem haben wir es zu tun, wurd eine markgräfliche Burg. Sie verteidigte – wie »Schloß Mittenwalde«, von dem wir in einem der nächsten Kapitel sprechen werden – den Notte-Übergang und war eine der vielen Grenzburgen zwischen der Mark und der Lausitz.
Wendisch Wusterhausen blieb markgräfliche Burg bis gegen 1370, und es ist eher wahrscheinlich als nicht, daß der alte, von der Prinzessin als »Diebswinkel« bezeichnete Turm bis in jene markgräfliche Zeit zurückdatiert. Etwa 1375 kamen die Schlieben in den betreffenden Besitz, eine Familie, die damals in der Umgegend reich begütert war. Sie besaßen es ein Jahrhundert lang, auch während der Quitzow-Zeit, ohne daß besondere »Räubertaten« aus dieser ihrer Besitzepoche bekannt geworden wären. 1475 kauften es die Schenken von Landsberg, damalige Besitzer der Herrschaft Teupitz, aus deren Händen es, kleiner Mittelglieder zu geschweigen, 1683 an den Kurprinzen Friedrich, den späteren König Friedrich I., kam. Dieser aber überließ es 1698 seinem damals erst zehn Jahr alten Sohne, dem späteren König Friedrich Wilhelm I.
Friedrich Wilhelm I. nahm Wendisch Wusterhausen von Anfang an in seine besondere Affection und hielt bei dieser Bevorzugung aus bis zu seinem Tode. Was es jetzt ist, verdankt es ihm , dem »Soldatenkönig«; Straßen- und Parkanlagen entstanden, und mit Recht wechselte der Flecken seinen Namen und erhob sich aus einem Wendisch Wusterhausen zu einem Königs Wusterhausen.
Königs Wusterhausen ist vielleicht mehr als irgendein anderer Ort, nur Potsdam ausgeschlossen, mit der Lebens- und Regierungsgeschichte König Friedrich Wilhelms I. verwachsen. Hier ließ er als Knabe seine »Kadetten« und einige Jahre später seine »Leibcompagnie« exerzieren. Hier übte und stählte er seinen Körper, um sich wehr- und mannhaft zu machen, und hier, nach erfolgtem Regierungsantritte, fanden jene weidmännischen Festlichkeiten statt, die Wusterhausen recht eigentlich zum Jagdschloß par excellence erhoben.
Hier auf dem Schloßhof, den jetzt die friedliche Pumpe ziert, war es, wo jedesmal nach abgehaltener Jagd den Hunden ihr »Jagdrecht« wurde. Das war die Nachfeier zum eigentlichen Fest. Der zerlegte Hirsch ward wieder mit seiner Haut bedeckt, an der sich noch der Kopf samt dem Geweih befinden mußte. So lag der Hirsch auf dem Hof, während hundert und mehr Parforcehunde, die durch ein Gatter von ihrer Beute getrennt waren, laut heulten und winselten und nur durch Karbatschen in Ordnung gehalten wurden. Endlich erschien der König, der Jägerbursche zog die Haut des Hirsches fort, das Gatter öffnete sich, und die Meute fiel über ihr »Jagdrecht« her, während die Piqueurs im Kreise standen und auf ihren Hörnern bliesen.
Wenigstens zwei Monat alljährlich wohnte König Friedrich Wilhelm I. in Wusterhausen. Spätestens am 24. August traf er ein, und frühestens am 4. oder 5. November brach er auf. Die ersten acht Tage gehörten der Rebhuhnjagd, vorzüglich auf der Großmachnower Feldmark; später dann folgten die Jagden auf Rot- und Schwarzwild. Zwei Festlichkeiten im größeren Stil gab es herkömmlich während der Wusterhausener Saison: die Jahresfeier der Schlacht bei Malplaquet am 11. September und das Hubertusfest am 3. November. Bei Malplaquet war der König, damals noch Kronprinz, zum ersten Mal im Feuer gewesen; das erheischte, wie billig, ein Erinnerungsfest. Das Hubertusfest war zugleich das Abschiedsfest von Wusterhausen. Nur einmal fiel es aus, am 3. November 1730. Am 28. Oktober, sechs Tage vor dem Hubertustag, hatte das Kriegsgericht in Schloß Köpenick gesessen, das über Kronprinz Friedrich und Katte befinden sollte.
Hier in Wusterhausen spielten später die Hof- und Heiratsintriguen, und hier schwankte die Waage bis zuletzt, ob der Erbprinz von Bayreuth oder der Prinz von Wales (wie so sehr gewünscht wurde) die Braut heimführen würde; hier endlich, nachdem die Ungewitter sich verzogen und ruhigeren Tagen Platz gemacht hatten, teilte der früh alternde König, wenn Gicht und Podagra das Jagen verboten, seine Zeit zwischen Tonpfeife und Palette, zwischen Rauchen und Malen.
Der andere Morgen war Pfingstsonntag. Ich brach früh auf, um das »verzauberte Schloß«, das damals (1862) noch keine Restaurierung erfahren hatte, bei hellem Tageslichte zu sehn. Ich fragte nach dem Kastellan – tot; nach
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