Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
Begebenheiten der letzten Tage bekanntmachte. Hinsichtlich des Generals von Bülow und seines Corps hieß es wörtlich: »General von Bülow erhielt Befehl, den Feind anzugreifen . Er führte diesen Befehl mit derjenigen Entschlossenheit aus, die den geschickten General bekundet. Seine Truppen marschierten mit ebenjener Ruhe, die während des Siebenjährigen Krieges die Soldaten des großen Friedrich auszeichnete.« General von Bülow selbst enthielt sich begreiflicherweise jedes Hinweises auf die »Soldaten des großen Friedrich«, unterließ aber nicht, das Tatsächliche richtigzustellen. »Ich faßte«, so heißt es in seinem Bericht an den König, »den Entschluß, den Feind anzugreifen, und wurde dazu durch einen nachträglichen Befehl des Kronprinzen autorisiert. Unter Einschluß der mir zugeteilten russischen Batterien sowie der Kosaken haben die Truppen Ew. Majestät allein gefochten.«
Im übrigen war es keine große Schlacht gewesen. Einem energischen, aber wie gewöhnlich erfolglosen Artilleriekampfe war eine Dorferstürmung gefolgt, welcher es, aller Tapferkeit unerachtet, doch insoweit an allem Heldischen gebrach, als wir den Schlüssel der Position: die Kirchhofs stellung, in erheblicher Überzahl angriffen. Es bleiben aber solche vor den Toren einer Hauptstadt geschlagenen Schlachten immer ganz besonders im Gedächtnisse der Menschheit, einfach deshalb, weil die Zahl der durch solche Kämpfe zu direkter Dankbarkeit Verpflichteten um vieles größer ist als bei Provinzial- oder gar Auslandsschlachten. Und so kommt es denn auch, daß Großbeeren – beispielsweise weit über das im übrigen sehr verwandte Dennewitz hinaus – ein Lieblingstag in unserer berlinisch-brandenburgischen Geschichte geblieben ist, fast so beliebt und gefeiert wie Fehrbellin.
Als ein gefälliges Spiel des Zufalls mag dabei noch hervorgehoben werden, daß es, wie bei Fehrbellin, so auch bei Großbeeren, ein Prinz von Hessen-Homburg war, der durch einen im entscheidenden Moment geschickt ausgeführten Angriff zum Siege mitwirkte.
Geist von Beeren
Von allen Geistern, die verneinen,
Ist mir der Schalk am wenigsten verhaßt.
Der Großbeerener Kirche schräg gegenüber, an der anderen Seite der Dorfgasse, werden wir, über eine Feldsteinmauer hinweg, eines sauberen und gut erhaltenen Wohnhauses sichtbar, in dem zur Zeit der Großbeerener Schlacht oder doch noch kurz vorher der »Geist von Beeren« hauste. Das klingt gespenstisch und darf so klingen, wenn zwischen Gespenstern und Kobolden irgendwelche Verwandtschaft ist. »Geist von Beeren« war ein Kobold, nebenher auch Besitzer von Groß- und Kleinbeeren und der letzte aus jenem alten Geschlecht der Beeren oder Berne, das vier Jahrhunderte lang die genannten beiden Güter innehatte.
Von diesem Hans Heinrich Arnold von Beeren will ich erzählen.
Ums Jahr 1785 hatte er beim Könige die Erlaubnis nachgesucht, seinem alten Namen »von Beeren« den Namen »Geist« hinzufügen zu dürfen. Die Erlaubnis war auch erteilt worden, und seitdem hieß er der »Geist von Beeren« oder, kürzer, »der tolle Geist«. Er war ein kleiner, schmächtiger, lebhafter Mann, witzig, sarkastisch, hämisch. Zwietracht anstiften, zanken, streiten und opponieren war seine Lust. Von seinen unzähligen Schnurren, Injurien und Prozessen lebt noch einzelnes in der Erinnerung des Volkes, und ich erzähle, was ich davon erfahren konnte. Die meisten dieser Geschichten setzen sich freilich bloß aus Albernheit, Übermut und Chicane zusammen, manches indes ist wirklich gut und treffend, und jedenfalls entsprach all und jedes dem nicht sehr verfeinerten Bedürfnis seiner Zeit und seiner Umgebung.
Zwei Gruppen von Personen waren es besonders, mit denen der streitlustige Geist eine unausgesetzte Fehde unterhielt: seine Gutsnachbarn und die Regierungsbeamten. Unter den ersteren hatte er sich besonders den Herrn von Hake auf Genshagen zum Gegenstand nicht enden wollender Anzüglichkeiten und Verhöhnungen ausersehen.
Die Korrespondenz, die er mit diesem seinem Nachbar in einem Zeitraum von fünfundzwanzig Jahren geführt hat, soll ein wahrer Anekdotenschatz und für die Freunde des Hakeschen Hauses seinerzeit eine unerschöpfliche Quelle der Erheiterung gewesen sein. Leider ist diese Korrespondenz verbrannt. Zwei Geschichten indes aus der langen Reihe dieser gutsnachbarlichen Rancunen und Streitigkeiten existieren noch. Geist, im übrigen kein Freund der Jagd, ließ sich eine Jagd- und Schießhütte bauen,
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