Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
Kolonnen auf halbem Wege heran waren, hatten die Truppenteile seines Corps folgende gutgewählte Stellungen inne:
Sächsische Division von Sahr:
Grenadierbataillon von Sperl in Großbeeren selbst;
Brigade von Bose (mit dem Regiment von Low in Front) zwischen Kirche und Windmühle;
Brigade von Ryssel zwischen Windmühle und Neubeeren.
Sächsische Division von Le Coq:
im Rücken von Großbeeren, zwischen diesem und der genshagenschen Heide.
Französische Division Durutte:
rechts neben der Division Le Coq, also zwischen dieser Division und der nach Genshagen fahrenden Straße.
Sämtliche Geschütze des Reynierschen Corps, sechzig an der Zahl, waren in die Front gezogen worden und erwiderten sofort das Feuer, das Oberst von Holtzendorf aus vierundsechzig preußisch-russischen Sechs- und Zwölfpfündern auf eine Distance von 1800 Schritt eröffnet hatte. Zunächst schien das feindliche Feuer im Vorteil bleiben zu sollen: mehrere preußische Geschütze waren demontiert, und eine zerschossene Batterie mußte zurückgenommen werden; als aber um ebendiese Zeit die schwedische reitende Batterie von Cardell in die diesseitige Geschützfront einrückte, gab Oberst von Holtzendorf Befehl, bis auf 1200 Schritt zu avancieren. Alle Batterien jagten vor, und im selben Augenblicke fast, wo sich die Wirkung dieses Vorgehens erkennen ließ, ließ General von Bülow die bis dahin in Deckung zurückgehaltenen Brigaden Krafft und Thümen im Sturmschritte gegen Dorf und Kirche vorbrechen.
Ein erbitterter Kampf entspann sich. Das 1. Bataillon Kolberg griff Großbeeren in der Front an, während rechts daneben Major von Gagern an der Spitze des 5. Reserveregiments auf die den Kirchhofshügel verteidigenden Sachsen eindrang und das hier stehende Regiment von Low zersprengte. Neue Bataillone, die Reynier aus der hinter dem Dorfe haltenden Division Le Coq in die Front zog, stellten das Gefecht zwar wieder her, und ein Vorbrechen sächsischer Ulanen parierte sogar siegreich einen diesseitigen Reiterangriff. Aber dies war auch der letzte glückliche Moment auf gegnerischer Seite. Denn in demselben Augenblicke fast, wo sich die sächsische Kavallerie dieses Erfolges rühmen durfte, wurde die gesamte feindliche Position von zwei Seiten her umfaßt, indem die gerade jetzt den Lilo-Bach passierende Vorhut der Borstellschen Brigade Großbeeren von Osten her, die Brigade Prinz von Hessen-Homburg aber die mehr nach Westen hin gelegene Hügelposition zwischen der Windmühle und dem Vorwerk Neubeeren erstürmte. Durch diese Bewegung von links und rechts her war die ganze in Front stehende Division Sahr abgeschnitten und hatte nur noch für ihren Rückzug zu kämpfen. Diesen bewerkstelligte sie geschickt und ging in guter Haltung, wenn auch unter erheblichen Verlusten, auf die genshagensche Heide zurück.
Hiermit war die Wiedereroberung Großbeerens ausgeführt. Allerdings, da von den neun Divisionen der Oudinotschen Armee nur drei wirklich engagiert gewesen waren, lag es in der Möglichkeit, unsern Erfolg wieder bestritten zu sehen, und in der Tat wurde der Versuch dazu gemacht, als bei Dunkelwerden die Spitze des noch vollkommen intakten 12. Corps in verhältnismäßiger Nähe des Schlachtfeldes erschien. Aber auch dieser Versuch, an dem sich namentlich Kavallerie beteiligte, schlug fehl, und um neun Uhr schwieg das Gefecht. Unbehelligt gingen alle drei Divisionen vom Corps Reynier auf Löwenbruch und Wietstock, die Corps Bertrand und Oudinot aber auf Saalow und Trebbin zurück.
Der erste Versuch Napoleons, sich Berlins zu bemächtigen – der zweite führte zur Schlacht bei Dennewitz –, war gescheitert und hatte dem Corps Reynier, insonderheit den beiden sächsischen Divisionen, einen starken Verlust bereitet. Allein diese letztgenannten verloren 28 Offiziere und 2096 Mann an Toten, Verwundeten und Gefangenen. 14 Kanonen und 52 Munitionswagen waren außerdem eingebüßt worden. Unser Verlust bezifferte sich auf nicht mehr als 1100 Mann, alle vom Bülowschen Corps. Auf Seite der Schweden war nur ein Offizier verwundet worden.
Berlin jubelte und betätigte seinen Jubel. Elf Wagenreihen, mit Brot und Tabak, mit Bier und Branntwein beladen, setzten sich nach dem Bivouac von Heinersdorf hin in Bewegung. Auch von Eberswalde, Charlottenburg und Oranienburg erschienen Transporte.
Der Kronprinz von Schweden erließ anderen Tages aus dem Lager von Ruhlsdorf ein Bulletin, in welchem er mit nicht allzugroßer historischer Treue die
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