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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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mich nicht, daß es von irgendeinem geheißen hätte: er sei ein Mann von Ehre.«
    Der Alte schwieg, schien aber seinen Gedanken weitergesponnen zu haben, als er nach einer Weile fortfuhr: »Ihre Schwester, die Gräfin, liebte von solchen Dingen zu sprechen und sah dann immer verdrießlich aus, weil sie nicht recht wußte, ob sie weinen oder lachen sollte. ›Das ist der Wind, der von Westen her weht.‹ Es war französisch, das war das Gute daran, aber das Aufkommen der Rotüre störte sie wieder. Ich für meinen Teil habe nichts gegen die Rotüre. Kann mir nicht helfen, mir bedeutet der Mensch die Hauptsache, und ist dieser ganz allgemeine homo, von dem ich als guter Lateiner wohl sprechen darf, wirklich um einen Kopf gewachsen, seitdem sie drüben den armen König um ebensoviel kürzer gemacht haben, so scheint mir die Sache nicht zu teuer bezahlt. Le jeu vaut la chandelle. Auch eine Guser Reminiszenz. Ach, Vitzewitz, das Dümmste sind doch die Vorurteile. Wie gefiel Ihnen Drosselstein, als er heute wieder das ostpreußische Register zog?«
    »Und noch dazu an falscher Stelle«, lachte Berndt. »Ich habe zufällig in Erfahrung gebracht, von wem der Aufruf geschrieben wurde. Staatsrat Hippel. Ostpreußisches pur sang. Aber ich wollte Drosselstein die Beschämung ersparen. In unseren Schwächen sind wir am empfindlichsten, Sie, ich, jeder. Seien wir froh, daß wir ihn haben; er ist doch der Sanspareil unseres Kreises und von Kopf zu Fuß ein Edelmann. Die meisten heißen bloß so; er aber hat den Vorzug, einer zu sein .«
    Bamme stimmte bei; damit brachen sie das Gespräch ab und setzten ihre Pferde in Trab.
     
    In Hohen-Vietz angekommen, hatten alle das Bedürfnis nach Ruhe und zogen sich zurück, unter den ersten Hirschfeldt und Tubal, die dasselbe Zimmer innehatten. Sie plauderten noch eine kleine Weile, dann wurde Hirschfeldt still. Er schlief. Nur Tubal wachte noch.
    Allerlei Gedanken gingen ihm durch den Kopf, deren er nicht Herr werden konnte.
    »Bin ich verlobt?« fragte er sich, als er endlich das Licht gelöscht hatte. »Ich glaube ja… Da müßt’ ich ja glücklich sein! Und bin ich es? O gewiß, ich bin es, ich bin glücklich… Aber nicht glücklich genug; ich würde sonst jubeln und nichts hören und sehen als sie . Und seh’ ich sie? Sonderbar, ich habe kein deutliches Bild von ihr. Kaum ein Bild überhaupt… Und doch lieb’ ich sie. ›Wer liebte sie nicht!‹ sagte die Tante… Ach, Glück, Glück. Hab’ ich dich? Und ich frage noch… Undankbarer, der ich bin!«
    So sann er weiter. Immer schattenhafter zogen die Bilder an ihm vorüber, bis auch er entschlief.

Vierzehntes Kapitel
     
    Eingeschlossen
     
    Der nächste Tag, ein Sonnabend, war ein Tag der Vorbereitungen. Bamme saß über Plänen und Karten, während Berndt in aller Frühe aufgebrochen war, um die fernerstehenden Truppenteile heranzubeordern. Gleich nach drei Uhr war er von diesem Ausfluge zurück. Als er wenige Minuten später in das Parterrezimmer des alten Generals eintrat, fand er diesen in eifrigem Gespräche mit Drosselstein, der eben über seine Sendung ins russische Hauptquartier rapportierte. Tschernitscheff war ihm nicht nur mit ausgesuchter Artigkeit entgegengekommen, sondern hatte sich auch dahin geäußert, daß er auf Vorschläge wie diese, mit andern Worten auf Kooperation, recht eigentlich gerechnet habe. Nur diese verspreche bei dem kleinen Kriege, der voraussichtlich in den nächsten Wochen bevorstände, die gewünschten Erfolge. Der Überfall Frankfurts, wenn nur von allen Seiten rechtzeitig eingegriffen würde, böte geringere Schwierigkeiten, als es auf den ersten Blick erscheinen möchte. Die französischen Truppen seien decouragiert, unter allen Umständen aber erheische die Parkierung eines so bedeutenden Geschützmaterials einen raschen Versuch. Er proponiere deshalb die Nacht von Montag auf Dienstag und werde seinerseits im Laufe des voraufgehenden Tages bis in die Kunersdorfer Gegend rücken, um von dort aus zu näher festzusetzender Stunde die Dammvorstadt angreifen zu lassen, und zwar mit zweitausend Mann Elitetruppen. Seines Eifers dürfe man sich versichert halten; er werde persönlich zugegen sein und den Angriff leiten.
    So Drosselsteins Bericht, dem Berndt und Bamme mit wachsendem Interesse gefolgt waren. Beide glaubten in dem guten Ausgange dieser Mission das Unterpfand weiteren Gelingens erblicken zu dürfen und setzten die schon vorher geplante »Rekognoszierung gegen Frankfurt« auf den

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