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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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wie nur möglich. Er begann damit, den mit der Havel in Verbindung stehenden Graben, der das Schloß von drei Seiten umgab, zuschütten zu lassen. Den acht Fuß hohen Mauerrest des aus der Quitzowzeit herstammenden Gefängnisturmes ließ er, wie schon hervorgehoben, abtragen und nur das unterirdische Verlies fortbestehen, darin der Herzog von Mecklenburg gefangen gesessen hatte. Bald darauf verschwand auch die Wassermühle, die Friedrich von Görne mit großen Unkosten angelegt hatte. Natürlich. Alles, was Görnesch war, war verpönt. In der Kirche zu Plaue hing die Ritterrüstung eines Ahnherrn von Görne; von Anhalt ließ sie nach einem Nachbargute bringen, damit er sie, bei seinem Kirchenbesuche, nicht beständig vor Augen habe. Was sich noch von Erzeugnissen der von Görneschen Porzellanmanufaktur im Schlosse befand, ward in die Havel geworfen, ebenso was an Urkunden da war. Er konnte sich in leidenschaftlicher Verwüstung alles dessen, was andern etwas bedeutete, gar nicht genugtun. Sein besonderer Groll aber, darin sich zum Überfluß auch noch Verachtung mischte, richtete sich gegen die Stadt Plaue als » Stadt «, deren vier Tore er einfach wegbrechen, desgleichen auch die Schilder mit den Straßennamen entfernen ließ. Ebenso wollte er das Stadtsiegel, einen doppelten Adler, vernichten, und zwar mit dem Bemerken, »daß dies Siegel unschicklich und zum Gebrauche sogar bedenklich sei«. Das Kammergericht trat aber für die Stadt ein und sprach ihr das Siegel wieder zu. Trotz dieser Niederlage fuhr er in seiner Fehde fort und ließ eines Tages eine von ihm herrührende Polizeiverwarnung an die Straßenecken anschlagen, in der der Bürgermeister, die Ratsmänner und Bürger als »Schulze, Schöppen und Kossäten« angeredet wurden. Ebenso verfuhr er in der Kirche, wo die Magistratsloge die Inschrift empfing: »Sitze für den Schulzen und die Schöppen«. Selbst der Nachtwächter wurde herangezogen und mußte von Stund an rufen: »Bewahrt das Feuer und das Licht, daß diesem Dorfe kein Schaden geschicht.« Wieder wurde Plaue beim Kammergericht vorstellig, und das Kammergericht entschied abermals: »in allen öffentlichen Anschlägen den Ort Plaue ›Stadt‹ oder ›Städtchen‹ zu nennen und so auch durch den dasigen Nachtwächter abrufen zu lassen, überhaupt die Stadt Plaue – bei 100 Dukaten Strafe für jeden Kontraventionsfall – bei ihren städtischen Gerechtsamen und dem Namen einer Stadt oder eines Städtchens zu belassen, auch die dasige Obrigkeit und Bürgerschaft nicht Schulze, Schöppen und Kossäten, sondern Bürgermeister, Ratmänner und Bürger zu benennen«.
    So von Anhalt in seiner lächerlich aufgeschraubten Grandseigneurschaft, die beständig in Brutalität und – Karikatur ausartete. Was aber der guten Stadt Plaue womöglich noch mehr Anstoß und Ärgernis gab als ihres Schloßherrn unerträglicher Hochmut, das war sein Wandel, der aller guten Sitte Hohn sprach. Bis 1780 ging es. In diesem Jahre aber starb Frau von Anhalt, Karoline, geborene von Wedell, Tochter des Kriegsministers von Wedell, und von diesem Zeitpunkt an kannte von Anhalts Rücksichtslosigkeit keine Grenzen mehr. Er gefiel sich in seltsamen Reunions, denen die Sitzungen des Tabakskollegiums weiland König Friedrich Wilhelms I. als Muster vorschweben mochten, von denen sie sich aber durch ihre Sittenlosigkeit nur zu sehr unterschieden. Berliner Freunde wurden geladen, einzelne Nachbarn nahmen teil, und was an Witz und Wissen fehlen mochte (trotzdem es an klugen Köpfen nicht geradezu gebrach), das wurde durch Roheiten ersetzt. Heldin und Opfer dieser Bacchanale war eine Maitresse von Anhalts, eine Planer Fischertochter, die, wenn man sich von der Tafel erhob, zur Belustigung der Gäste mit herangezogen wurde. Man schritt dann zu Bacchustänzen, neben denen all das, was über solche Tänze berichtet wird, verschwindet. Alles, was geschah, war übrigens noch mehr gemein als lasterhaft, aber das, was die Moral dabei gewinnen mochte, wurde mehr als ausgelöscht durch ein Gebaren, das den Begriff der Menschenwürde nicht kannte. Diese Szenen spielten genau zu der Zeit, wo die Menschenrechte proklamiert wurden. Indessen was bedeuteten diesem Manne die Menschenrechte? Den Vätern, auf den zur Herrschaft gehörigen Dörfern, nahm er die konfirmierten Knaben und zwang sie zu mehrjährigem Dienst als Schweinehirten und Hundejungen. Der Dienst einzelner Konfirmandinnen entsprach dem. Liest man solche Schilderungen, so begreift man,

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