Sehnsucht FC Bayern
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Bayern-Fans sind anders! Das glauben viele, die sich für Fußball interessieren. Zumindest wohl die meisten derer, die dem FC Bayern von Herzen alles Schlechte wünschen, und auch einige Bayern-Fans nehmen an, die Strahlkraft des Vereins übertrage sich auch auf sie. Manuel Andrack, kongenialer Stichwortgeber von Harald Schmidt und bekennender Fan des 1. FC Köln, bezeichnet Bayern-Fans durchgängig als kleine, dicke Konsumkids, die im neuesten Bayern-Trikot an der Hand des Vaters dem Erfolg hinterherlaufen.
Diese Spezies unter den Bayern-Fans gibt es tatsächlich. Ich selber bin nicht klein, habe zugegebenermaßen zwar etwas Probleme mit meinem Gewicht, aber ein Trikot habe ich die wenigste Zeit meiner Fankarriere besessen. Gegen junge Fans habe ich überhaupt nichts. Erst recht nicht dann, wenn sie ein Bayern-Trikot tragen. Jeder Profifußballverein »produziert« auf dem Höhepunkt seines sportlichen Erfolges ganze Jahrgänge, die ihm – je nach Landstrich – durchgängig die Daumen drücken. Das war mit Borussia Mönchengladbach in den siebziger Jahren und dem Namensvetter aus Dortmund in den Neunzigern nicht anders. Erfolg macht sexy. Für kleine Jungs auch weit vor ihrer Geschlechtsreife. Man merkt es vielleicht, ich schreibe mich in Rage. Bayern München und seine angeblichen Erfolgsfans ist ein persönliches Reizthema.
Frankfurt am Main im Oktober 2007, Messehalle 3 der Buchmesse: Über Erfolgsfans, schlechte Stimmung in der Allianz-Arena und angebliche Traditionsvereine intensiv mit den Mitarbeitern des Werkstatt-Verlages ins Gespräch vertieft, machten mir diese ein spontanes Angebot: »Schreib über dich, den FC Bayern und deinen langen Werdegang als Fan. Wenn nicht du, wer dann?« Was zunächst verlockend klang und nach viel Arbeit roch, ließ mich dann doch stutzig werden. Eine Autobiografie mit 40? Ich bin doch nicht Daniel Küblböck. In meinem Alter aufgefordert zu werden, eine Autobiografie zu schreiben, ist so, als ob einem im Bus zum ersten Mal von einem Jüngeren ein Platz angeboten wird.
Andererseits wurde es längst Zeit, dass endlich auch ein Buch über das Fantum des FC Bayern München auf den Markt kam. Ein Buch, das sich endlich auch mal aus der Sicht eines Bayern-Fans den zahlreichen Klischees, Vorurteilen und Neid-Themen über den FCB widmet.
Nach weit über 600 Bayern-Spielen in 29 Ländern hatte ich auch wahrlich genug Zeit zum Nachdenken. Was soll man auf den langen Auswärtsfahrten oft auch anderes machen? Nicht nur das, es bleibt einem manchmal gar nichts anderes übrig. Sei es, weil einem auf der Rückfahrt auf der Autobahn die soeben erlebte Niederlage nicht aus dem Kopf geht. Oder aber auch, weil man beispielsweise von Mitreisenden auf der nächtlichen Fährüberfahrt zum Bayern-Spiel in Göteborg in die wenig sinnstiftende Diskussion hineingezogen wird, ob jetzt nun Reykjavik oder Trondheim das nördlichste Europacup-Stadion hat. Von solchen und auch ganz anderen Themen handelt dieses Buch.
Alle beschriebenen Ereignisse, Begebenheiten und Kuriositäten dieses Buches haben sich tatsächlich auch so abgespielt. Man wird schnell merken, dass ich es nicht nötig hatte, Erfundenes hinzuzufügen. Im Gegenteil: Aus Platzgründen musste leider auf so manche Anekdote und auf die Schilderungen von vielen Spielbesuchen verzichtet werden. Auch gibt es natürlich Details aus meinem Leben, die so privat sind, dass ich sie hier verständlicherweise ausgeklammert habe.
Es ist auch mein 30-jähriger Lebens- und Leidensweg mit einem der aufregendsten Fußballvereine der Welt. Zunächst unbeholfen aus der Ferne, heute Mitarbeiter des FC Bayern in München. Eine Wegstrecke, die 1979 zu einem Zeitpunkt einsetzte, als man Fans mit Rowdys, bestenfalls noch mit Schlachtenbummlern gleichgesetzt hat. 30 Jahre später ist diese Welt gesellschaftlich akzeptiert, Bühne für gehobene Einkommensschichten, kommerziell durchgestylt, online abrufbar und wird virtuell simuliert. Doch es lohnt sich, diesen Wandel zu skizzieren und Erlebtes, Erfahrungen sowie eigene Erinnerungen am Beispiel Bayern München wieder wach werden zu lassen!
Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" für Tabil Tahabita mit der ID 2162063 generiert. ©2012
1978/79
I RRITATIONEN ZU B EGINN
Ja, ich gebe es zu: Der Anfang war grün-weiß-schwarz. Und Kenner der Bundesliga-Farbenlehre werden unweigerlich auf Borussia Mönchengladbach tippen. So war es tatsächlich: Mein erstes Fanutensil war ein
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