Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
ja freut man sich im tiefsten Herzen (und kann dies der patriotischen Phrase gegenüber nicht oft und nicht laut genug betont werden), daß fünfzehn Jahre später die Franzosen von einem starken Bruchteil unserer Bevölkerung mehr als Befreier wie als Unterdrücker empfangen wurden. Etwas von Genialität und superiorem Humor, ja selbst von Berechtigung einer herausfordernden Spießbürgerlichkeit gegenüber soll all diesem Tun nicht abgesprochen werden, aber wer sich darin gefällt, das Recht kleiner Leute zu mißachten und dabei, dem Gesetz ein Schnippchen schlagend, lediglich die Spießbürgerlichkeit der kleinen Leute zu betonen, der hat es leicht, den Humoristen zu spielen und eine komische Wirkung hervorzubringen. Endlich, 1793, kam die Quälerei zum Abschluß: von Anhalt verkaufte seinen Gesamtbesitz an den Kriegs- und Domainenrat Adolf Julius von Lauer-Münchhofen .
Plaue atmete auf.
Von Anhalt überlebte diesen Verkauf noch um acht Jahre und starb 1801, siebenundsechzig Jahre alt, im Städtchen Ziesar.
4. Kapitel
Plaue von 1793 bis 1839
(Von Lauer-Münchhofensche Zeit)
Adolf Julius Lauer, ursprünglich Cabinetssekretär, dann Hofkammer- und Forstrat des Markgrafen Heinrich von Brandenburg-Schwedt, wurde, nachdem er in königlich preußische Dienste getreten, als Kriegs- und Domainenrat zu Magdeburg in den Freiherrnstand erhoben. Er vermählte sich mit Charlotte, Freifrau von Stoltzenberg.
Wie der Beginn der Görnezeit den Dreißigjährigen Krieg gesehen hatte, so sah die Lauer-Münchhofensche Zeit die Befreiungskriege. Leider auch das , was der Befreiung voraufging. 1806 dirigierte sich ein Teil unseres Rückzugs über Plaue, dessen Brücke – wie zur Zeit der Schweden und Kaiserlichen – niedergebrannt wurde, um die Franzosen in ihrem Vormarsch auf Berlin aufzuhalten. Daß Plaue, trotz dieser den Verkehr beinahe aufhebenden Zerstörung der Brücke, die Zeit von Anno 6 bis Anno 13 ohne sonderliche Beschwerde überdauerte, war in hohem Grade das Verdienst der neuen Guts- und Schloßherrschaft. Freiherr von Lauer-Münchhofen starb erheblich früher als die Baronin. Nach seinem Hinscheiden übernahm diese die Verwaltung und leitete dieselbe segensreich, auch darin an die Görnezeit erinnernd.
5. Kapitel
Plaue von 1839 bis jetzt
(Graf Königsmarcksche Zeit)
1839 starb die Baronin von Lauer-Münchhofen, und im selben Jahre noch erstand Hans Valentin Ferdinand Graf von Königsmarck Schloß Plaue. Zehn Jahre später, 1849, folgte der älteste Sohn, Hans Karl Albert von Königsmarck, im Besitz. Er war Wirklicher Geheimrat, Gesandter in Konstantinopel und starb 1876. Gegenwärtiger Besitzer ist Graf Karl Hans Konstantin, geboren 1839 zu Konstantinopel, vermählt mit Leontine Gräfin von Sayn-Wittgenstein-Sayn.
Schloß Plaue, wie sich’s gegenwärtig präsentiert, ist, in seiner äußeren Erscheinung, noch immer der Bau, den Friedrich von Görne zwischen 1711 und 1715 hier entstehen ließ und von dem wir, mit Hilfe der Pastor Löseckeschen Aufzeichnungen aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts, bereits eine Beschreibung gaben. Aber sowenig in dieser äußeren Erscheinung geändert wurde, das Innere des Schlosses hat doch erhebliche Veränderungen erfahren, am meisten in bezug auf Ausstattung einiger schon durch ihren Umfang in Betracht kommenden Räumlichkeiten.
Einen Hauptteil des auf die Havel blickenden Corps de logis nehmen, in Erdgeschoß und erstem Stock, zwei große Säle ein, deren unmittelbar anschließende Räume, rechtwinklig einbiegend, sich in einer langen Zimmerreihe beider Schloßflügel fortsetzen.
Der Saal im Erdgeschoß dient als Familien- und Empfangszimmer, und der schönen Lage desselben entspricht denn auch seine Herrichtung und Ausschmückung. Es finden sich hier Familienportraits von Meisterhand: Graf Hans Karl Albert von Königsmarck, Gesandter in Konstantinopel, und Gräfin Jenny von Königsmarck, geborene von Bülow, beide vom Professor Karl Sohn; ferner ein junger Graf von Königsmarck, Sohn des Gesandten in Konstantinopel, in der Uniform der Gardehusaren (dieser junge Graf K. starb früh; in der Kirche zu Plaue steht er, in ganzer Figur, in einem in Erz ausgeführten gotischen Monument); ferner Familiengruppenbild: Söhne und Töchter; endlich ein kleines Damenportrait überm Kamin, wahrscheinlich von Wach oder Krüger herrührend, durch besondere Schönheit ausgezeichnet.
Über diesem Saal im Erdgeschoß befindet sich ein gleich großer Raum
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