Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
vollständiges Tafelservice, das auch sehr schön ausfiel und auf braunem Grunde das stark vergoldete Wappen des Zaren zeigte. Diese Fortschritte, diesseitig freudig begrüßt, waren selbstverständlich ein Schrecken in Sachsen, wo man die Fortführung und jedenfalls die Rentabilität der Meißner Manufaktur ernstlich in Frage gestellt sah, so sehr, daß Unterhandlungen (die sich übrigens bald wieder zerschlugen) begannen, um die Fabrik in Plaue zum Rücktritt zu veranlassen. Die Hilfe für Sachsen kam schließlich von anderer Seite her: Friedrich von Görne, durch Friedrich Wilhelm I. zum Geheimen Etatsrat ernannt, sah sich bald nach seiner Ernennung in eine hohe Verwaltungsstelle nach Ostpreußen berufen und von dieser entfernten Provinz aus selbstverständlich außerstande, den Vorgängen in Plaue, wie das durchaus nötig war, kontrollierend zu folgen. So rissen denn Unordnungen ein, die rasch wuchsen und bei Rückkehr von Görnes das Aufgeben des ganzen Betriebes zur Folge hatten.
Das war 1730. Aber bis zu seinem Lebensausgange blieb von Görnes Gesamttätigkeit ein Segen für Stadt und Land. Im Jahre 1743 wurde, mutmaßlich unter seiner Anregung, der Plauesche Kanal begonnen und am 7. Juni 1745 beendet. Siebzehn Tage später starb er. Das Planer Kirchenbuch meldet: »Den 24. Juni 1745 hat S. Exc. Herr Friedrich von Görne, Seiner Majestät hochbestallter Wirklicher Geheimer Etats- und Kriegsminister, Vizepräsident und erster dirigierender Minister bei dem General-Oberfinanz-, Kriegs- und Domainen-Direktorio, Ritter des Schwarzen Adlerordens, Generalpostmeister, Erbherr auf Plaue, Gollwitz etc. etc. nach einer langwierigen Schwachheit im fünfundsiebzigsten Jahre Dero Alters das Zeitliche mit dem Ewigen verwechselt und ist seine Leiche den 28. Juni in dem hochadligen Gewölbe zu Gollwitz beigesetzt worden.«
Plaue blieb noch zwanzig Jahre in von Görneschem Besitz, bis es Leopold von Görne, Sohn Friedrichs von Görne, im Jahre 1765 für 160 000 Taler an den Königlich preußischen Obersten von der Infanterie, Wilhelm von Anhalt, Generalquartier- und Hofjägermeister, auch Domherr der hohen Stiftskirche zu Havelberg, verkaufte.
3. Kapitel
Plaue von 1765 bis 1793
(Von Anhaltsche Zeit)
Wilhelm von Anhalt war der natürliche Sohn des Prinzen Wilhelm Gustav von Anhalt (ältesten Sohnes des Fürsten Leopold von Dessau), mithin ein Enkel des Alten Dessauers. Er glich diesem in vielen Stücken, aber freilich mehr in seinen Fehlern als in seinen Tugenden. Trotzdem, oder vielleicht auch eben deshalb, war er eine »interessante Figur«. Dem wundersamen Regiment, das er achtundzwanzig Jahre lang in Plaue führte, schicke ich seine biographische Skizze voraus.
Prinz Wilhelm Gustav von Anhalt unterhielt ein Verhältnis mit der Tochter eines Superintendenten namens Schardius. Diesem Verhältnis entsprossen zwei Söhne, Wilhelm und Philipp, die beide zu Kapelle bei Radegast im Anhaltischen das Licht der Welt erblickten. Der älteste, Wilhelm , geboren 1734, trat bei dem Prinzen Moritz von Anhalt, seinem Onkel, unter dem Namen Wilhelmi in Dienst und zeichnete sich durch Anlagen und Anstelligkeit derart aus, daß Prinz Moritz ein Patent als Lieutenant für ihn erwirkte. In dieser Eigenschaft blieb er vier Jahre lang in des Prinzen Gefolge, und als dieser, bei Hochkirch schwer verwundet, das Heer verließ, empfahl er seinen Schützling dem General von Hülsen, dem er gleichzeitig das Ehrenwort abnahm, über die Geburtsverhältnisse Lieutenant Wilhelmis unverbrüchliches Schweigen beobachten zu wollen.
Lieutenant Wilhelmi folgte nun seinem neuen Gönner nach Sachsen und zeichnete sich hier in einem Gefechte, welches Hülsen den Österreichern lieferte, aus. Der glückliche Ausgang des Gefechtes erschien Friedrich so wichtig, daß er sich selbst zum General Hülsen begab, mit demselben das Terrain überblickte und einen seiner Ingenieure beauftragte, einen genauen Plan anzufertigen. Zufällig hörte Wilhelmi den Befehl und bat den General, er möge ihm die Erlaubnis verschaffen, ebenfalls einen Plan anfertigen zu dürfen. Der König willfahrte diesem Wunsche, und Wilhelmi lieferte seine Arbeit früher ab als der Ingenieur. Friedrich war mit derselben zufrieden, erkundigte sich näher nach dem jungen Mann und trug Hülsen auf, ihn zu ihm zu schicken. Hülsen jedoch, in der Meinung, daß der König den betreffenden Auftrag sehr wahrscheinlich wieder vergessen habe, nebenher aber auch wohl fürchtend,
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