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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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»große Büchse« gestanden hatte, das unfruchtbare Sand- und Sumpfland in ein Garten-Eden um und machte seine Studierstube zur Kultusstätte für Hahnemann und Schopenhauer. Aber alles ist vergessen oder wird vergessen sein, wenn die Geschichte noch immer von dem ersten an dieser Stelle, von Johann von Quitzow erzählt, der den Mecklenburger Herzog in das Burgverlies warf und den das Wiehern seines Rosses verriet, als er sich auf der Flucht im Havelröhricht verbergen wollte. Das Kleine vergeht, das Große bleibt. Denn ein Großes war es, als unter dem Hinschwinden einer Willkür übenden Adelsmacht die Gesetzlichkeit hier einzog und mit dieser Gesetzlichkeit eine neue Zeit begründete.

Hoppenrade
     
    1. Kapitel
     
    Erster Besuch in Hoppenrade. Die Legende von der Krautentochter
     
    Es sind jetzt zwanzig Jahre, daß ich, gleich bei Beginn meiner Arbeiten über Ruppin und Rheinsberg, zum ersten Male nach Hoppenrade kam. Ein Freund, der es schon oberflächlich kannte, hatte für jenen Tag die Führung übernommen, und nicht ohne Neugier und Erregung war es, daß ich nach dem »verwunschenen Schlosse« hin aussah, als wir in unserer hin- und herschwankenden und noch altmodisch in C-Federn hängenden Halbchaise die große Rüsterallee hinauffuhren. Aber der Gegenstand unserer Neugier verbarg sich bis zuletzt und wurd erst sichtbar, als wir unmittelbar vor ihm hielten. Er lag da wie herrenloses Eigentum. »He, holla!« Und der Kutscher knipste begleitend mit der Peitsche.
    Niemand aber kam, uns zu begrüßen, freilich auch niemand, uns den Zutritt zu wehren, und so halfen wir uns denn schließlich selbst, öffneten die nur angelegte Tür und stiegen, an einer mit Silber und Schildpatt ausgelegten alten Fluruhr vorbei, die breite, flachstufige Treppe hinauf, deren schöngeschnitztes und noch wohlerhaltenes Geländer uns auf den Reichtum hinwies, der dies alles einst ins Leben gerufen. Auf den Reichtum und den guten Geschmack.
    Und nun waren wir oben und gingen von Zimmer zu Zimmer. Alle standen auf, und in jedem einzelnen erkannten wir immer wieder dasselbe Durcheinander von Glanz und Verfall, das uns schon unten im Erdgeschoß entgegengetreten war. Überall Deckenbilder und Holzgetäfel, Supraporten und Ledertapeten, aber dazwischen Spinnweb und abgefallener Kalk oder im unausgesetzten Sonnenbrand trüb und buntglasig gewordene Fensterscheiben, aufgerissene Dielen und durchgeregnete Stellen an Fries und Decke. Ganz zuletzt erst kamen wir in einen großen saalartigen Raum, durch den die Drähte verschiedener Klingelzüge gezogen waren, aber die Drähte hatten ihre Spannung verloren und hingen entweder schlaff und schräg an der Wand hin oder lagen einfach am Fußboden entlang. Einige Neugierige, die hier vor uns ihren Besuch gemacht haben mochten, hatten sich drin verfitzt und auf die Weise das Bild der Unordnung und Wirrnis nur noch gesteigert. In ebendiesem Saale lag auch eine tote Schwalbe, die mutmaßlich durch den Rauchfang gekommen war und den Ausgang nicht hatte finden können.
    Ich fragte, wer das alles gebaut und bewohnt habe? Der Freund aber zuckte nur mit den Achseln und setzte zu vorläufigem Troste hinzu: »Vielleicht, daß wir’s unten von den Wänden lesen.«
    Und damit stiegen wir wieder treppab und gingen ein paar lange Korridore hinunter auf einen entfernteren Schloßflügel zu, darin sich die Schloßkapelle befinden sollte. Hier aber, während im oberen Stock alles aufgestanden hatte, fanden wir die Türe sorglich geschlossen und mußten, im Fall uns wirklich an einem Einblicke lag, einen Meier oder Verwalter oder sonstigen Majordomus von Schloß Hoppenrade zu finden suchen. Und wir fanden ihn auch in Gestalt eines auf einer Parkwiese mit Grasmähen beschäftigten Tagelöhners, der sich schließlich, nach einigem Parlamentieren, mit jener dem Märker eigentümlichen Mischung von Geneigtheit und Abgeneigtheit bestimmen ließ, uns ins Schloß zu folgen und die Kapellentür aufzuschließen.
    Die Kapelle selbst hatte den Umfang und fast auch das Ansehen eines Rokokosaales. Pfeiler und Decke waren weiß und golden und reiche Stuckornamente dazwischen. Unmittelbar über dem Altar befand sich die Kanzel, was auf Calvinismus deutete, sonst aber erschien alles katholisch, und zwar katholisch im zopfigsten Jesuitenstil, am meisten ein paar schrankartige, schräg ins Eck gebaute Chorstühle, die mit ihrem Gitterwerk und einem dahinter angebrachten Sitzplatze genau wie Beichtstühle wirkten. Ein

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