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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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vollen Recht gewesen wäre. Doch lag es mir fern, mein Recht in solcher Ausdehnung üben zu wollen. Wieder andere begreifen nicht und tadeln mich bitter, einem solchen Gegner die von ihm so sehr gewünschte »Erklärung« und in ebendieser Erklärung die Verzeihung für all seine Tollheiten gegeben zu haben. Und alle solche Vorwürfe muß ich ruhig hinnehmen. Es gibt eben wenig Personen, die von Generosität eine Vorstellung haben und sich klarmachen, daß ein Ehrenhandel etwas anderes ist und einer andern Beurteilung unterliegt als ein Zivil- und Kriminalprozeß. Eine noch geringere Zahl von Menschen erwägt die Macht des Moments und wie sehr der Moment angetan war, mich wenigstens vorübergehend zugunsten Elliots zu stimmen. Er schoß in die Luft statt auf mich, und das alles, nachdem er mir eine Minute zuvor in Gegenwart meines Sekundanten erklärt hatte, »daß er, wenn ich ihn nicht rehabilitierte, sich selber eine Kugel durch den Kopf jagen müsse«.
    Daneben freilich, mein teurer Herr Vater, soll nicht bestritten sein, daß im Laufe dieser Angelegenheit auch meinerseits allerhand Unklugheiten und Unvorsichtigkeiten begangen wurden, Unvorsichtigkeiten, die gewiß zu tadeln sind, aber unter gewöhnlichen Verhältnissen jedenfalls minder tadelnswert erscheinen würden. Ich hatte nur von Anfang an das Unglück, in diesem Ehrenhandel mit einem Menschen engagiert zu sein, der, schon von Natur ein Narr, bei jedem ausbrechenden Streit ein Verrückter, ein Tobsüchtiger wird.
    Ich hoffe, mein teurer Vater, daß dies der letzte Kummer ist, den ich Ihnen bereitet habe. Wenn ich Ihnen wieder schreibe, so wird es geschehen, um Ihnen einen Plan vorzulegen, der, denke ich, Ihre Zustimmung finden soll. Ich bitte nur, ein ganz klein wenig meinem Urteil und meiner ruhigen Überlegung vertrauen und ein für allemal davon ausgehen zu wollen, daß meinerseits nichts geschehen wird, was Ihre oder meine Ehre zu kompromittieren imstande wäre. Ihr ergebener und gehorsamer Sohn George.
    8. Kapitel
     
    Die Krautentochter wird in zweiter (heimlicher) Ehe Baronin Knyphausen
     
    »Wenn ich Ihnen wieder schreibe, so wird es geschehen, um Ihnen einen Plan vorzulegen, der, denk ich, Ihre Zustimmung finden soll«, so hieß es am Schlusse des zuletzt mitgeteilten Briefes, aber es scheint nicht, daß es zu Vorlegung dieses oder irgendeines anderen Planes kam. Als der junge Freiherr in seinen brieflichen Mitteilungen fortfuhr, war das, was sich in jenem Briefe mehr oder weniger mysteriös angekündigt hatte, bereits ausgeführt, und anstatt einer zu diskutierenden Sache lag einfach eine Tatsache vor. Diese Tatsache hieß: Ehe zwischen Baron Knyphausen und Frau von Elliot. Am 1. Oktober 1783 hatte die Heirat stattgefunden, indessen zunächst nur heimlich und nach gegenseitigem Übereinkommen auch nur »auf Versuch«. Dem jungen Freiherrn aber, nachdem er die betreffende Mitteilung lange hinausgeschoben, lag es jetzt ob, über all dies an seinen »Herrn Vater« zu berichten. Er tat dies in einem langen und weit zurückgreifenden Exposé, weit zurückgreifend deshalb, weil er das Mißliche seiner Situation einsah und sich von einer im Zusammenhange gegebenen historisch-psychologischen Darstellung am ehesten noch eine gute Wirkung auf das Herz seines alten Vaters versprechen mochte.
     
    Hoppenrade , 1. März 1784
    Seit meinem letzten an Sie gerichteten Briefe haben sich Dinge vollzogen, die Sie, mein hochgeehrtester Herr Vater, aus dem einen Umstande schon, daß diese Zeilen das Datum Hoppenrade tragen, erraten werden. Ich habe mich, nachdem bereits am 30. Juni die Scheidung ausgesprochen war, am 1. Oktober v. J. mit Frau von Elliot, geborenem Fräulein von Kraut, verheiratet, aber heimlich und, was am verwunderlichsten erscheinen mag, auf Probe.
    Die Reihe von Ereignissen, die zu diesem Schritte führte, bitt ich Ihnen noch einmal vor Aug und Seele stellen zu dürfen. Ich werde dabei manches, was ich schon in früheren Briefen sagte, wiederholen müssen, aber diese Wiederholungen werden kurz sein und keinen anderen Zweck verfolgen, als einen Zusammenhang in meiner Erzählung und einen Überblick über das Geschehene herzustellen.
    Fräulein Charlotte von Kraut (ich nenne sie mit Vorliebe bei diesem ihren Geburtsnamen) wurde, dank ihrer Mutter, mit kaum sechzehn Jahren einem Manne ohne Geist und Herz, dem englischen Gesandten Mr. Elliot, vermählt. Auch er war jung, nicht über vierundzwanzig, und glich mehr einem Pagen als dem Minister und

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