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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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wurd es aber nicht bewilligt, so gesellte sich zu dem Schmerzlichen eines Refus auch noch die Kränkung einer Reprimande. Und wie sehr er sich dagegen sträuben mochte, in dieser Erkenntnis lag die tiefste Quelle seines Zornes.
    Er war, von Breslau her, abschläglich beschieden worden, aber endlich, wie die Freunde keinen Augenblick bezweifelt hatten, entwickelte sich doch alles im Einklang mit seinen Wünschen. Ein längerer Aufschub wurde bewilligt, und als Karl von Hertefeld im März 1814 aufbrach, um sich, nach Ablauf der Frist, den verbündeten Armeen anzuschließen, standen diese schon in der Nähe von Paris und schlugen ihre letzten Schlachten.
    Er hatte sich ohne Schuld verspätet. Aber ob mit, ob ohne Schuld, als im folgenden Jahre die Kriegsflamme noch einmal aufloderte, war es doch jedenfalls ein unerläßliches Gebot der Ehre für ihn geworden, ein zweites Mal nicht zu fehlen, vielmehr rasch und rechtzeitig am Platze zu sein. Auch der alte Freiherr entschied sich jetzt in diesem Sinne, bezwang sein Herz und beschränkte sich darauf, an den eben damals in Berlin weilenden Sohn eine Reihe kurzer Briefe zu richten, die hier, sowohl zur Kennzeichnung des Schreibers wie der Situation eine Stelle finden mögen. Alles in ihnen ebenso weisheits- wie liebevoll.
    19. April
    Mein lieber Sohn. Für mich, als Deinem Dich liebenden und seinem Ende sehr nah sich fühlenden Vater, ist es ein Hartes, Dir in einer Sache Rat zu geben, die mich niederdrückt. Ich wünsche nicht, daß Du als Gemeiner in eine ohnehin trübselige Laufbahn eintreten möchtest. Wär es möglich, daß Du als Freiwilliger auf Deine Kosten dienen und in der Adjutantur ankommen könntest, so wäre mir das das liebste. Ich weiß, daß Enthusiasmus Dich treibt, aber sieh Dich vor, daß er Dich nicht zu Schritten verleitet, die Dir später unangenehm werden könnten. Glaube mir als einem alten, erfahrenen und vorurteilsfreien Manne, der Militärstand ist eine splendide Misère. Wenn man eine Zeitlang darin gearbeitet hat, so fühlt man erst das Angenehme der Independenz, und wie nützlich sich der macht, der als ein Privater seine Güter selbst bewirtschaftet. Er dient dem allgemeinen Besten und braucht mit seiner Meinung nicht zurückzuhalten. Er ist ein freier Mann, der auch frei sprechen darf . Fessele Dich also nicht für immer.
     
    Den 22. April
    Ich kenne nun Deinen Entschluß, bei Major von Colombs Husaren eintreten zu wollen, und kann ihn nicht tadeln. Der Major hat den Ruf eines tätigen und gescheiten Mannes. Wenn Du mit ihm sprichst, so sag ihm Deine verfehlte vorjährige Dienstnehmung. Vielleicht kann er Dich zum Junker ernennen. Daß Du die Garden vermeiden willst, kann ich nur billigen; diese haben den alten unschicklichen Ton angenommen , der sie dem Bürgerstande anstößig machen muß.
     
    25. April
    Über unser Aufrufsedikt, wenn ich darüber sprechen wollte, wäre kein Ende. Was soll die Menge Kinder, die zusammenläuft, teils um der Schule, teils um der elterlichen Vormundschaft zu entweichen . Wir hatten ja Landwehren genug, die nur allenfalls der Komplettierung bedurften. Ich bin ein Feind alles Enthusiasmus, weil er sich auf Kosten der gesunden Vernunft eindrängt. »Kalt überlegt und warm ausgeführt«, das ist mein Denkspruch.
     
    8. Mai
    Du mußt mich nun verlassen, mein lieber Sohn, in einem Zeitpunkt, in dem ich aus dieser Zeitlichkeit scheiden werde. Gott segne Dich und stehe Dir bei in Gefahren und führe Dich gesund und tugendhaft in Deine väterliche Wohnung zurück. Mich wirst Du nicht wiederfinden. Ist es aber meinem Geist erlaubt, Dich zu umschweben, so wird er stets mit Dir sein. Auf Dir ruht das Glück und der Wohlstand Deiner Schwester; Du kannst als ein unabhängiger Mann leben und als solcher viel Gutes fördern. Darum, lieber Sohn, verlasse Deine Güter nicht, gib sie nicht aus der Hand um bloßer Ehrenvorzüge willen, sondern bleibe selbständig. Dein Schwager ist Dein Vormund bis zu Deiner Großjährigkeit. Nochmals lebe wohl und glücklich, und denk an Deinen dahinwelkenden Vater als an einen verlorenen, schlichten, aber treuen Freund.
     
    Es war des Alten aufrichtiger Glaube, daß er vor Rückkehr des Sohnes abscheiden werde. Der rasche Gang des Krieges aber übertraf alle Hoffnungen, und im Herbste war ihm noch ein Wiedersehen gegönnt, die letzte große Freude seines Lebens, denn seine Tage waren allerdings gezählt. Immer deutlicher stellte sich ein wassersüchtiger Zustand heraus, und der alte Heim

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