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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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von Pairs, die den Besitz haben, aber des historischen Hintergrunds vielleicht entbehren; b) die Nicht -Ernennung von Pairs, die den historischen Hintergrund haben, aber eines ausreichenden Großgrundbesitzes entbehren. Es muß das notwendig, und zwar ganz besonders in den Stammprovinzen der Monarchie, zur Verletzung der Rittergutsbesitzer und des in ihnen vertretenen altständischen Elementes führen. Und nun dies ständische Element selbst! Es ist zwar durch eigene wie fremde Schuld tief gesunken, aber es steckt noch Lebenskraft darin und kann sich wieder erholen. Vergleicht man die jetzigen Rittergutsbesitzer mit ihren Vätern und Großvätern vor fünfzig Jahren, so bemerkt man, daß Güterschacher, Leichtsinn, Verschwendung und Bankerott damals viel häufiger waren als jetzt. Einzelne sind untergegangen, allein der Stand, der im Boden wurzelt, ist nicht vernichtet.
    Ein anderer Übelstand« (so fährt er fort) »ist der, daß eine lediglich auf Grundbesitz basierte ›erbliche Pairie‹ den Geldkapitalbesitz ausschließt. Darin liegt aber eine Gefahr. Geldkapital ist unleugbar auch eine Macht, und diese Macht zur Opposition gegen ein neues Institut herauszufordern will uns nicht ratsam erscheinen. Unter allen Umständen indes sind weder Grundbesitz noch Geldkapital daran gewöhnt, sich durch einige hervorragende Spitzen, die nur von obenher ernannt , aber nicht durch Nächst-Interessierte gewählt wurden, für vertreten zu erachten. Im Gegenteil, der größere, nicht ernannte Teil würde sich gegen ein Institut wenden, durch das er sich erniedrigt glaubt. Sind diese Prämissen richtig, so folgt daraus, daß eine Wahl auch für eine Pairskammer nicht ganz auszuschließen ist.«
     
    Soweit Hertefeld. Auch über den Modus dieser Wahl verbreitet er sich im weiteren Verlauf seines Promemorias und wünscht danach etwa 90 Großgrundbesitzer und 45 Großkapitalisten in der Ersten Kammer zu sehen, von denen diese wie jene durch eine mindestens dreißigfache Zahl ihrer eigenen Gruppe gewählt sein müssen.
    Es ist auf diese seine Vorschläge, wenigstens direkt, nicht eingegangen worden, und, wie hinzugesetzt werden muß, glücklicherweise nicht. Er versah es nämlich in einem wichtigen Punkte, darin, daß er »Großgrundbesitz« und »historischen Hintergrund« als halbe, ja der Mehrzahl der Fälle nach als ganze Gegensätze faßte. Dieser Gegensatz fiel aber teils fort, teils wurd er umgangen.
    Um es zu wiederholen, er drang nicht durch. Unter allen Umständen aber zeigen Denkschriften wie diese, mit welchem Ernst und welch historischer Sachkenntnis er an die großen Tagesfragen herantrat. Und namentlich dies letztere verdient hervorgehoben zu werden. Er war von einer außerordentlichen Informiertheit, und so wenig glänzend sein erster Schulgang unter Magister Greifs Leitung gewesen sein mochte, so hervorragend war nichtsdestoweniger sein Wissen, ganz besonders die Menge seines Wissens. Er gehörte zu jenen Glücklichen, denen alles, was sie sehen und hören, auf immer im Gedächtnis bleibt. Außerdem aber war er von einer wahren Leseleidenschaft ergriffen, und nichts erschien, und wenn es das scheinbar Weitabliegendste gewesen wäre, von dem er nicht Notiz genommen hätte. So kam es, daß er, mit den verschiedensten Künstlern und Gelehrten bekannt und befreundet, mit jedem in seiner Sprache zu reden vermochte. Selbst mit Philologen. Er war »in allen Sätteln gerecht« und doch weder rechthaberisch, noch streitsüchtig, noch prätentiös. Es lag vielmehr umgekehrt in seiner Natur, immer die liebenswürdigsten Formen zu wahren, und zwar einerseits, weil er humoristisch, andrerseits, weil er ohne Wissensüberschätzung war. Es galt ihm viel, aber es bedeutete ihm nie die Hauptsache.
    Seine glänzendste Seite war seine Wohltätigkeit. Er besaß einen wahren Helfedrang und half im großen und kleinen. Unter andrem rührt die Bestimmung von ihm her, daß alle Tagelöhner auf seinen Besitzungen Anspruch auf freien Doktor und freie Medizin haben, infolgedessen ein unglaublicher Medizinkonsum in Liebenberg und Umgegend eingerissen ist.
    Als er starb, fanden sich neben vielen andern Legaten auch 30 000 Taler vor, aus denen, unter allmählicher Heranziehung »ausstehender Gelder«, ein Stiftungsfonds, einerseits zu Dotierung alter Liebenberger Beamten, andrerseits zur Unterstützung augenblicklich in Bedrängnis geratener Familienmitglieder, gebildet werden sollte. Diese »Heranziehung ausstehender Gelder« geschah, und

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