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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Beirut (nah an 100 000 Einwohner) nicht nur Sidon und Tyrus überflügelt, sondern sich überhaupt zum ersten Handelsort dieser Gegenden erhoben hat. Beirut ist in ähnlicher Weise französisch, wie Kairo und ganz Unterägypten englisch ist. Die Franzosen sind gewillt, sich hier, an der syrisch-phönizischen Küste, für den Verlust von Ägypten schadlos zu halten.
    5. März . Ruhetag in Beirut, im Hôtel d’Orient. Der Prinz tritt in Beziehungen zu dem türkischen Gouverneur: Rustem Pascha. »Nur einzelne Zedern«, sagte Rustem Pascha, »stehen auf dem Libanon. Ich habe eine jede mit einer Mauer umgeben lassen, da die Reisenden sich nicht scheuten, ihr Lagerfeuer am Fuß ihrer Stämme anzuzünden, und mehrere infolgedessen abstarben. Meine Versuche, die jungen Sprossen hierher nach dem großen Garten von Beirut zu verpflanzen, scheiterten mehrere Male. Erst die Beobachtung, daß sie genau nach derselben Himmelsrichtung, der sie früher zugekehrt waren, stehen müssen, führte zu einem günstigen Resultate. Sie kommen jetzt fort, daß es eine Freude ist. Ja, man muß eben die schwachen Seiten der Bäume wie der Menschen kennen, um seine Hoffnungen auf ihre gute Zukunft nicht fallenzulassen.« Dann sprach Rustem Pascha über die Drusen und Maroniten und schloß: »Für die öffentliche Sicherheit habe ich in den langen Jahren meiner Verwaltung das Menschenmögliche geleistet. Maroniten und Drusen leben gegenwärtig in Frieden und Ruhe nebeneinander, und eine Frau oder ein Kind kann des Nachts sicherer durch den Libanon gehen als durch die Straßen von Paris! Wenn man gegenwärtig von Unruhen in meinem Distrikte spricht, so ist das Verleumdung. In summa, ich habe meine Schuldigkeit getan, ich gehöre nicht zur Klasse jener Orientalen, denen alles gleichgiltig ist.«
    6. März . Desgleichen Ruhetag in Beirut. Oberst von Natzmer , seit Wochen von einem heftigen Anfall von Ischias geplagt, trennt sich vom Prinzen und der Reisegesellschaft desselben und kehrt auf dem von Konstantinopel eintreffenden Lloyddampfer nach Triest und Deutschland zurück.
    7. März . Aufbruch 5½ Uhr früh von Beirut nach Damaskus, fünfzehn deutsche Meilen. Man benutzt die französische Diligence, die die Libanonausläufer zu passieren hat, und trifft beim Dunkelwerden in Damaskus ein.
    8. März . Besuch des Prinzen bei Abd-el-Kader . Abd-el-Kaders Augen leuchteten, als ihm der Prinz entgegenging und seine beiden Hände, wie die eines alten Freundes, ergriff. Abd-el-Kader machte den Eindruck eines vollständigen Greises und wirkte wie ein betagtes Mitglied der gelehrten Klasse der Ulemas. Das kleine, faltige, rötliche Gesicht, von einem kurzgeschnittenen weißen Bart umrahmt, zeigte einen feingeformten Mund mit vollzähliger Zahnreihe und eine aquiline Nase. Die bläulich-grauen Augen leuchteten mit einem schillernden Matt, hafteten aber mit eigentümlicher Schärfe an den Blicken des mit ihm Redenden. Sein Gang war der eines ermüdeten Greises, langsam nur schlich er umher, und seine Hände waren beständig in einer leise zitternden Bewegung. Die Unterhaltung des Emirs begann mit höflichen Begrüßungen, voll jener feinen Wendungen, wie sie dem gebildeten Orientalen eigen sind. Der Prinz seinerseits bemerkte, daß er vor langen Jahren, bei einer Reise durch Frankreich, das Schloß von Amboise besucht habe, um die Gemächer zu sehen, in welchen der Emir einst seinen Wohnsitz aufgeschlagen hatte. Abd-el-Kader lächelte verlegen, als sei ihm die Erinnerung daran eine schmerzliche. Statt aller Antwort darauf ergriff er die Hand des Prinzen und legte sie wie die eines lieben Freundes in die seinige. Trotz seines hohen Alters bewies der Emir ein ausgezeichnetes Gedächtnis und erinnerte sich zum Beispiel mit allen nur möglichen Einzelheiten der erlauchten Person des Kronprinzen, mit dem er bei Gelegenheit der Eröffnung des Suezkanals in Ägypten reden zu dürfen die Ehre gehabt habe. Jedes Gespräch, welches auf die Ereignisse des letzten großen Krieges Frankreichs gegen Deutschland ein Streiflicht hätte werfen können, vermied er mit peinlicher Ängstlichkeit. Anderthalb Stunden später machte der Emir dem Prinzen seinen Gegenbesuch, bewegte sich hierbei freier, und die bis dahin gezeigte Schüchternheit war gewichen; er sprach von seinen Studien und namentlich auch davon, wie schwer es ihm werde, den Unterhalt für seine ihm in die Verbannung gefolgten Freunde (5000) aufzubringen. Der Abschied war der denkbar herzlichste. Der Prinz küßte

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