Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
auf, um von Palmyra, Salomo, seiner Tochter Belkis und der tapferen Königin Zenobia zu träumen.
14. März . In Palmyra. Die Lage hart an der östlichsten Grenze der syrischen Wüste, an der Straße von Damaskus nach den Euphratländern, dazu die hier vorhandenen Wasser und Brunnen machten Palmyra früh zu einer Karawanen- und Handelsstadt. Der rasch anwachsende Reichtum der Kaufherren ließ ebenso rasch Denkmäler und großartige Anlagen entstehen, die freilich den Charakter schneller Gründungen trugen. Palmyra ist eine Gründerstadt im besten Sinne des Worts. Ihre Bauherrn, schnell emporgekommene Kaufleute mit allen guten und schlechten Eigenschaften derselben (den Hochmut nicht ausgeschlossen), ruhten von ihren Werken in stolzen Familiengräbern aus, die sich in etagenhohen Türmen oder in den Felsenkammern zu beiden Seiten der westlichen Gebirgseinfassungen befinden. – Wieder eine Sturmnacht.
15. März . Wie schon am Tage zuvor wird alles besucht, gezeichnet, photographiert; namentlich werden Inschriften abgeschrieben. In der Nacht wieder Sturm.
16. März . Dieser Tag (16. März) bezeichnet das Datum der nun wieder eingeleiteten Heimkehr des Prinzen nach Berlin. Gegen Mittag Begegnung mit dem Beduinenscheich Satam, der sich dem Prinzen schon in Palmyra vorgestellt hatte. Der Prinz ist Satams Gast. Dann scheidet man. Nachtquartier in der Nähe der »Steinbocksquelle« schrecklichen Angedenkens.
17. März . Bis zum Dorfe Qariatên, wo der Prinz schon am 11. gelagert hatte. Von hier aus wird jetzt abgezweigt, um den weiteren Rückweg über den Anti libanon zu machen.
18. März . Bis zum Dorfe Bridj am Fuße des Antilibanon.
19. März . Über den Antilibanon, bis (hinabsteigend) zum Dorfe Ras-Baalbek.
20. März . Geburtstag des Prinzen. Gratulation um sieben Uhr früh. Die Reisegesellschaft überreichte dem Prinzen eine kleine Zahl auserlesener Münzen (»Antikas«), die man schon in Damaskus als ein passendes Geschenk erstanden hatte und die nun dem Geburtstagskinde die größte Freude machten. Dann Aufbruch vom Dorfe Ras-Baalbek, um, nach zehnstündigem Ritt, die Tempelruinen von Baalbek (Heliopolis) zu erreichen. Nachtquartier im »Hôtel Palmyra«, wo man’s nach acht im Zeltlager zugebrachten Sturmnächten himmlisch fand. Herrliche Mahlzeit. Die Geburtstagsfeier des Prinzen, am Morgen in Ras -Baalbek begonnen, wird am Abend in Baalbek fortgesetzt. Vorher, in den Spätnachmittagstunden, hatte man noch Zeit gefunden, die wichtigsten Ruinen zu besuchen, namentlich den größeren und kleineren Sonnentempel.
21. März . Aufbruch von Baalbek nach Poststation Schtora, und zwar unter Benutzung der türkischen Post. In Schtora – nach Entlassung der aus Damaskus mitgenommenen türkischen Begleitung – Mittagsmahl und Postwechsel. Dann mit der französischen Post über die Libanonstraße nach Beirut ( nicht nach Damaskus) zurück. Ankunft noch zu guter Stunde. Hôtel d’Orient. Begrüßung. Briefe, Nachrichten aus der Heimat. Wieder eine Sturmnacht. Aber man ist unter Dach und Fach. Auf der Reede liegt die »Nymphe«; schon von den Bergen aus (zur Mittagsstunde) hatte der Prinz das Schiff in aller Deutlichkeit erkannt.
22. März . Kaisers Geburtstag. Parade an Bord der Glattdeckskorvette »Nymphe« (Kapitän Dietert), die bestimmt ist, den Prinzen über Rhodus, Athen und Neapel nach Livorno zu führen. »Nach der Parade nahm der Prinz Abschied von allen, die ihn bis an Bord der ›Nymphe‹ begleitet hatten: von Oberst Achmed Bey und Major Ismael Bey, den beiden Adjutanten des Sultans (beiden liefen die Tränen über die Wangen), vom deutschen Konsul und den sonst noch anwesenden deutschen und türkischen Beamten. Vom Ufer aus winkten die Diakonissinnen mit ihren jungen Pflegebefohlenen dem scheidenden Prinzen, und 3¼ Uhr stach die ›Nymphe‹ in See.«
VIII. Von Beirut nach Livorno
23. März . (Karfreitag.) Stürmische Fahrt. Trotzdem Gottesdienst auf Deck. »Er wurde durch das Gesangbuchlied ›O Haupt voll Blut und Wunden‹ eingeleitet, übte im Angesicht der entfesselten Elemente eine erschütternde Wirkung auf mich aus, und ich schäme mich auch heute nicht der Tränen, die mir in den Augen standen.«
24. März . Stürmische Fahrt. Von der Reisegesellschaft nur der Prinz und Hauptmann von Kalckstein bei Tisch.
25. März . (Ostersonntag.) Stürmische Fahrt. Kapitänlieutenant Hildebrandt, Erster Offizier auf der »Nymphe«, erzählt dem Prinzen von seiner Nordpolexpedition von 1868 bis
Weitere Kostenlose Bücher