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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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betragen. Einzelne sind noch immer der Meinung, daß Rußland sich fügen und der Frieden erhalten werden wird. Allem Anscheine nach geht der König nicht nach Schlesien; er soll ruhig und guter Laune sein. Unsere Garden rücken erst wieder in Berlin ein, wenn das Oudinotsche Corps vorwärts geht. Es mag nun kommen, wie’s will, unter allen Umständen sind wir hart mitgenommen; denn bleibt Friede, so muß doch alles, was hier durchgezogen, auch wieder zurück, und da haben wir abermals eine kräftige Abfutterung zu erwarten. Man versinkt in Ahnungen und Sorgen und verliert den Glauben, daß Wahrheit und Ehrlichkeit je wieder den Platz einnehmen werden, den jeder gewissenhafte Mensch ihnen gerne zugesteht. Ob der französische Kaiser nach Berlin kommt, ist noch ungewiß, obgleich Zimmer für ihn und Berthier auf dem Schlosse bereit sind. Deserteurs und Exzedenten sind mehrere totgeschossen worden, und im ganzen herrscht Ordnung, wenngleich die Herren Generals und Colonels im Widerspruch zu den publizierten Reglements gern bei ihren Wirten vorliebnehmen.
     
    L., 28. April 12
    Den General Grouchy, der bei Dir im Quartier gelegen hat. kenne ich bloß dem Namen nach. Er zog 1806 mit seiner Abteilung hier durch, und seitdem hab ich nichts von ihm gehört. Daß Du einen großen Unterschied zwischen seinem Benehmen und dem seines Vorgängers gefunden hast, wundert mich nicht, letzterer ist mir als ein Wüstling und Plünderer bekannt. Von Herzen beklag ich die Landleute, wo die Italiener hinkommen; sie taugen alle nicht; selbst die bei den französischen Regimentern angestellten, die 1806 mit ebendiesen Regimentern hier durchkamen, zeichneten sich durch ihre Exzesse aus. Ich bin fest überzeugt, daß, wenn die Armee nicht bald vorwärts geht, auch hier Not und Mangel entstehen werden. Tramnitz sagte mir gestern, daß Zehdenick nun schon 57 000 Mann in Quartier gehabt hätte; rechnest Du nun hinzu, was auf dem Lande gelegen hat und über Gransee, Bernau, Frankfurt an der Oder gegangen ist, so reichen keine 200 000 Mann, die durch unsre Sandgegend gezogen sind. Das Davoustsche Corps ist großenteils schon in Polen, das Oudinotsche aber ist noch ganz hier und kantoniert teils in Berlin, teils, von Prenzlau an, in der Uckermark und in Pommern. Das Neysche Corps stand noch in der Neumark; Frankfurt a. O. war so belegt, daß zwanzig Mann bei jedem Bürger lagen. Das Gemisch der Truppen ist das sonderbarste von der Welt. Die letzten, die hier durchzogen, waren Schweizer und Illyrier; vorher Kroaten. Die Fuhren zur Fortschaffung ruinieren uns, um so mehr, als sie gerade in die Saatzeit treffen. Wie man mit uns umspringt, ist daraus schon klar, daß wir Spandau den Franzosen haben einräumen müssen. Wir werden, wenn der Krieg beginnt, das Depot für alles sein, was nachfolgt, und einfach aufgezehrt werden. Um uns kein fremdes Geld zu hinterlassen, wird den Truppen kein Sold ausgezahlt; sie sind so arm, daß sie kein Pfund Tabak bezahlen können. An Krankheiten fehlt es auch nicht; in den zu Lazaretts aptierten Berliner Kasernen liegen schon 1000 Menschen. Dies ist aber nichts gegen Danzig, wo das vollständige Lazarettfieber die Menschen wie Fliegen hinrafft. Von einem der dort liegenden Regimenter ist schon ein Transport zurückgegangen, um 800 Rekruten zu holen, woraus ersichtlich, daß schon ebenso viele daselbst gestorben sind. Großer Gott, wie geht man mit deinen vernünftigen Geschöpfen um! Und was leiden nun nicht erst die Unvernünftigen, die geradezu in den Tod getrieben werden. Man darf über all das nicht tief nachdenken, sonst gerät man in Zweifel, die nicht aufzulösen sind.
    L., 28. April 12
    Aus Glogau hör ich, daß General Grouchy sein Quartier daselbst genommen hat und sich höflich, still und mit allem zufrieden zeigt. Er will sein Hauptquartier nach Fraustadt verlegen und seine Wohnung bei D.s lediglich als Absteigequartier behalten, womit sie sehr zufrieden sind. Die Division Italiener liegt nun in und um Glogau; die Kerls sollen stehlen wie die Raben. Der Duc d’Abrantes, der sie kommandiert, traut ihnen so wenig, daß er zwar zwei Italiener zur Schildwacht vor dem Hause, im Innern aber zwei Sachsen zur Wache hat. Ebenso machen es auch die andern Generale. Des Kaisers Garde kömmt nun auch noch nach Glogau.
     
    L., 5. Mai 1812
    Über das Einrücken der heute bei Dir erwarteten, sehr prätentiösen Gäste (die Kaisergarde) bin ich für Dich besorgt, denn ich glaube nicht daß man auf die

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