Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
lancieren. Er tat es auch mit der ihm eignen Begeisterungsfähigkeit. Ich sah kopfschüttelnd dem allem zu, und als es mir zu arg wurde, raffte ich mich zu dem Satze zusammen, »daß ich dies alles für einen großen Unsinn hielte«. Aber da kam ich schön an, alles drang heftig auf mich ein, am meisten natürlich Heymann, der werdende Massenmillionär, der dann auch auf dem Punkte stand, alle Beziehungen zu mir abzubrechen. Indessen er besann sich wieder, alles klang wieder ein, und als der schon erwähnte zweite »junge Heymann« – seine Geburt war gerade in die »allergrößte Zeit« gefallen – getauft werden sollte, wurden meine Frau und ich, desgleichen Faucher und Frau und, wenn ich nicht irre, auch Mr. Blythe zur Taufe geladen. Diese fand in Savoy-Street – dicht am Strand-, wo sich die deutsche Kapelle befand, statt, und nach dort vollzogenem feierlichen Akt fuhren wir nach einem reizenden Square in Camden-Town, wo Heymann seine Wohnung hatte. Das Mahl war glänzend, und es erschienen Delikatessen, wie sie mir nie wieder vor Augen gekommen sind; ich ließ es mir gut schmecken und war in glänzendster Stimmung. Die ganze Gesellschaft nicht minder. Nach Tisch aber – es dämmerte schon –, als wir uns eben in einen vorgebauten Erker, von dem aus man über den ganzen Square sah, zurückgezogen hatten, zeigte Faucher auf ein paar Gestalten, die mit ernsten Gesichtern vor dem Hause auf und ab schritten. »Das sind Beadles«, sagte er leise zu mir. Denn er hatte, wie fast auf jedem Gebiet, so auch auf diesem , eine feine Sachkenntnis. »Beadle?« fragte ich, stutzig geworden, »ein Beadle ist doch soviel wie ein Exekutor.« »Allerdings«, antwortete Faucher und lachte. »Ja, gilt das uns ?«… »Nein, uns nicht, wenigstens nicht Ihnen und mir. Aber unsrem Freunde Heymann. Der arme Kerl ist eingeschlossen; er hat heute nur den einen Trost: ›My home is my castle‹, heraus aber darf er nicht.« Es dauerte denn auch nicht lange mehr, so war alles, was um uns her vorging, in der kleinen Taufgesellschaft ruchbar geworden, und meine Frau kam in ein leises Zittern. Bleiben wollte sie nicht länger, und gehen – ja, dessen getraute sie sich erst recht nicht; sie konnte ja aus Versehen mit verhaftet werden. Schließlich indessen, was half es! Und so durchbrachen wir denn, halb in Schreck und halb in Heiterkeit, den um unsren Freund Heymann gezogenen Kordon.
    Dieser Vorgang und fast nicht minder der trotz seiner Verrücktheit eifrig weitergesponnene Plan der »Desinfizierung der Themse« machte es, daß ich mich von der Babel-Gesellschaft etwas zurückzog und eine Zeitlang keines ihrer Mitglieder mehr sah. Auch die befreundeteren nicht. Das wurde denn auch Grund, daß ich einer Festlichkeit nicht beiwohnte, die Freund Faucher gerade damals gab und die seinen ohnehin vorhandenen Ruf als »decidedly clever fellow« in der ganzen deutschen Kolonie noch erheblich steigerte. Diese damals viel besprochene Festlichkeit, die halb – und noch über halb hinaus – ein politischer Akt war, entsprang der mehr und mehr bei Faucher heranreifenden Vorstellung, daß seine Redakteurschaft – er war Redakteur am Morning Star – etwas zu Kleines für ihn sei und daß irgend etwas geschehn müsse, seine gesellschaftliche Position zu verbessern. Nach einigem Nachsinnen darüber, was sich da wohl tun lasse, kam er zu dem Resultat, daß nur der Bischof von Oxford , ein Sohn oder Enkel des berühmten Wilberforce, ihm diesen Dienst gesellschaftlicher Erhebung leisten könne, weshalb all sein Trachten danach ging, ebendiesen Bischof – der in einer Weise, wie wir uns das hierlandes kaum vorstellen können, als ein gesellschaftliches Non plus ultra galt – in sein Haus einzuladen, um ihn hier an einer zu gebenden Soiree teilnehmen zu sehn. Um diese Sache drehte sich nun mehrere Wochen lang Fauchers Hoffen und Bangen. Allem vorauf stand ihm fest, daß eine Soiree, wie die von ihm geplante, in dem mehr als bescheidenen Hause, das er zu jener Zeit bewohnte, nicht gegeben werden könne, weshalb sich als erstes Erfordernis das Mieten einer neuen, in einem möglichst fashionablen Stadtteil gelegenen Wohnung herausstellte. Das Gewünschte fand sich denn auch. Er mietete auf vier Wochen eine glänzend eingerichtete Flucht von Zimmern in Westbourne-Terrace und schritt nun zur Einladung des Bischofs. Und richtig, der Bischof sagte zu. Galonierte Diener wurden engagiert, eine deutsche Sängerin fand sich wie immer, und ein »Confectioner« –

Weitere Kostenlose Bücher