Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
mich?«
    »Ja, Junkerchen. Ich habe den großen Saal heizen müssen. Das ist der mit dem Balkon, wo Markgraf Hans über dem Kamin hängt, lebensgroß mit gelbledernen Stiefeln und Sporen so lang wie meine Hand. Der wird sich wundern.«
    »Ich glaub’s.«
    »Und wenn der junge Herr noch einen Brief schreiben wollen oder eine Bestellung an den Papa…«
    »Steht es so, Kastellan?«
    »Ich sage nicht, daß es so steht; aber es kann so stehen. Ein Kriegsgericht ist ein Kriegsgericht, und es hängt allewege an einem seidenen Faden. Ach, Junkerchen, unser Bestes ist schon immer: gesattelt sein.«
    »Das ist es«, sagte Lewin mechanisch, während sich seine Seele, der ihre Furcht noch einmal wiederkehrte, mit doppelter Gewalt an das Leben klammerte. Aber der Alte sah es nicht; er nahm den Deckelkorb, den der Chasseur zurückgelassen hatte, bot eine »Gute Nacht!« und ließ seinen Gefangenen allein.
    »Sie sitzen also jetzt oben«, sagte dieser, »und Markgraf Hans mag dreinschauen, wie er will, er wird mich vor ihrem Todeswort nicht retten. Es ist mir, als sprächen sie es jetzt. Und ich fühle den Stich hier im Herzen. Aber ich will leben; Gott, erbarme dich meiner und sei mit deiner Gnade über mir. Laß ihr Wort zuschanden werden.« Und er faltete die Hände wieder und preßte seine heiße Stirn an die Scheiben.
    Die Sterne zogen herauf, und er suchte die Bilder zusammen, soviel er deren kannte. Aber im Gewölk verschwanden sie wieder. »Die Stunde rinnt auch durch den längsten Tag.« Und nun endlich schlug es elf.
    »Noch eine Stunde«, murmelte er vor sich hin, »und diese Qual hat ein Ende! So oder so.«
    Dreiun
     

dzwanzigstes Kapitel
     
    Die Befreiung
     
    Um dieselbe Zeit, wo Lewin diese Worte sprach, hielten zwei Schlitten vor dem Hohen-Vietzer Herrenhause. Der vorderste war eine bloße Schleife und sah dem Planschlitten ähnlich, in dem Lewin am Weihnachtsheiligabend seine Fahrt von Berlin nach Hohen-Vietz gemacht hatte, nur daß die Korbwände niedriger waren und der hohe Planbogen völlig fehlte. Statt dieses Planbogens war ein Stück schwarze, nach beiden Seiten hin tief herabhängende Wachsleinwand über den Wagenkorb gelegt und mittels eingeschnittener Löcher an den vier Speichen befestigt worden. In der Gabeldeichsel ging ein kleines, struppiges Bauernpferd, und Pachaly, die Leinen in der Hand, saß auf dem Vorderbrett. Das zweite Gefährt war ein gewöhnlicher, aber sehr großer Fahrschlitten, den man sich, um ebendieser Größe willen, von Schulze Kniehase geborgt hatte. In diesem Schlitten saßen sechs Personen: Berndt und Hirschfeldt im Fond, ihnen gegenüber auf dem Rücksitze Tubal und Kniehase, vorne Krist und der junge Scharwenka. Krist fuhr. Die Ponies waren eingespannt, aber ohne Geläut.
    Was am meisten überraschen durfte, war, daß Bamme fehlte, und doch war ebendieses Fehlen für jeden, der ihn genauer kannte, in voller Übereinstimmung mit seinem Charakter. Die Frankfurter Affäre hatte weder innerlich seinen Mut gebrochen, noch ihn äußerlich kleinlaut gemacht; aber durch und durch von Spielervorstellungen beherrscht, erging er sich seitdem in Versicherungen, daß er keine »glückliche Hand« habe. »Ohne ihn werd’ es besser gehen«, versicherte er einmal über das andere, und nur einen Augenblick lang, als der Schlitten mit der herabhängenden schwarzen Wachsleinwand vorgefahren war, war er in dieser seiner Überzeugung erschüttert worden. Und dabei hatte folgendes Zwiegespräch zwischen ihm und seinem neben ihm stehenden Aide de Camp stattgefunden.
    »Was will nur der schwarze Kasten, Hirschfeldt? Schwarz und schräg und eine Zudecke darüber. Der reine Sarg. Soll mich wundern, wen sie hineinlegen werden.«
    »Vielleicht mich.«
    »Nein, Sie nicht, Hirschfeldt. Sie werden immer mit einem Prellschuß oder einer Kugel ins dicke Fleisch davonkommen… Aber was ist das nur, was dieser Tölpel von Pachaly da heranschleppt und in das Schlittenstroh hineinpackt? Sehen Sie nur: ›sechs Bretter und zwei Brettchen‹. Und jetzt zwei Grabscheite und eine Strickleine. Was die soll, weiß ich allenfalls, aber all das andere! Grabscheite und Bretter, und gerade sechs. Es schmeckt so nach Begräbnis.«
    Hirschfeldt, so kaltblütig er war, war doch schließlich durch diese Betrachtungen in eine wenig erbauliche Stimmung versetzt worden, und nur um etwas zu sagen, warf er hin: »Sie sind abergläubisch, General.«
    »Ja, das bin ich, Hirschfeldt, und ich habe meine Freude daran. Nehmen Sie mir

Weitere Kostenlose Bücher