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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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hinein, und der Hund, dessen Liebestreue seinen Herrn gedeckt hatte, brach zusammen. Lewin stand unbeweglich und wußte nicht, was tun; endlich rissen Berndt und Hirschfeldt ihn mit sich fort. Alles stürzte den Schlitten zu, und nur Hektor, zurückgelassen, lag winselnd am Fuße des Bastions.
    »Nein«, rief Tubal, »das soll nicht sein.« Und wieder umkehrend, bückte er sich und lud das treue Tier, das sich vergeblich fortzuschleppen trachtete, auf seine beiden Arme. Aber lange bevor er den nächsten Schlitten erreicht hatte, folgte der ersten Salve eine zweite, und Tubal, unterm Schulterblatt getroffen, taumelte und fiel.
    »Fort, fort!« und zehn Hände griffen zu, und über den Schnee hin, ihn tragend und ziehend, erreichten sie das Pachalysche Gefährt und legten den Schwerverwundeten auf die Strohbündel nieder, Hektor ihm zu Füßen. So ging es zwischen den schwarzen Kusseln hin in die Nacht hinein. An Verfolgung war nicht zu denken. Hätte sie stattgefunden, so wäre man mit Hilfe der aufgestellten Seitenkommandos stark genug gewesen, ihr zu begegnen.
     
    Als sie bis in Höhe von Gorgast waren, bogen sie rechts aus ihrer Kiefernallee heraus und fuhren langsam die Böschung des Ufers hinauf. Tubal hatte brennenden Durst, und man gab ihm Schnee; so ging es weiter bis an die Manschnower Mühle. Hier wurde der Weg immer holpriger, und Pachaly mußte des Verwundeten halber im Schritt fahren. Der andere Schlitten trabte vorauf.
    Berndt hatte die Leinen genommen. Als er zwischen den Pfeilern der Auffahrt hindurch wollte, scheuten die Ponies, und er sah jetzt, daß Hoppenmarieken auf dem linken Prellstein saß. Sie lehnte sich wie gewöhnlich an ihre Kiepe und hielt den Hakenstock in ihrer Hand. Aber sie salutierte nicht – und rührte sich nicht.
    Vierun
     

dzwanzigstes Kapitel
     
    Salve caput
     
    Es war zwölf Stunden später; die helle Mittagssonne stand über Hohen-Vietz, und es taute von allen Dächern. Auch das Eis, das stumpf geworden an den Rädern von Miekleys Mühle hing, blitzte wieder durchsichtig und kristallen, und die Tauben saßen auf Kniehases langem Scheunenfirst. Alles war licht und heiter, und ein erstes Frühlingswehen ging durch die Natur.
    Und in hellem Sonnenscheine lag auch das Herrenhaus. Wer aber von der Auffahrt her einen Blick auf den Vorplatz und die lange Reihe der Fenster geworfen hätte, der hätte doch wahrnehmen müssen, daß es ein Trauerhaus sei oder, schlimmer als das, in jedem Augenblicke ein solches zu werden drohe. Über den Damm hin war eine dichte Strohlage gebreitet, und hinter den Scheiben wurde niemand sichtbar. Auch nicht hinter der Glastüre der Halle. Alles wie ausgestorben. Nur die Sperlinge waren guter Dinge; sie saßen in Scharen auf dem ausgestreuten Stroh und pickten die verlorenen Körner. Ihr Zwitschern war der einzige Ton, der in der tiefen Stille laut wurde.
    Zwölf Stunden lagen zurück, und nur eine Minute vollen Glücks und höchster Freude hatten sie gebracht: die Minute, wo nach der ersten Begrüßung mit der Schwester das in Jubel und Tränen ausbrechende Wiedersehen zwischen Lewin und Marie auch zugleich ihr Verlöbnis bedeutet hatte. Und ein Verlöbnis, wie Menschenaugen kein schöneres gesehen. Denn es war nur gekommen, was kommen sollte; das Natürliche, das von Uranfang an Bestimmte hatte sich vollzogen, und Berndt selber, tiefbewegt in seinem Herzen, hatte sich des Glückes der Glücklichen gefreut.
    Aber welch andere Minuten dann, als eine kleine Weile später der zweite Schlitten vorgefahren war und Krist und Pachaly den auf Betten und Kissen gelegten Tubal langsam und leise treppauf getragen hatten. Und auch Hektor hatte mit hinauf gewollt; aber gleich an der ersten Treppenstufe hatte seine Kraft versagt, und er war den schmalen Küchenkorridor entlang bis an seine Binsenmatte zurückgekrochen. Da lag er nun und schob sich näher an die warme Wandstelle hinter dem Herde; denn ihn fror.
     
    Um elf Uhr war Doktor Leist von Lebus gekommen. Er stieg – so geräuschlos es seine Gewohnheit und seine Schneestiefel zuließen – in den oberen Stock hinauf und trat hier in das Krankenzimmer ein, in dem die Vorhänge, der prall auf die Fenster stehenden Morgensonne halber, dicht geschlossen waren. »Wir müssen Licht haben«, sagte er und schob eine der Gardinen beiseite.
    Nun erst sah er Tubal. Dieser hatte heftige Schmerzen, ertrug aber ohne Zucken das Sondieren seiner Wunde, trotzdem eine »leichte Hand« nicht gerade das war, worüber Doktor

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